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Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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verharrte und die schimmernde Wand emporspähte, so wie er und Ngenet es getan hatten. Dann drehte sein Sohn sich um, lehnte sich gegen das Lichtgeländer und starrte nach unten; die Art und Weise, wie er sich vornüberbeugte, versetzte Funke einen Schreck; er hatte den Eindruck, sein Herz bliebe stehen. »Tammis!« brüllte er. Ngenet fing an zu rennen, und auch Funke hetzte los.
    Ngenet war als erster bei Tammis; er zog den Jungen vom Geländer zurück und hielt ihn fest. Funke hörte ihre Stimmen, konnte jedoch aus der Entfernung und durch den Widerhall der Echos nichts verstehen. Ohne auf die Gefahr zu achten, preschte er vorwärts. Im Näherkommen hörte er, wie Ngenet Tammis etwas fragte; Tammis hatte einen verschleierten Blick, wie jemand, der sich in Trance befindet.
    Vor den beiden blieb er stehen. »Tammis«, sprach er seinen Sohn mit scharfer Stimme an. »Steig in die Kapsel. Ich will nicht, daß du dich hier draußen aufhältst.«
    Tammis sah ihn an. »Ich mußte aussteigen ... ich konnte nicht anders ...«
    »Du mußt gar nichts, es kommt nur darauf an, daß du dich in Sicherheit befindest«, sagte Ngenet überraschend sanft, hielt den Jungen jedoch immer noch fest. »Es ist schon gut, du bist nur ein bißchen durcheinander. Die Umgebung hier kann einem wirklich zusetzen.«
    »Aber es ist wunderschön hier«, murmelte Tammis; er hatte etwas von einem Schlafwandler an sich. Er sah seine Gefährten nicht an, sondern wollte wieder dem Geländer zustreben. »Das Licht es wird immer heller. Und dann die Musik ... hört ihr sie auch? Ich mußte aussteigen.«
    »Was faselst du da?« schnauzte Funke. »Tammis! Verdammt noch mal, sieh mich an!«
    Doch Tammis wandte sich dem Abgrund zu und starrte in die Tiefe; sein gestraffter Körper schien von lauter Lichtwirbeln umgeben zu sein.
    »Was ist da unten los?« kam Jerusha PalaThions Stimme plötzlich durch Funkes Kopfhörer. »Stimmt was nicht?«
    »Alles in Ordnung«, brummte Ngenet und zerrte den Jungen wieder zurück. »Kein Grund zur Sorge; der Lichteffekt hier unten scheint sich auszuwirken – es ist eine Art Rausch.«
    »Funke ...«
    Funke erstarrte, als er unvermittelt Monds Stimme hörte. »Funke, das gefällt mir nicht. Bring Tammis nach oben, es ist gefährlich da drunten. Bring ihn sofort wieder hoch!«
    »Tammis fehlt nichts. Er hat nur einen Schwindelanfall.« Funke runzelte die Stirn. »Wir sind noch nicht fertig.«
    »Ich kann hier nicht weg«, sagte Tammis. »Ich muß hinunter ...«
    »Komm mit, Tammis«, sagte Ngenet resolut und versuchte, ihn vom Geländer wegzulocken. »Komm, Junge, wir gehen zurück!«
    »Nein, ich will nicht in die Kabine gehen. Ich muß in der Nähe bleiben, ich muß nach unten ...«
    »Tammis!«
schrillte Monds Stimme, so laut, daß Funke sich den Kopfhörer abriß. Er stürzte nach vorn, packte seinen Sohn bei den Schultern und versuchte, ihn zur Kabine zurückzubugsieren.
    Tammis wehrte sich gegen die beiden Männer und riß sich los. Dabei verlor er das Gleichgewicht und torkelte gegen Ngenet. Mit wild rudernden Armen kippte er hintenüber; Ngenet geriet selbst ins Taumeln, und dann schrien alle drei Männer auf. In dem Augenblick, als Funke Tammis zu Boden riß, fiel Ngenet gegen das Geländer und stürzte in die Tiefe.
    »Nein!« –
Funke wollte Ngenet festhalten, doch seine Hände griffen ins Leere. »Ngenet!« Er beugte sich über das Geländer und spähte nach unten; Ngenet war nur noch ein winziger dunkler Fleck, der immer schneller in dem Mahlstrom aus Licht auf das drunten lauernde, schwarze Auge zustürzte. Stimmen dröhnten in seinem Kopf, durch das Funkgerät, und aus dem Mund der mitleiderregenden Gestalt, die auf dem Sims lag und seine Füße umklammerte. Doch Funke überhörte das Gebrüll; wie gebannt starrte er auf den immer kleiner werdenden Punkt im Schacht, bis er sich drunten in der absoluten Finsternis verlor.
     

TIAMAT
Karbunkel
    Tammis!
    T ammis kreiselte in einem endlos langen Tunnel nach oben, in dem sich Licht und Schatten vermischten; wie ein Schwimmer driftete er hoch, und er wußte nur, daß er namenlosen Schrecknissen entfloh, die in der Tiefe lauerten. Hinter ihm ein Geheul, wie das Wehklagen einer verdammten Seele, es war die Stimme des Wahnsinns, die seinen Namen rief. Er spürte, wie der Irrsinn ihm nachsetzte, und wenn er auch nur einmal zurückblickte, den Horror beim Namen nannte, würde er ihn packen und nie wieder loslassen.
    »Tammis!«
    Er wachte auf, und sein Angstschrei

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