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Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 2 - Die Sommerkönigin 1 - Der Wandel der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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zufrieden, stand sie von ihrem Platz zwischen den Kisten auf und fing wieder an zu arbeiten.
    Doch Funke nahm sie beim Arm und führte sie an die Reling zurück. Zu ihrer Überraschung sah sie, daß Borah Clearwater sich immer noch mit ihrer Großmutter unterhielt – doch jetzt saßen beide nebeneinander auf dem Pier und flickten ein Netz. Sie sprachen lebhaft miteinander, aber in einem vernünftigen Tonfall, so daß ihre Worte in dem allgemeinen Lärm des Hafens untergingen. Jerusha hatte in ihrer Nähe Platz genommen und schaute ihnen mit offenkundigem Unbehagen zu; als sie Mond und Funke entdeckte, lächelte sie kopfschüttelnd und hob die Schultern.
    Mond lächelte auch und ging an ihre Arbeit zurück; sie empfand Dankbarkeit, weil dieser Tag so gut verlief. Doch als sie dann aufs Meer hinausblickte und nicht wußte, an wen sie ihr Gebet richten sollte, spürte sie einen schmerzhaften Stich.
    Plötzlich hörte sie einen Schrei, und wie etwas drunten am Pier hinfiel. Sie stürzte an die Reling und sah, wie Jerusha PalaThion auf Händen und Knien dalag; ihr Gewehr war ihr entfallen. Mond kletterte über die Reling und sprang auf den Pier; ihre Großmutter und Borah Clearwater standen erschrocken auf, und mehrere Konstabler kamen herbeigeeilt. Entsetzt sah Mond, wie sich entlang Jerushas Hosenbeinen ein hellroter Blutfleck ausbreitete.
    »Funke!« schrie sie. Sie kniete neben Jerusha nieder und hielt sie fest, als sie versuchte, aufzustehen. Sie spürte die Schmerzen, die Jerushas Körper durchzuckten, als seien es ihre eigenen. Sie erinnerte sich an die Geburtswehen, die bei Jerusha PalaThion viel zu früh eingesetzt hatten. »Holt Miroe! Schnell!«
     
    Jerusha öffnete die Augen und versuchte, sich in der fremden Umgebung zu orientieren. Ihre letzte Erinnerung war, wie sie sich im Hafen, am Pier, befunden hatte. Sie entsann sich an die seltsam friedliche Stimmung, die auf alle Menschen dort überzugreifen schien, während sie beobachtete und wartete. Als sie sich hinsetzte, hatte sie eine Bewegung in ihrem Leib gespürt, das Ungeborene regte sich. In diesem Augenblick hörte die Welt um sie herum auf zu existieren, und sie konzentrierte sich ganz auf das Wunder des werdenden Lebens in ihrem Körper. Einen kurzen Moment lang war Frieden in ihre Seele eingekehrt, sie war glücklich und glaubte, daß doch alles wieder gut würde ...
    Wieder bewegte sich das Baby, und dann noch einmal. Eine innere Unruhe überkam auch sie, das kurzlebige, friedliche Gefühl verflog. Plötzlich spürte sie einen Krampf und ein schmerzhaftes Ziehen im Bauch. Sie stand auf, weil sie versuchen wollte, den Schmerz zu vertreiben wie einen Muskelkrampf, denn diese Beschwerden kannte sie, und sie wußte, was darauf folgte.
    Dann hatte sie das Gefühl, etwas in ihrem Innern würde zerrissen, und Dunkelheit umfing sie. Dieses Mal glaubte sie wirklich, sie würde sterben.
    Doch sie lebte. Sie lag in einem Bett im Krankenhaus, dessen Ausstattung eine wunderliche Mischung aus Altem und Neuem darstellte. Die modernen Apparaturen, die die Hegemonie zurückgelassen hatte, waren äußerlich intakt, aber funktionsunfähig. Sie waren leere Hüllen, so wie sie. Jerusha kannte den beißenden Geruch der medizinischen Kräuter, mit denen man die Patienten jetzt behandelte. Sie spürte ihre Hände, ihre Arme und Schultern, doch sie war zu schwach, um sich zu bewegen. Sie spürte auch ihre Zehen. Aber die Mitte ihres Leibes war vollkommen gefühllos. Und den Grund dafür brauchte ihr keiner erst zu sagen.
    Sie hob den Kopf und ließ ihn ermattet aufs Kissen sinken. Im Zimmer bewegte sich jemand, und dann merkte sie, daß jemand ihre Hand hielt. Sie schaute hin, in der Erwartung ihren Gatten zu sehen, doch statt dessen erblickte sie die Sommerkönigin. Mond Dawntreaders weiße Hand umschloß die ihre, in einem Ausdruck des Kummers, der ihr selbst noch gar nicht bewußt geworden war, dazu war der Verlust noch zu frisch. Jerusha entsann sich an eine Zeit, als die Situation umgekehrt gewesen war, und als sie an Monds Bett gesessen hatte. Damals hielt sie ihre Hand, während die Geburtswehen einsetzten ... »Du solltest nicht hier sein«, flüsterte Jerusha. Ihre Kehle war ausgedorrt, und das Sprechen tat ihr weh. Plötzlich hatte sie das Gefühl, ihr ganzer Körper würde brennen.
Mein Leib ist genauso unfruchtbar und steril wie eine Wüstenei.
    Mond blickte unsicher drein.
    »Du hast – Pflichten.«
    Mond schüttelte den Kopf. »Für mich blieb die Zeit

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