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Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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von Ehrfurcht. Plötzlich begriff er, daß die Musik nur eine Art Träger, ein Katalysator, war; auf die mathematischen Informationen, die sie enthielt, kam es an! Die Formeln waren das kritische Element! Und er kannte diese Gleichungen, die vor ihm über den Bildschirm huschten ... Monatelang hatte er jeden Tag zusammen mit Reede Kullervo über ähnlichen Problemen gebrütet, als sie fieberhaft nach einem Weg suchten, das Stardrive-Plasma unter Kontrolle zu bringen. Die der Musik zugrundeliegende Mathematik war der Schlüssel, wie man Smartmatter manipulierte!
    Doch in dem logischen Fluß klafften gewaltige Lücken; wesentliche Elemente fehlten, waren für immer verlorengegangen, indem man mit den Mers auch ihre Gesänge vernichtete. Behutsam hatte Funke versucht, einige Passagen zu rekonstruieren – es waren die tapferen Bemühungen eines intelligenten, einfallsreichen Mannes, dem jedoch die erforderliche mathematische und computertechnische Ausbildung fehlte, um die Aufgabe zu einem sinnvollen Ende zu führen. Neidlos gestand er sich ein, daß er anfing, Funke Dawntreader zu bewundern.
    Nach einer Weile gab er dem Terminal den Befehl, die Daten in seinen eigenen Computer zu übertragen und systematisch damit zu arbeiten. Es mußten die richtigen Fragen gestellt werden.
    »Du hast etwas entdeckt«, sagte Mond hinter ihm; erst jetzt merkte er, daß sie und Tammis schon geraume Zeit den Computer beobachtet haben mußten. »Was ist es?«
    Er sah sie an, wobei er aus seiner Bewunderung für Funkes Leistung keinen Hehl machte. »Dein Mann hat die Gesänge der Mers entschlüsselt; die Lieder basieren auf der Fugentheorie.« Er zeigte auf das Buch, das auf dem Schreibtisch lag. »In die musikalische Struktur sind mathematische Gleichungen eingeflochten. Musik ist im Grunde nichts anderes als Mathematik ...« erklärte er, in ihre verdutzten Gesichter blickend. »Jeder Ton steht in einem ganz bestimmten, unveränderlichen Verhältnis zu allen anderen Tönen. Komplexe mathematische Beziehungen lassen sich in der Gliederung einer musikalischen Komposition wie einer Fuge wiedergeben, als sei es ein Code. Funke hat die elementare Struktur analysiert – die Ergebnisse sind da. Es geht um die Manipulation von Smartmatter. Ich habe meinen eigenen Computer angewiesen, mit Funkes Aufzeichnungen zu arbeiten und zu versuchen, die fehlenden Segmente zu rekonstruieren; vielleicht sehen wir dann klarer, welches Problem es eigentlich zu lösen gilt ... « Wieder betrachtete er den Bildschirm, während die verzauberten Stimmen der Mers den Raum füllten.
    »Die Antwort kennst du bereits«, murmelte Mond kaum hörbar.
    Er drehte sich zu ihr um und sah, wie ihre staunend aufgerissenen Augen glänzten. »Was ...?«
    »Die Mers ziehen auf die Stadt zu«, sagte sie. »Dafür kann es nur einen Grund geben ...« Sie brach ab, und ihre Blicke verrieten, was ihre Lippen nicht formulieren konnten.
Karbunkel braucht sie.
    Er klappte den Mund auf, als sein Gehirn endlich die
    Verbindung herstellte und ihm die Erleuchtung kam. »Der Zustand der Smartmatter erfordert eine Wartung ...«, flüsterte er. »Jawohl, bei allen Göttern!«
Die Smartmatter braucht die Mers.
Er taumelte von seinem Platz hoch und nahm sie in die Arme. »Es paßt alles zusammen!«
    »Wovon sprecht ihr eigentlich?« fragte Tammis. BZ und Mond sahen ihn an. »Wir können es dir nicht erklären, Tammis«, sagte Mond und senkte den Blick. »Noch nicht.«
    »Aber ihr glaubt, daß es Ariele helfen wird?« vergewisserte er sich.
    Sie schaute wieder BZ an; ihre eigenen Zweifel und ihr Kummer spiegelten sich auf seinem Gesicht wider. »Ich weiß es nicht«, gestand er ein. »Wir hoffen jedoch, daß es sein könnte.«
    Mond kämpfte gegen ihre Verzweiflung an und ließ BZ los. »Es ist spät«, sagte sie zu Tammis. »Geh heim zu Merovy, richte ihr meine Glückwünsche aus, und sage ihr, daß ich sie liebhabe.« Sie deutete ein Lächeln an, das gleich wieder erlosch. »Aber erzähl ihr nicht, was wir heute hier getan haben, und warum es notwendig war. Bitte, Tammis.«
    Er nickte mit angespannter Miene; dann umarmte er sie zum Abschied.
    »Vielen Dank für deine Hilfe«, sagte BZ, als der Junge ihn ansah.
    Tammis nickte. »Und ich danke Ihnen nochmals, daß Sie mir geholfen haben«, äußerte er mit heiserer Stimme. Er drehte sich um und ging zur Tür.
    Mit einem halb staunenden, halb verlorenen Ausdruck sah Mond ihm hinterher. »Die Herrin möge die beiden segnen«, sagte sie abwesend.

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