Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt
sie sich vor; das Baby quiekte und ließ den Ball fallen. Sie hob ihn auf, und der Kleine schlug ihn ihr aus der Hand. Den Blick immer noch auf ihren Mann geheftet, reichte sie dem Kind einen Flackerstab. »Aber ... Vhanu war für Euch doch so etwas wie ein ... wie ein Bruder ...« Sie brach ab und biß sich auf die Lippe.
»Ja«, flüsterte BZ. »Wie ein Bruder.« Er schüttelte den Kopf. »Von dem Tag an, als wir auf Tiamat eintrafen –eigentlich schon viel früher, ich wollte es nur nicht wahrhaben – gingen unsere Meinungen über die Vorgehensweise der Hegemonie auseinander. Ich hätte es kommen sehen müssen ... aber ich war blind. Die Ironie daran ist, daß die Probleme, mit denen ich selbst gerechnet hatte, dann gar nicht eintrafen; am Ende gab es gar keine Probleme. Statt dessen entzweiten wir uns über das Wasser des Lebens ... Bei den Göttern!« Ermattet lehnte er sich zurück. »Das hätte nicht eintreten dürfen. So etwas war nicht vorgesehen.«
»Und was ist mit der Königin?« fragte Pandhara nach kurzem Zögern. »War sie auch in die Vorgänge verwickelt?«
Als er sie ansah, erkannte er Verständnis und Bedauern in ihrem Blick. »Ja. Unsere ... Beziehung löste die Krise aus.«
Er schaute weg, als er sich an seine demütigende Festnahme erinnerte, wie man ihn mitten in der Nacht aus Monds Bett gezerrt und fortgeschleppt hatte. Dann zwang er sich dazu, nicht länger an diesen Vorfall zu denken.
»Dhara, ich ... ich habe auf Tiamat noch zwei Kinder. Als ich das erste Mal von dort fortging, war Mond von mir schwanger; ich hatte keine Ahnung. Und bei meiner Rückkehr waren die Kinder schon erwachsen.« Er betrachtete das Kind auf Pandharas Schoß, das er nicht erreichen konnte, und ein schmerzhaftes Gefühl der Leere breitete sich in ihm aus. Ganz still saß er da, denn er fürchtete sich, bei der leisesten Regung die Beherrschung zu verlieren; und das durfte er weder Pandhara noch sich selbst antun. Er
durfte es nicht ...
Sie schwieg ebenfalls und sah zu, wie er sein Kind anstarrte. »Es tut mir ja so leid«, murmelte sie schließlich.
»Nicht doch«, flüsterte er und schüttelte den Kopf. Er bemühte sich, mit ruhiger Stimme zu sprechen. »Das Schlimmste daran ist, daß ich genauso hätte handeln müssen, selbst wenn ich sie nicht mehr geliebt hätte. Ich wurde wirklich auf Tiamat gebraucht, deshalb mußte ich dorthin zurück, und ich mußte tun, was ich getan habe. Ich war nicht verrückt, und ich habe mich auch nicht geirrt. Tiamat ist für die Hegemonie bedeutungsvoller als jeder weiß, und die Mers sind lebenswichtig ... Trotzdem kam es zu dieser Verhaftung.«
Seine Liebe zu Mond hatte ihn nach Tiamat getrieben; nur der gemeinsam erlebte Augenblick der Leidenschaft hatte ihm das wirkliche Ziel seiner Aufgabe dort enthüllt. Dennoch fand er, daß der einzige Fehler, den er begangen hatte, seine Hingabe war; er hätte verzichten sollen und die körperliche Liebe mit Mond nie vollziehen dürfen.
Indem er seine Position und die Empfindsamkeit seines Volkes mißachtete, besiegelte er seinen Sturz; und nun mußte Mond allein mit Problemen fertigwerden, für die keine Lösungen in Sicht waren. »Verdammt noch mal, ich bin für den Prozeß gerüstet! Vielleicht hat es mich nur deshalb wieder nach Kharemough verschlagen, damit ich den Leuten hier die Augen für die wahre Situation öffne und sie aufkläre!«
»BZ«, rief Pandhara gequält, »es gibt keinen Prozeß!« » Was ?«
»Man verweigert Euch eine Gerichtsverhandlung; sie
wollen nicht, daß Ihr Euch Gehör verschafft.«
»Sie müssen mich zu Wort kommen lassen, Dhara. Man hat mir versichert ...«
»Belogen hat man Euch!« fiel sie ihm ins Wort. »KR
sagte mir, das Urteil würde im Sekretariat ohne Verhandlung gefällt.«
»Das geht nicht ...«
»Jeder hat Euch belogen, selbst Pernatte, selbst Eure Anwälte.« Sie blickte über ihre Schultern, als die Türen zu beiden Seiten des Zimmers aufsprangen, und uniformierte Wachen hereinstapften. »Sie haben uns belauscht!« empörte sie sich. »Sie haben in jedem Punkt gelogen!«
Er schnellte hoch. »Geht zu Aspundh! Sagt ihm, niemand kenne die volle Wahrheit – außer Mond. Er muß sich mit ihr in Verbindung setzen ...« Die Wachen erreichten ihn zuerst und zerrten ihn von der Schranke weg.
»BZ!« schrie sie, doch auf einmal konnte sie ihre eigene Stimme nicht mehr hören. Die Kerle packten sie bei den Armen. Sie riß sich los, als sie versuchten, sie zur Tür zu drängen. Das Baby
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