Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt
mit«, forderte sie ihn auf. Sein Gesicht hatte jede Farbe verloren, und die Augen stierten ins Leere. »Wir gehen.«
Widerstandslos ließ er sich abführen.
KHAREMOUGH
Orbital Hub # 1
I hr Besuch wartet, Gundhalinu-ken.«
»Danke.« Gundhalinu ging an dem Wächter vorbei ins Besuchszimmer. Hier redete man ihn mit ›Gundhalinu-ken‹ an, weil es der einzige Titel war, den man ihm nach seiner Verhaftung nicht aberkannt hatte. Über dem offenen Kragen seiner Gefängniskluft war die Sibyllentätowierung deutlich zu sehen, das Kleeblattmedaillon hatte man ihm jedoch weggenommen. Es
konnte als Waffe benutzt werden.
Der Raum war klein und grell ausgeleuchtet; die Wände waren mattgrün gestrichen, und in der Mitte stand ein Tisch. Er ging über Teppichboden, und vereinzelt hingen an den Wänden Bilder. Mitten durch das Zimmer, mitten durch den Tisch, verlief eine unsichtbare Energieschranke, die ihn von der Frau trennte, die auf' der anderen Seite wartete.
»Dhara ...«, sagte er. Mit voller Wucht traf ihn die Erinnerung an all das, was in den letzten Wochen passiert war, und er fühlte sich benommen. Er blieb stehen, starrte seine Frau an, und das Kind, das sie auf dem Arm trug. Jählings begriff er, daß er seit seiner Verhaftung unter Schock stand, unfähig, rational über seine Situation oder sich selbst nachzudenken.
»BZ ...?« murmelte sie; in ihren Augen erkannte er die alte Unsicherheit, die stets unter ihrem ruhigen Auftreten lauerte, wenn sie in seine Nähe kam. Da sie zauderte, ging er weiter und setzte sich an den Tisch, sie ermutigend, das gleiche zu tun.
Sie nahm ihm gegenüber Platz; sie war konservativ gekleidet in einer langen Hose und einer Tunika; das Haar trug sie mit Spangen zu anmutigen Flügeln hochgesteckt, wie er es am liebsten sah. Das Baby setzte sie mit einem Beutel voller Spielsachen auf den Tisch; begierig griff der Kleine nach der Tasche und kippte den Inhalt aus. »Mein!« krähte er.
Fasziniert beobachtete Gundhalinu, wie das Kind in den Sachen kramte, als hätte es gerade einen kostbaren Schatz entdeckt. Der Junge probierte ein Spielzeug nach dem anderen aus, klopfte damit auf den Tisch, selbstvergessen und ohne auf die beiden Menschen zu achten, die ihm beim Spielen zusahen.
»Wie gefällt Euch Euer Sohn?« fragte Pandhara nach einer Weile. Sie streichelte das Haar des Kindes; der Junge blickte hoch und wollte ihr eine glänzende, mit Sternen gefüllte Rassel geben. »BT Gundhalinu ... Aber das klingt so steif, ich nenne ihn Little Bit«, erklärte sie. Als der Kleine seinen Namen hörte, hob er wieder den Kopf. »Big Little Bit ...«, sagte sie und berührte mit der Fingerspitze seine Nase. Der Bub strahlte und reckte die kleinen Stummelfingerchen in die Luft. »So groß«, sagte er.
»Er ist bildhübsch«, murmelte BZ. »Noch niedlicher als auf den Holos, die Ihr mir geschickt habt. Bei den Göttern, wie er sich verändert hat ...«
»Das tun Babies«, sagte sie leise und ein bißchen traurig.
»Unsere Schicksale auch«, murmelte er unwillkürlich. Sie sah ihn kurz an.
»Und wir wissen genau, daß es passiert.«
Sie nickte und schaute in sein Gesicht. »Er hat Eure Augen.«
BZ atmete tief durch und mußte an den anderen Jungen denken, auf der anderen Seite der Galaxis, der auch seine Augen geerbt hatte. »Ja«, räumte er ein. »Das stimmt.«
Sie drehte das Kind um, damit es Gundhalinu anblicken konnte. »Schau nur«, flüsterte sie. »Das ist dein Vater.« BZ beugte sich vor und streckte die Hände aus, bis er gegen die Schranke stieß. Das Baby legte den Kopf schräg und schien ihn zum erstenmal zu bemerken. Einen Moment lang klammerte sich der Kleine an den Arm seiner Mutter und spähte vorsichtig über die Schulter. Dann lächelte er, und ein Ausdruck den Entzückens erschien auf seinem Gesicht. Er reckte seine Ärmchen, bis auch er die unsichtbare Wand anfaßte. Mit den Händen und dem Kopf schlug er gegen die prickelnde Fläche, weil er seinen Vater berühren wollte. Während BZ seine Hände gegen die leicht nachgebende Barriere preßte, erfüllten eine Freude und eine Sehnsucht seine Brust, bis er kaum noch Luft bekam.
»Weg von der Schranke!«
BZ zuckte zurück, als ihn ein leichter Stromstoß traf. Das Baby kippte brüllend hintenüber; Pandhara nahm ihn auf den Arm und tröstete ihn.
»Das war wirklich nicht nötig!« Wütend sprang BZ auf und schrie die Wände an. Dann setzte er sich wieder hin, und nur das Echo seiner eigenen Stimme gab ihm
Weitere Kostenlose Bücher