Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt
irreversiblen Prozeß der Sucht in Gang setzte, die sie nicht nur von der Droge, sondern auch von ihm abhängig machte. Alles war seine Schuld, doch anstatt ihn zu verachten oder zu hassen, sagte sie ihm, daß sie ihn liebte.
Sobald er wieder dazu imstande war, versuchte er alles, um ihr Halt, Mut und Vertrauen zu geben. Er entwickelte Kräfte, die bislang unerkannt in ihm geschlummert hatten, und die er um Ariele willen aktivierte. Doch er wußte nicht, wie lange er es noch schaffen würde, ihren und seinen Zusammenbruch hinauszuzögern.
Selbst wenn es ihm gelänge, sie beide bei geistiger Gesundheit zu halten, so wußten die Götter allein, was aus ihnen werden sollte. Wenn er der Quelle keine Resultate bescherte, konnte Jaakola Ariele die Droge entziehen. Dann mußte er mitansehen, wie Ariele litt, ohne daß ihm selbst etwas passierte.
Doch auch wenn er Erfolg hätte und die gewünschte Droge produzierte, konnte Jaakola Ariele Schmerzen zufügen, und wenn nur, um ihm seine eigene Hilflosigkeit vor Augen zu führen. Jetzt, wo er auch noch um Ariele bangen mußte, öffnete sich für die Quelle ein ganz neues Potential an blutiger Grausamkeit. Reede war fest davon überzeugt, daß die Sommerkönigin und Gundhalinu ihre Tochter nie wieder lebend sehen würden ... und wenn doch, dann nur, um Zeuge ihres qualvollen, langsamen Todes zu werden. Und er konnte nichts dagegen tun; gar nichts.
Er ließ sie los und kramte in seinen Taschen herum. Seine tauben Finger fühlten kaum, wonach sie suchten, selbst als er es ertastet hatte. Er zog es heraus: seinen Ring, das Gegenstück zu dem, den er Mundilfoere gegeben hatte. Er nahm ihre Hand und streifte ihr den Ring über den Daumen. Ihre Hände waren groß für eine Frau, mit langen Fingern, doch die Finger waren schlank, und der Ring schmiegte sich locker an ihre bleiche Haut. Sie machte eine Faust. Dann griff sie nach seiner Hand und drückte einen Kuß auf die bandagierte Innenfläche.
Wortlos führte er sie durch das Labor und in sein Apartment –
ihr
Apartment, wenigstens vorläufig. »Bist du hungrig?« fragte er sie. »Möchtest du. frühstücken? Oder vielleicht Musik hören?«
Sie nickte und öffnete den Mund, um zu sprechen; überrascht drehte sie sich um, als die Tür plötzlich aufging. Auch Reede erstarrte; vor Erleichterung wurden ihm die Knie weich, als er Niburu und Ananke eintreten sah. Er fühlte sich plötzlich wie ein Mann, der im Wasser treibt und endlich Land sieht. »Was hat euch aufgehalten? Wieso seid ihr nicht schon früher gekommen?« schnauzte er sie an.
Niburu schüttelte den Kopf und lächelte unsicher. »Du hast vergessen, uns deine neue Adresse zu hinterlassen, Boss.« Er zuckte die Achseln. »Sag bloß, du hast uns vermißt.«
Reede musterte ihn prüfend. »Ob ich euch vermißt habe?« wiederholte er. Das Lachen blieb ihm im der Kehle stecken, und einen Augenblick lang verschlug es ihm sogar die Sprache. »Doch«, knurrte er nach einer Weile. »Ihr habt mir gefehlt. Ich weiß nämlich nicht, wie man die verdammten Geräte in der Küche bedient.«
Niburu grinste breit. »Na fein, Boss«, erwiderte er beinahe selbstgefällig. »TerFauw schickt uns. Er sagte ... sagte, du würdest uns brauchen.« Er stutzte, als er Reedes bandagierte Hände bemerkte; Reede sah den besorgten Ausdruck, der sich in seine Augen stahl. Er wandte den Blick ab und drückte Ariele fest an sich.
»Wir haben noch jemand mitgebracht«, platzte Niburu heraus. Er deutete auf die offene Tür hinter ihnen. Ein dritter Mann trat ein, und Reede riß erstaunt die Augen auf.
»Da!« schrie Ariele auf und stürzte nach vorn.
»Shh.« Reede hielt sie am Arm fest; ein warnender Blick bedeutete Dawntreader, er solle stehenbleiben. »Was will er hier?« Er stellte die Frage, die man von ihm erwartete, während er Niburu und die anderen fixierte.
Niburu zögerte; natürlich begriff er, daß die Wände Augen und Ohren hatten. »Er ... er hat wichtige Informationen für dich. Über die Mers ...«
»Ach nein!« Reede sah Dawntreader an und bemühte sich möglichst neutral zu klingen. Dawntreader hatte, nur Augen für Ariele, die am ganzen Körper bibberte.
Er wußte nicht, wie lange er die beiden mittels schierer Willenskraft am Sprechen hindern konnte. »Laß mich ansehen, was du mir mitgebracht hast. Wir gehen dort hinein.« Mit dem Kopf deutete er auf das Labor; er führte sie hinein und versiegelte dann die Tür mit einem schroffen Kommando.
Endlich wagte er es, Ariele
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