Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt
auf eigene Faust in deinen Datenspeichern herum. Das ist auch etwas, das mir Gundhalinu beigebracht hat: wenn man will, daß etwas richtig gemacht wird, muß man es selbst in die Hand nehmen.« Er lachte trocken und starrte auf das Terminal. »Gundhalinu zeigte mir, daß man beinahe göttliche Macht besitzt, wenn man ein System kontrolliert. Nun ja, jetzt bin ich der Große Ren-der, der Gott des Todes ...« Er verschränkte die Finger ineinander und bog sie nach außen.
»Du konntest das Sicherheitssystem also schon die ganze Zeit über manipulieren?« staunte Niburu.
»Nein.« Reede schüttelte den Kopf. »Es hat viel Zeit in Anspruch genommen, das System zu studieren, Schwachstellen zu finden und einen Plan auszutüfteln. Der ideale Augenblick für meine Rache mußte erst noch kommen. Und jetzt ist er da.« Er stand auf und ging nervös an ihnen vorbei. Sie machten ihm Platz, wie wenn der Ausdruck in seinen Augen ihnen Angst
machte.
Er ging zu dem System, das seine Forschungsarbeiten über das Wasser des Lebens enthielt; die Probe, die er bereits seit langem, noch vor seinem Treffen mit Gund halinu, zu analysieren versuchte. Eine Weile spielte er mit der Struktur des dreidimensionalen Datenmodells, das er auf den Monitor rief. Er veränderte sie hier und da ein wenig, ergänzte die Modifikationen, mit denen er experimentiert hatte. Die Unwahrscheinlichkeit des Aufbaus hatte ihn zur Verzweiflung gebracht, bis er durch sein Gespräch mit Gundhalinu zu bestürzenden, schrecklichen Einsichten gelangte. Nachdem er mit den
Strukturänderungen fertig war, befahl er dem System, eine Probe zu fabrizieren.
Danach sahen die anderen, wie er die schon bereitstehenden Behältnisse mit dem Wasser des Todes aus einem versiegelten Schränkchen nahm. Während er sich noch von seinem körperlichen Zusammenbruch erholte, lieferte die Quelle ungewöhnlich prompt den Nachschub der Droge.
Er gab Dawntreader einen Behälter mit dem Wasser des Todes und erklärte ihm eindringlich, was es damit auf sich hatte. »Bei allen Göttern, diese Probe darfst du auf gar keinen Fall verlieren, komme, was da wolle«, schärfte er ihm ein. Dawntreader nickte und verstaute das kleine Gefäß in seiner Gürteltasche.
»Also gut«, fuhr Reede fort. »Niburu, ich möchte, daß du mit den anderen eine kleine Tour durch die Zitadelle machst. Verkrümelt euch.« Niburu starrte ihn an. »Gelangt irgendwie in die Nähe des Eingangs zu den Andockbuchten und wartet dort. Sobald das Chaos losbricht, saust ihr zum Schiff. Dort stoße ich dann zu euch.«
»Und was, zur Hölle, machst du während der ganzen Zeit?« erkundigte sich Niburu.
Reede wandte den Blick ab. »Ich habe hier noch was zu erledigen ... Ich bin der Quelle noch was schuldig, und das bringe ich ihm persönlich.«
»Reede, nein ...«, rief Ariele und eilte zu ihm.
»Boss, das kannst du nicht!« protestierte Niburu.
»Bei der Herrin und allen Göttern!« regte sich Funke auf. »Wenn du die Zitadelle so konditionierst, daß sie zerstört wird, hast du dich genug an der Quelle gerächt, egal, was er dir angetan hat.«
»Nein«, zischte Reede. »Es ist nicht genug.« Mit dem Kinn deutete er auf den Ausgang. »Glaubst du, sie akzeptieren so einfach deine unverhoffte Ankunft, Dawntreader? Ich wette, daß sie dich im Augenblick haarklein durchrecherchieren. Jaakola ist nicht dumm – und er weiß, wer du bist. Ich muß ihm etwas geben, womit er sich die nächsten Stunden beschäftigt, sonst kommen wir nie lebend hier heraus. Ich sagte, wo wir uns später treffen. Und jetzt haut ab!« Er machte einen Schritt auf sie zu, und alle wichen zurück – außer Ariele. Dawntreader packte sie bei den Armen und bugsierte sie zur Tür hinaus. Als sie sich von ihrem Vater wegführen ließ, schaute sie sich noch einmal um. Reede sah Angst in ihren Augen, sie bangte um ihn – doch in ihrem Blick brannte auch die Gier nach Rache.
»Das Rettungsboot liegt in der Eindockbucht Nummer Drei, Boss. Auf der unteren Ebene«, rief Niburu. »Nur für den Fall, daß du dich verspäten solltest.«
»Beeil dich!« drängte Ariele.
Er nickte und sah ihnen hinterher, wie sie durch die Tür verschwanden. Als er sie nicht mehr hören konnte, schickte er ohne die geringste Hast eine Nachricht an die Quelle, er würde ihn in Kürze aufsuchen. »Ich bringe ihm, was er sich wünscht«, setzte er hinzu und unterbrach die Verbindung.
Dann ging er durch das hallende Labor zurück und prüfte die Displays auf den
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