Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
Vom Netzwerk:
Allee hatten sich geöffnet, wie in einem merkwürdigen, inszenierten Ritual, und ließen den kalten Atem des Meeres herein; Karbunkel wurde zwar nicht unbewohnbar, wenn die Technologie versagte –aber verdammt ungemütlich ... als hätte es jemand so gewollt.
    Sie gelangten in die Halle der Winde. Hier war es ein wenig heller, denn durch die Fenster fiel das trübe, silberne Tageslicht – und zu seiner Verwunderung bemerkte er, daß die Fenster geschlossen blieben. Ihm fiel wieder ein, daß er gehört hatte, die Fenster hätten früher immer offengestanden, damit der Wind mit den segelähnlichen Vorhängen hoch droben spielen konnte. Was jetzt lediglich eine nervenaufreibende Passage über den tiefen Zugangsschacht der Stadt war, mußte früher eine Tortur gewesen sein.
    Angeblich hatte die Sommerkönigin die Fenster dazu veranlaßt, sich zu schließen; offenbar kontrollierte sie die geheimnisvolle, ewige Maschinerie auf eine Weise, die niemand verstand ... Beinahe selbstvergessen überquerte er die Brücke; nach oben blickend betrachtete er die Fenster und machte sich seine eigenen Gedanken.
    Auf der anderen Seite stiegen sie die breite Treppe hinauf und betraten den sogenannten Thronsaal, obwohl das einstmals elegante Dekor von derben Produkten des einheimischen Kunsthandwerks verdrängt worden war, so daß es hier eher aussah wie auf einem dörflichen Marktplatz. Insgeheim wunderte er sich, nicht auch noch lebende Tiere anzutreffen, die zwischen den Gästen umherwanderten.
    Heute, in der unverhofften Dunkelheit, kam er sich vor, als beträte er eine Höhle. Noch nie zuvor war ihm aufgefallen, daß dieser Raum keine natürliche Lichtquelle besaß. Die Königin wartete auf ihn; sie saß auf dem Kristallthron, dem einzigen Relikt, das noch aus der Zeit der Winterherrschaft stammte. Mehr als einmal hatte er sich gefragt, wieso sie dieses erlesene Stück nicht durch einen grob gezimmerten Stuhl hatte ersetzen lassen. Vielleicht fand sie dieses exquisite Kunstwerk aus glitzerndem Glas selbst beeindruckend. Es entzog sich beinahe der Vorstellung, daß ein Mensch dieses Wunder entworfen haben sollte; es glich einem Gebilde aus Eis, geformt von den Kräften des Windes und der Sonne.
    Nun betrat er, angeführt von Laternenträgern, das dunkle Zimmer; er sah den Thron, der von Kerzen und Öllampen beleuchtet wurde. Im flackernden Licht glühte er, wie wenn ein Feuer in ihm brennte; die Reflexe der sich spiegelnden Flammen huschten über die Verschnörkelungen und erinnerten ihn an die Aurora, die den Nachthimmel seiner Heimatwelt verzauberte. Das Spiel von Licht und Schatten verlieh der diaphanen Blässe der Königin, ihrem milchweißen Haar, einen fast schon überirdischen Glanz, den er zu seiner eigenen Überraschung sinnlich aufreizend fand. Die Augen der Königin waren von einer Farbe, die er noch nie gesehen hatte, und die er auch nicht beschreiben konnte; abweisend funkelte sie ihn an.
    Ein Schwindel packte ihn, als er vor dem Thron stehenblieb; es verunsicherte ihn zutiefst, daß er sich von der Schönheit dieser Frau blenden ließ, und unwillkürlich mußte er an die nun stille Halle der Winde denken. Was hatte die Königin an sich, daß Gundhalinu ihr nicht widerstehen konnte? Ihretwegen war sein Freund zu seinem Feind, ein Held zu einem Verräter geworden.
    Einen Augenblick lang, während er an Gundhalinu dachte und vor Mond stand, die wie von einer Aura um• geben glühte, wollte er selbst herausfinden, was es mit dieser Frau auf sich hatte, und welche Gefühle sie Gundhalinu vermittelte; er wollte wissen, was er wohl empfände, wenn er sie besäße, und wie es wäre, von ihr in Besitz genommen, ihr hörig zu werden ...
    Scham und Schuldgefühle wallten in ihm hoch und erstickten seine Phantasien; er richtete sich auf und machte eine tadellose Verbeugung. »Herrin«, sagte er mit teilnahmsloser Stimme.
    Sie nickte kaum merklich mit dem Kopf. »Kommandant Vhanu. Was wollen Sie jetzt schon wieder?«
    »Zwei Dinge«, erwiderte er ruppig. »Befehlen Sie Ihren Leuten, die Gewässer um Karbunkel zu verlassen. Und ich will, daß Karbunkel wieder an die Energiequelle angeschlossen wird.«
    Sie hob die Brauen; sie war so überrascht, daß es fast schon komisch wirkte, doch er sah, daß ihre Hände sich um die verzierten Armstützen des Throns klammerten. »Was veranlaßt Sie zu denken, ich könnte diese beiden Ereignisse beeinflussen, Kommandant?« fragte sie leise.
    Er schöpfte tief Atem. »Sie sind die Herrscherin

Weitere Kostenlose Bücher