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Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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dieser Welt, jedenfalls nehmen Sie diesen Titel für sich in Anspruch; und Sie haben Ihr Volk aufs Meer hinausgeschickt.«
    »Ich bin ›technisch gesehen nur ein religiöses Oberhaupt ohne legitime Machtbefugnisse‹. Sagten Sie das nicht, als Sie die Verhängung des Kriegsrechts rechtfertigten? Ich erzählte meinen Leuten von der Versammlung der Mers, weil es für sie eine religiöse Angelegenheit ist. Nun unternehmen Sie Pilgerfahrten, um die wundersame Segnung der Herrin mit eigenen Augen zu schauen. Wie können Sie da von mir verlangen, daß ich Verbote ausspreche?«
    Er las in ihren Augen, daß sie genausowenig an ein religiöses Mirakel glaubte wie er selbst. Früher hatte er sie für eine fromme Fanatikerin gehalten, und nun war es für ihn ein Schock, sie als Heuchlerin zu entlarven. Sie verschanzte sich hinter diesem Hokuspokus mit der Herrin, um weltliche Macht auszuüben, wozu sie gar nicht legitimiert war. In Gedanken stieß er einen Fluch aus, als wieder eine seiner Überzeugungen ins Wanken geriet. »Dann bleibt mir nichts anderes übrig, als selbst über Ihr Volk zu bestimmen, Herrin«, sagte er.
    Doch es war eine leere Drohung. Um die Ordnung in der paralysierten Stadt aufrechtzuerhalten, hatte er die Streitkräfte abziehen müssen, die dabei waren, aufsässige Demonstranten zu verhaften. Außerdem gab es die beunruhigende Meldung, die Mers seien plötzlich aus den Gewässern um Karbunkel verschwunden.
    Wenn dieser Zustand länger anhielte, verpatzte er seine Chance, dem Tribunal zu zeigen, wie effektiv er durchgreifen konnte. Falls es ihm nicht gelang, die Stadt wieder mit Energie versorgen zu lassen, hatte er ausgespielt.
    Er war ein rational denkender Mensch, der nur ungern Risiken einging. Er hatte ein Spiel gewagt, von dessen günstigem Ausgang er überzeugt gewesen war; sein Urteilsvermögen, sein politisches Geschick und seine Ehre hatte er eingesetzt, um an das Wasser des Lebens heranzukommen. Wenn er versagte, dann hätte er Gundhalinus Vertrauen und Freundschaft, Gundhalinus ruhmreiche Karriere – und seine eigene Karriere umsonst geopfert. Sie alle würden zugrundegerichtet werden durch diese rätselhafte, verfluchte Welt und ihre unangreifbare, verführerische Königin.
    »Gleich werden Sie mir wohl sagen, daß Sie auch nichts mit dem Vorfall in der Stadt zu tun haben.« Er deutete auf die Finsternis, die sie umgab.
    »Ich habe nichts damit zu tun«, sagte sie und schüttelte ihr langes, silbernglänzendes Haar nach hinten.
    »Es heißt, Sie hätten drunten in der Halle den Wind zum Schweigen gebracht. Sie kennen sich an diesem Ort aus, wie kein anderer ...« – bildete er es sich ein, oder erstarrte sie tatsächlich –, »und Sie verstehen, ihn zu manipulieren.«
    »Ich manipuliere Karbunkel nicht«, murmelte sie. »Genausowenig wie Sie. Wir beide üben keine Macht über die Stadt aus.«
    Er schnappte nach Luft, denn ihr Seitenhieb hatte gesessen. »Die Energiezufuhr der Stadt kann ich nicht kontrollieren«, räumte er ein, »doch wie Sie wissen, stehen mir weitaus stärkere Machtmittel zur Verfügung. Unsere Waffen können diese Stadt völlig zerstören –nichts würde mehr übrigbleiben, verstehen Sie?« Er schleuderte ihr die Worte entgegen. »Kein Gebäude, nicht einmal Trümmer, kein menschliches Wesen. Nur ein Krater, angefüllt mit Meerwasser.«
    Ihr Gesicht rötete sich vor Zorn. »Dazu sind Sie gar nicht befugt; so etwas würden Sie nie wagen – oder?«
    »Vielleicht doch, wenn Sie mir keine andere Wahl lassen; vielleicht auch nur, weil ich es kann.« Ihre Reaktion schürte seinen Groll um so mehr. »Aber wenn es passiert, wird Ihr letzter Gedanke sein, daß Sie es hätten verhindern können ... daß Sie mich dazu getrieben haben ...« Er zwang sich, ruhiger zu sprechen. »Ein Tribunalkomitee von Kharemough ist hierher unterwegs, um die Vorgänge, die zur Amtsenthebung des Obersten Richters führten, zu untersuchen. In dem Verfahren wird auch zur Sprache kommen, inwieweit Sie an seinem ehrenrührigen Benehmen beteiligt waren.«
    »Er hat sich nicht ehrenrührig benommen!« widersprach sie.
    »Und wenn die Situation sich hier nicht ändert, wird das Tribunalkomitee zweifellos jede Maßnahme billigen, die ich zu ergreifen gezwungen bin.«
    Die Königin schwieg eine geraume Zeitlang und blickte ihn mit ihren changierenden Augen an. »Mir scheint, Kommandant Vhanu«, sagte sie dann, »daß wir beide mehr gemeinsam haben als unsere Schuld BZ Gundhalinu gegenüber. Wir zwei haben

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