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Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt

Titel: Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joan D. Vinge
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ergreifen, seinen Körper opfern. Die Propellerklingen hoben und senkten sich ... Der Tod rüstete sich für sein Fest. Die Wasserstrudel peitschten seinen Körper, zwangen ihn dazu, jedes qualvolle Symptom seines Verfalls auszukosten; zum Schluß hoffte er auf das Ende, sehnte sich nach dem Augenblick, in dem sein Körper zermalmt und seine Seele endlich freigesetzt würde.
    »Reede!« Er spürte einen Zusammenprall – es war Tammis. Der Junge schlang die Arme um ihn und zerrte ihn zum Ausgang des Tunnels, während der Merling
    von hinten nachschob und ihn drängte, nicht aufzugeben.
    »Nein!« schrie er, halb vor Schmerzen, halb als Warnung, als sie ihn malträtierten, in dem wahnwitzigen Versuch, sein Leben zu retten. »Laßt mich, verdammt noch mal! Ihr bringt euch selbst um!« Mit den Fäusten trommelte er gegen Tammis' Helmfenster. »Haut ab!«
    »Nein«, keuchte Tammis, umklammerte ihn und zog ihn durch den weißen Strudel, als sei er ein von Panik befallender Ertrinkender. »Du weißt nicht, was du sagst.«
    »Ich muß so enden!« brüllte Reede. »Laß mich sterben!«
    »Nein!« hallte Tammis' Stimme in seinem Helm. »Ich lasse es nicht noch einmal zu, daß jemand meinetwegen hier unten stirbt.«
    Reede spürte, wie er durch den Mahlstrom aus Metall und schäumendem Wasser geschleppt wurde, bis ein letzter Schwall ihn auf die andere Seite spie.
    Etwas prallte mit ihm zusammen und versetzte ihn in Drehung. Hektisch tastete er danach. »Tammis?« Doch seine Hand griff in das Gesicht des Merlings. Er machte kehrt und kämpfte gegen die Strömung an. »Tammis!« gellte er, als er den Jungen plötzlich im Lampenschein sah, von blitzendem Metall umgeben. Wie ein Wahnsinniger schoß er auf die Hände zu, die sich ihm entgegenstreckten. Er bekam sie zu fassen und zog – dann wurden sie ihm mit einem heftigen Ruck entrissen. In dem Schrei, der seine Seele spaltete, glaubte er seinen Namen zu hören, während Tammis in die tobenden weißen Wasserwirbel hinabgesogen wurde.
    Auch er schrie, als er auf die Turbinen zupreschte.
    Aber Silky war vor ihm da, versperrte ihm den Weg und trieb ihn trotz seines Widerstandes nach vorn durch den Tunnel.
    Reede gab nach, und seine Raserei erstarb wie der Nachhall von Tammis' Todesschrei, der sein eigener hätte sein sollen ... Hilflos war er Silkys Puffen und Knüffen ausgesetzt; er umschlang ihren langen, sehnigen Hals, und wie ein Schock traf ihn die Wärme, die sie verströmte; ihr weiches Fell tat seinen tauben, verkrampften Fingern gut. Er ließ sich von ihr aus den weißen Todesgewässern tragen, auf ihrem Rücken reitend; fort von dem pulsierenden Herzschlag der Turbinen, hinein in Stille und Dunkelheit, bis sie endlich die Oberfläche erreichten.
     

TIAMAT
Karbunkel
    M ond stand vom Boden der Transportkapsel auf, als von tief drunten Geräusche zu ihr hochdrangen. Vor Erschöpfung wie gelähmt, war sie sich nicht sicher, ob sie geschlafen oder das Bewußtsein verloren hatte; sie wußte auch nicht, wieviel Zeit vergangen war. Ihr schwindelte, und in ihrem Kopf kreisten die Visionen der letzten Stunden, IHR Bildnis, bis sie merkte, daß sie wieder in den Ozean hinabtauchte, hinein in die finsteren Winkel der Erinnerung.
    Sie rappelte sich hoch, klammerte sich an das Instrumentenpaneel und kämpfte darum, wach zu bleiben. Sie spähte nach unten. Im grünleuchtenden Wasser entdeckte sie eine Gestalt – anfangs glaubte sie, es sei ein Mensch, aber es war ein Mer. Ein Mann kletterte an der Wand nach oben, Risse und Spalten benutzend, die sie inmitten all der Maschinerie nicht mal wahrnehmen konnte. Abermals spähte sie hinunter und bemühte sich, in dem Mer einen Menschen zu erkennen. Doch es ging nicht, und kein zweiter Mann hangelte sich den Schacht herauf. Sie entsann sich des gequälten Gesichtsausdrucks von Reede, als sie ihn in der Höhle durch Tammis' Augen angeschaut hatte; ein stolzes Gesicht, aber ohne Hoffnung ... So sah ein Sterbender aus.
    Sie wandte sich vom Instrumentenbrett ab und ging zur Ausstiegsöffnung; sie taumelte, als habe sie während ihres Aufenthalts im zeitlosen, entkörperlichten All verlernt, ihre Bewegungsabläufe zu koordinieren. Als sie den schmalen Steg betrat, hielt sie sich mit einer Hand am Türrahmen fest, mit der anderen stützte sie sich an der Wand ab.
    Direkt vor ihr schob sich ein Helm über den Rand der Plattform. Erschrocken prallte sie zurück; doch dann vergaß sie ihre Schwäche und ihren Schwindelanfall und griff helfend nach

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