Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt
solange die Mers geschützt bleiben –, verrate ich weitere Koordinaten. Wenn sie einverstanden sind, können sie ihre empirischen Träume verwirklichen. Andernfalls bleibt ihnen nichts – weniger als nichts.)
(Bei den Göttern ...) dachte er, und die Worte schimmerten in ihren Augen. (Dazu bist du imstande?)
(Ja), antwortete sie.
(Ja ...) kam sein Echo, (ja, ich werde es ihnen sofort mitteilen.)
(KR ...)
(Was ist, Mond?)
(Wo ist BZ? Wie geht es ihm?)
(Wir glauben, daß er auf Big Blue ist. Und wie es ihm geht ... Ich weiß es nicht. Ich bete, daß er noch am Leben ist.)
Sie gab keine Antwort; der Druck ihrer Emotionen wurde so stark, daß sie ihren Zorn schließlich nicht mehr bezähmen konnte. (Warum habt ihr ihm nicht geholfen? Du und alle diejenigen, denen er vertraute?)
(Wir haben es versucht, aber nichts erreicht.)
(Wozu seid ihr dann nütze?) dachte sie; ihre Erbitterung floß wie Säure, verbrannte sie und verbrannte ihn. (Zuerst zwingt ihr ihn zu handeln, dann laßt ihr ihn im Stich; während er leidet, versteckt ihr euch und murmelt eure Geheimformeln wie scheinheilige Feiglinge ... Etwas anderes seid ihr nämlich nicht!) Sie begann sich zurückzuziehen, und das atmosphärische Rauschen schwoll an zu blendenden, schwarzgoldenen Wellen.
(Mond ...) rief er ihr hinterher, und seine Pein zerstrahlte das Licht. (Um der Götter willen, ich bin doch ein alter Mann!)
Durch den Vorhang aus Lichtfäden preschte sie zu ihm zurück, einen flüchtigen Moment lang den Kontakt wiederaufnehmend. (Sag ihnen, Gundhalinus Ehre wird wiederhergestellt werden. Er kommt als Oberster Richter nach Tiamat zurück ... Falls nicht, dann schwöre ich beim Universum, daß es für euch, zeit meines Lebens, keine neuen Welten geben wird!) Sie war sich nicht sicher, ob sie selbst die Drohung aussprach oder ob SIE sich ihrer bediente. (Und wenn ich sterbe, habt ihr überhaupt nichts mehr.) Die Wahrheit flammte in ihren kraftvollen Worten; sie spürte noch, wie KR sich vor Schmerzen wand, ehe sie die Verbindung kappte.
Wieder allein im endlosen Meer, merkte sie, wie ihre eigene, zeitgebundene Realität sie zurückrief. Irgendwo floß der Strom der Zeit immer noch voran und riß sie mit sich; ihre Körperkräfte schwanden, und es drängte sie unwiderstehlich zur Heimkehr. Doch noch einmal weitete sie ihren Blick, ein allerletztes Mal, und forschte verzweifelt unter den Abertausenden von strahlenden Tropfen in IHREM einzigartigen Ozean, von denen jeder einzelne einen Namen, einen Geist und eine Seele besaß.
(BZ ...) Sie sank durch die blitzenden Reflexe in das warme Herz seiner Lebenskraft; vor Freude und Erleichterung, ihn wohlauf zu finden, funkelte sie mit der Energie eines Sterns. (BZ!) wiederholte sie leise in seinen Gedanken.
Sie spürte, wie sich sein Geist unruhig regte, planlos Farben versprühte, wie wenn etwas tief in seinem Innern darum kämpfte, aufzuwachen und zu antworten.
Aufwachen ...
Sie merkte, daß er schlief; vor Erschöpfung schlummerte er so tief und fest, daß sie nicht zu
ihm durchdringen konnte.
(Schlaf weiter, mein Liebster), dachte sie, und Zärtlichkeit umfächelte sie wie ein wunderschönes Lied. (Es dauert nicht mehr lange), flüsterte sie, während ihr Versprechen sich in goldenen Kreisen durch seine ruhenden Gehirnströme fortpflanzte (nichtmehrlange, nicht-
mehrlange, nichtmehrlange ...)
Sie ließ ihn los, glitt zurück in die Musik und in das
Licht und schmiegte sich in die Umarmung der Herrin, die still und ewig wartete: auf sie, auf die gesamte Menschheit, auf die Sibyllen, die IHR eigen Fleisch und Blut waren, denen SIE diente und die SIE formte, die SIE im Großen Spiel um das Überleben der Menschheit einsetzte. Und in IHREM Geist setzte sie das letzte kleine Rädchen in Bewegung.
(Jetzt!) dachte sie, während sie sich konzentrierte, sich aus dem Überall löste und in das Hier und Jetzt zurückfiel ...
Vanamoinen sah, wie das fremdartige Leuchten in Tammis' Augen erlosch, und der Junge erschauernd wieder zu sich kam.
Benommen von der Vision, die er erlebt hatte, klammerte sich Tammis an die Wand. Um den Blick zu klären, schüttelte er den Kopf. Jählings starrte er Reede ins Gesicht, und seine Miene wandelte sich. »Was ist passiert?« fragte Tammis. »Reede?« Er verstummte, als jemand sie von unten anstieß.
Es war Silky, die beharrlich ihre herabbaumelnden Beine bearbeitete.
»Sieh doch!« Tammis ruderte mit dem Arm. »Sie sind weg! Die Mers sind verschwunden.«
»Es
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