Tiamat-Zyklus 3 - Die Sommerkönigin 2 - Die Abkehr der Welt
wandelnde Null.
Trotzdem ging die Vorstellung weiter, wie wenn nichts passiert wäre; Funke Dawntreader kam an die Reihe: »... der Gemahl der Königin, der Sohn des Ersten Sekretärs Sirus ...«
Ein Raunen ging durch die Hegemonische Gesellschaft, und jemand drängte sich nach vorn, um besser sehen zu können – Sirus höchstselbst, wenn ihn seine vage Erinnerung an dieses Gesicht nicht trog. Der Mann sah nicht älter aus als Funke Dawntreader, aber er lächelte stolz und voller Gefühl, als er seinen Sohn er blickte. Gundhalinu merkte, wie Dawntreader erst ihn verblüfft ansah, ehe er sich seinem Vater zuwandte.
Mit sanfter Beharrlichkeit bugsierte man den Premierminister samt seinem Gefolge aus Ratgebern und Aufpassern weiter in den Raum hinein. Gundhalinu spürte, wie sich seine Nackenmuskeln langsam entkrampften, während die anderen Mitglieder der Gesellschaft vortraten, um ihn und seinen Stab zu begrüßen; mal gaben sie sich einschmeichelnd und höflich, mal ungewollt arrogant, mitunter wirkten sie auch geistesabwesend und zerstreut, wie der Premierminister.
Die meisten Zeit brachten sie in ihrer privaten, hermetisch versiegelten schwebenden Welt zu, außer wenn
sie
ihre Schiffe verließen, um an Feierlichkeiten wie diesen teilzunehmen – endlosen Folgen von aufwendigen Soirees und eleganten Banketten mit den ständig wechselnden Eliten der verschiedenen Welten. Im allgemeinen wurden nur neue Mitglieder gewählt, wenn jemand starb. Gundhalinu fand, man müsse sich wundern, daß sie sich nicht noch schrulliger verhielten.
Er nahm einen Drink von der Auswahl milder Drogen, die ein vorbeikommender Servo anbot; der auf Hochglanz polierte Körper schlängelte sich geschickt an den anderen Gästen vorbei. Auf einen Zug leerte er das Glas bis zur Hälfte, wobei er mit sich haderte, weil er die Stärkung brauchte; er hatte sich die Erinnerungen zu sehr zu Herzen genommen, und das fuchste ihn jetzt.
Zuvor war er erst einmal mit der Hegemonischen Gesellschaft zusammengetroffen, in jener kurzen, erbitterten Episode im Hospital des Starports. Für ihn waren seit dieser Begegnung dreizehn Jahre vergangen, aber diese Leute waren kaum gealtert, und es schien ihm, als hätten sich einige der Gesichter unauslöschlich in sein Gedächtnis eingeprägt.
Er fragte sich, wieso Demütigungen eine so entsetzliche Macht über die menschliche Seele ausübten; schmerzliche Erinnerungen, die viele Jahre zurücklagen, waren für ihn oft lebendiger als die Ereignisse der letzten Woche, ganz zu schweigen von all den guten und verdienstvollen Dingen, die er bewirkt hatte. Als er m dem Stardrive nach Kharemough zurückkehrte, hatte niemand gewagt, seine Schande auch nur zu erwähnen. Jahre waren vergangen, ohne daß man ihn scheel angesehen oder einer stichelnde Bemerkung über seine Vergangenheit gemacht hätte. Sein Selbstmordversuch war für ihn selbst in weite Ferne gerückt.
Für die Mitglieder der Hegemonischen Gesellschaft lag ihre letzte Konfrontation indessen nur wenige Monate zurück. Damals war er knapp fünfundzwanzig gewesen und hatte außerdem noch halbtot ausgesehen, trotzdem ertappte er sich jetzt dabei, wie er zu den Schatten seiner Ahnen betete, niemand möge sich an ihn erinnern oder eine Verbindung herstellen ...
»Richter Gundhalinu«, dröhnte eine überlaute Stimme direkt hinter seinem linken Ohr. »Es ist mir ein großes Vergnügen, Sie kennenzulernen, Sadhu – Sie sin ein lebendes Symbol für das, was Kharemough groß ge macht hat, und wieso wir nach so langer Zeit immer noch die Hegemonie regieren.«
Gundhalinu drehte sich um und rückte von dem auf dringlichen, nach Parfum duftenden Mann ab. Bei dem Geruch drehte sich ihm der Magen um, nie würde dieses Odeur vergessen.
»IP Quarropas«, stellte der Mann sich vor. »Sprech der Hegemonischen Gesellschaft.«
»Ich fühlte mich geehrt«, murmelte Gundhalinu mechanisch und berührte die emporgehaltene Hand, während er in das fleischige, lächelnde Gesicht blickte. In jungen Jahren hatte der Sprecher sicher hübsch ausgesehen, aber das üppige, müßige Leben war ihm nicht gut bekommen.
»Mir schwant, als hätten wir uns schon einmal bei ei nem ähnlichen Anlaß getroffen.« Ein merkwürdig Ausdruck machte sich auf seinen Zügen breit. »Kan das sein?«
»Nein, ich glaube nicht.«
»Aber von früher her entsinne ich mich ihres Namens ...« Quarropas wackelte mit dem Finger, und Gundhalinu merkte, wie er sein Gedächtnis anstrengte.
Gundhalinu bemühte
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