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Tief atmen, Frau Doktor!

Tief atmen, Frau Doktor!

Titel: Tief atmen, Frau Doktor! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Gordon
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Stimme.
    »Brille? Ich brauche keine Brille.«
    »Oh, Doktor!« sagte Lucy.
    »Ich muß sagen«, rief Biggin aus, »es ist mir gerade in den Sinn gekommen, daß diese beiden jungen Damen genau die Vertretung sind, die wir brauchen.«
    »Ich habe mich schon gefragt, wie lange es dauern würde, bis Ihnen einleuchtet, was eindeutig auf der Hand liegt«, sagte Liz. »Auch ohne Brille, Dr. Carmichael. Gut. Das wäre geklärt.«
    »Aber die Vorschriften und Anordnungen der Krankenkasse —« begann Biggin.
    »Der Haken an der Sache ist Mr. Bellwether«, stellte Liz fest. »Freddie, dieser Rotwein ist vorzüglich. Woher haben Sie ihn?«
    »Sir George Prewitts Hämorrhoiden. Um seiner Dankbarkeit für diese Erleichterung Ausdruck zu verleihen.«
    »Heute morgen habe ich zufällig den Erzdiakon überfahren«, fuhr Liz fort. »Er stand an der Ampel, aber ich habe ihn nur leicht gestreift. Die neuen Ärzte müssen vor das Familienpraxiskomitee, bei dem er den Vorsitz führt. Er wird nur taube Ohren für Sie haben, außer Sie geben ihm ein ärztliches Attest, mit dem er der verrückten Hindudiät, die der Bischof für die Fastenzeit verordnet hat, entgeht.«
    »Niemals! Für jemanden, der so raffiniert den Kranken spielt, begehe ich keinen Meineid.«
    Liz seufzte. »Das Leben wäre um so vieles einfacher, wenn der Erzdiakon der Versuchung erliegen würde und sich einen Nierenpudding zu Gemüte führen würde.«
    Das halbe Dutzend Ärzte fuhr zur Stiftspraxis. Lucy und Fay blinzelten den Lachs, das Hirschgeweih, die Kirchenbänke und den Kalender des Farmervereins ungläubig an. »Wir versuchen, eine klubartige Atmosphäre zu fördern«, erklärte Freddie leutselig. »Diese gräßlichen weißen Wände und die Neonbeleuchtung im Krankenhaus. Genug, um sich gleich zum Sterben hinzulegen.«
    »Sie sollten wirklich die Bekanntschaft von Erzdiakon Bellwether machen«, sagte Liz nachdenklich, als sie Lucy und Fay nachher vom Praxisvorhof zum Bahnhof fuhr.
    »Achtung!« schrie Lucy.
    Ein Zebrastreifen führte von der Praxis zur Kathedrale. Mitten darauf stand ein großer Mann mit einem dunklen Schnurrbart, einem roten Gesicht und einem Homburg in der Kleidung eines Geistlichen, mit ausgebreiteten Armen, offenem Mund und starr vor Schreck. Es gab einen heftigen Ruck. Er war verschwunden.
    »Der Erzdiakon«, rief Liz mit versagender Stimme. »Es ist mir schon wieder passiert. Das dritte Mal seit Montag.«
    Er saß mit fassungslosem Gesichtsausdruck auf der Kreuzung und hielt die linke Wade umklammert. Liz hockte sich vor ihn hin und legte besorgt die Arme um ihn. »Mein lieber, lieber Mr. Bellwether! Aber Sie haben sich wirklich so benommen, als wollten Sie die Israeliten durch das Rote Meer führen.«
    »Wo bin ich? Wahrhaftig, das ist ja Mrs. Arkdale. Wie ungeheuer nett von Ihnen, mir so prompt Hilfe zu leisten«, sagte er wie betäubt.
    »Sie hatten Glück«, sagte sie zu ihm. »Sie sind von einem Auto angefahren worden, in dem sich drei Ärztinnen befanden.«
    Er blickte zu Fay und Lucy auf. »Weibliche Ärzte?« brummte er. »In Mitrebury? Was ist mit der theologischen Akademie?« rief er aus. »Ich habe sie gerade in der Kathedrale herumgeführt.«
    Liz bemerkte, daß die Menge, die sie unvermeidlich umringte, aus jungen Geistlichen bestand.
    »Ein paar von ihnen können Sie in die Praxis tragen«, befahl sie. »Bei solchen Gelegenheiten ist es immer das Beste zu flüchten, bevor die Polizei eintrifft und alles verkompliziert.« Sie wandte sich an Lucy und Fay: »Ihr übernehmt den Fall. Was mich betrifft, so ist es das falsche Geschlecht und der falsche Augenblick.«
    Die drei alten Ärzte unterhielten sich noch immer mit Mr. Windows im Warteraum.
    »Rührt euch!« rief Biggin in höchster Erregung, als der Erzdiakon hereingetragen wurde. »Freddie — Wiederbelebung!«
    Freddie öffnete den Notkoffer. »Verdammt! Nur die Flasche Portwein, die ich für meinen Geburtstag aufsparen wollte.«
    »Ich nehme an, Sie haben eine Aderpresse?« fragte Liz. »Er blutet ziemlich stark unterhalb des Knies.«
    »Wir hatten eine«, murmelte Roland.
    »Wir benutzten sie, als der Boiler undicht war, Doktor«, informierte ihn Mr. Windows.
    »Dann eben einen dicken Verband«, sagte Liz ungeduldig. Der Erzdiakon wurde auf eine Bank gelegt; er hielt die Augen geschlossen und stöhnte laut. »Zu allem Überfluß ruiniert das Blut noch seine Hose.«
    »Du liebe Güte.« Biggin stellte den leeren Behälter mit der Aufschrift VERBANDSZEUG auf den Kopf.

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