Tief atmen, Frau Doktor!
Sondertermin genehmigen«, teilte Mr. Windows ihm im leeren Wartezimmer mit. »Obwohl beide gerade in ein Fachgespräch mit einem Arzneimittelvertreter vertieft sind.«
Der Kaplan wartete auf einer Bank, den Hut auf den Knien, und las die Weihnachtsnummer der Zeitschrift Die Scholle aus dem Jahr 1976. Unterdessen saßen Fay und Lucy auf dem Schreibtisch von Fays Untersuchungszimmer und unterhielten sich mit einem gutaussehenden Mann in ihrem Alter. Er trug einen modischen Anzug mit einer teuren Krawatte und saß zwanglos im Arztsessel, einen Lederkoffer neben sich.
»Ach Adam, es ist so super, daß du einfach so hereinschaust«, sagte Lucy herzlich. »Nach den wunderschönen Zeiten, die wir drei in St. Bonifaz verlebt haben.«
»Und jetzt bin ich ein Medizinstudent, der seinen Kittel abgelegt hat.« Er grinste. »Ich bereue nicht im mindesten, daß ich bei meinen Schulschlußprüfungen durchgefallen und rausgeworfen worden bin. Wißt ihr, man kann der Menschheit auch auf geschäftlicher Ebene dienen. Jetzt bin ich vielleicht nur ein Arzneimittelvertreter, aber nächstes Jahr bin ich schon Regionalbetriebsleiter, in fünf Jahren habe ich vielleicht das ganze Land unter mir. Danach Zürich, New York, Tokio... die ganze Welt steht mir offen. Von leitenden Angestellten wird erwartet, daß sie viel reisen, in den Hotels der Spitzenklasse absteigen und sich in den teuersten Restaurants fürstlich bewirten lassen«, schloß er und sah sehr zufrieden mit sich aus.
»In St. Bonifaz haben alle gewußt, daß aus dir einmal etwas Großes wird«, sagte Fay bewundernd zu ihm. »Du warst immer so tüchtig bei der Organisation des Wohltätigkeitsballes.«
Mr. Windows klopfte.
»Frau Dr. Drake, Seine Hoch würden, der bischöfliche Kaplan, möchten gerne wissen, ob Sie ihn ausnahmsweise unangemeldet untersuchen könnten. Diese geistlichen Herren betteln aber auch immer nur um Gefälligkeiten«, bemerkte er, zum Besucher gewandt. »Man möchte fast meinen, sie wandelten jetzt schon mit ihrem Heiligenschein und Harfen umher.«
»Es wird wohl besser sein, wenn ich ihn empfange«, stimmte Lucy unwillig zu. »Ich habe gehört, daß er schrecklich lästig sein kann.«
Als sie das Zimmer verlassen hatte, sah Fay Adam an. Adam sah Fay an. Sie lagen einander engumschlungen in den Armen.
»Adam, mein Liebling«, hauchte sie. »Es ist einfach himmlisch, dich wiederzusehen.«
»Fay, mein Süßes«, murmelte er und küßte sie leidenschaftlich.
»Du hast dich nicht verändert.«
»Und du trägst noch immer keinen BH.«
»Die wunderbaren vierzehn Tage, die wir in Torremolinos verbracht haben.«
»Ganz schön heiß«, murmelte er und biß zärtlich in ihren Nacken.
»O Adam...« Sie wich zurück. »Ich bin davon überzeugt, daß ich dich Wiedersehen werde... aber keine Silbe von Torremolinos... oder von irgend etwas anderem... Lucy gegenüber.«
»Ich werde schweigen wie ein Grab«, versicherte er ihr und knabberte an ihrem Ohrläppchen.
»Ich will damit sagen, es könnte die Harmonie trüben. In einer Arztpraxis muß man einfach mit seiner Partnerin auskommen, und wir streiten uns ja wirklich wegen so vieler dummer Angelegenheiten.«
»Warum sollte ich die liebsten Erinnerungen meines Lebens mit Lucy teilen?« fragte er und fuhr ihr mit der Zunge über die Augenlider.
»Lucy ist natürlich ganz reizend, in jeder Hinsicht ein Supermädchen und eine erstklassige Ärztin, aber sie kann wirklich ziemlich gemein sein, wenn sie eifersüchtig ist. Und sie ist wegen so vieler Dinge auf mich eifersüchtig. Ich kann doch nichts dafür, wenn ich gescheiter bin als sie, oder? Und wenn ich viel besser mit den Patienten umgehen kann.«
Er quetschte ihren Mund an seinen wie ein Schuljunge, der den Saft aus einer Orange saugt. Sie fuhren auseinander. Die Tür ging auf.
»Fay, der Kaplan ist dein Patient, da du die ganze Patientenliste von Dr. Fellows-Smith übernommen hast. Aus irgendeinem Grund hat er Hemmungen, sich von dir untersuchen zu lassen, aber ich habe aus Prinzip darauf bestanden.«
»Du bist in ethischer Hinsicht immer so korrekt, Lucy«, schmeichelte ihr Fay. »Natürlich werde ich ihn mir ansehen. Ich wäre höchst bestürzt, wenn du meine Arbeit übernehmen würdest.« - Die Tür fiel ins Schloß. Lucy sah Adam an. Adam sah Lucy an. Sie lagen einander engumschlungen in den Armen.
»Adam, Liebster! Ich bin überglücklich, dich wiederzusehen. «
»Lucy, mein Engel«, murmelte er und küßte sie mit unerschöpflicher
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