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Tief im Herzen: Roman (German Edition)

Tief im Herzen: Roman (German Edition)

Titel: Tief im Herzen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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holte gerade einen Käfig aus Hühnerdraht ein.
    Er hielte lang genug in seiner Arbeit inne, um grüßend an seine Mütze zu tippen, bevor er zwei zuschnappende Krebse in seinen Wassertank warf.
    So sieht das Leben auf dem Wasser aus, dachte Anna und beobachtete, wie der Kutter zur nächsten Boje tuckerte.
    »Das ist Little Donnie«, erklärte ihr Seth. »Er wird so genannt, obwohl er bereits erwachsen ist, weil sein Vater Big Donnie heißt. Abartig.«
    Anna lachte. Für sie hatte es so ausgesehen, als brächte Little Donnie mindestens zweihundert Pfund auf die Waage. »Ich schätze, so geht es eben, wenn man in einer kleinen Gemeinde lebt. Es muß wunderbar sein, so auf dem Wasser zu leben und zu arbeiten.«
    Seth hob eine Schulter. »Es ist ganz gut. Aber ich würde lieber nur segeln.«
    Als sie das Gesicht dem Wind entgegenhob, entschied sie, daß er recht hatte. Nur segeln – schnell und frei, das Boot hob und senkte sich, die Möwen zankten sich über ihren Köpfen. Cam wirkte so natürlich am Steuer, dachte sie, wie er breitbeinig dastand und sich den Bewegungen des Boots anpaßte, mit festem Griff und fliegendem dunklem Haar. Als er sich zu ihr umwandte, vollführte ihr Herz einen Satz. Und war das ein Wunder? Als er ihr dann die Hand hinstreckte, war es da ein Wunder, daß sie aufstand und vorsichtig über das Deck zu ihm ging?
    »Willst du mal das Steuer halten?«
    Unbedingt. »Lieber nicht«, sagte sie und versuchte vernünftig zu sein. »Ich weiß nicht, was ich tun soll.«
    »Ich aber.« Er schob sie vor sich und legte seine Hände auf ihre. »Das ist der Pocomoke«, sagte er und wies mit dem Kopf auf einen schmalen Kanal. »Wenn du langsamer fahren willst, können wir dort hinfahren, müssen aber den Krebsfallen ausweichen.«
    Der Wind schlug ihr spielerisch ins Gesicht. Sie beobachtete, wie eine Möwe auf das Wasser herabstieß, darüber hinwegflog und mit einem durchdringenden Schrei wieder aufstieg. Es war ein Schrei, der wie ein Lachen klang. Zur Hölle mit der Vernunft. »Ich will nicht langsamer fahren.«
    Sie hörte ihn an ihrem Ohr lachen. »Bravo, Mädchen.«
    »Wohin fahren wir? Was machen wir?«
    »Wir fahren nach Süd, Südwest, segeln hart am Wind«, sagte er.
    »Am Wind? Es fühlt sich an, als wären wir mittendrin. Ich wußte nicht, daß wir so schnell werden können. Es ist herrlich.«
    »Gut. Halt mal eine Minute.«
    Zu ihrem Entsetzen trat er zurück und rief Seth zu, er solle ihm helfen, die Segel zu korrigieren. Als sie sich krampfhaft an der Ruderpinne festhielt, hörte sie die beiden lachen. Sie hörte das Knarren der Maste, das Klatschen der Leinwand, als das Segel sich drehte. Sie hatte
das Gefühl, daß das Boot noch schneller wurde. Dennoch versuchte sie sich zu entspannen. Schließlich war vor ihnen ja nur Wasser.
    Rechts – Steuerbord, verbesserte sie sich – konnte sie ein kleines Motorboot aus einem der vielen Flüsse und Kanäle kommen sehen. Zu weit weg, schätzte sie, um einen Verkehrsstau zu verursachen. Gerade als sie davon überzeugt war, daß sie es ohne Zwischenfall schaffen könnte, neigte sich das Boot zur Seite. Sie unterdrückte einen Aufschrei und hätte die Pinne beinahe in die andere Richtung gerissen, da waren Cams Hände wieder da und hielten sie fest.
    »Wir kentern!«
    »Nein. Wir liegen prima im Wind. Schneller.«
    Das Herz schlug ihr bis zum Hals. »Du hast mich am Steuer allein gelassen.«
    »Die Segel mußten gerichtet werden. Der Kleine weiß jetzt, wie er damit umgehen muß. Ethan hat ihm eine Menge beigebracht, und er begreift schnell. Er ist ein erstklassiger Segler.«
    »Aber du hast mich am Steuer allein gelassen«, wiederholte sie.
    »Du hast dich tapfer geschlagen.« Er drückte ihr einen flüchtigen Kuß aufs Haar. »Da vorn ist Tangier Island. Wir umfahren es, dann geht’s nach Norden. Auf dem Little Choptank gibt’s ein paar ruhige Fleckchen. Wir kommen gegen Mittag dort an.«
    Sie würden also nicht kentern, dachte sie, als ihr Atem sich wieder beruhigte. Sie entspannte sich und lehnte sich an ihn.
    Anna stellte sich ebenso breitbeinig hin wie Cam und überließ sich dem Rhythmus des Bootes. Sie wünschte sich eine kleine Schlup oder was auch immer zu besitzen, wenn ihr irgendwann das Haus am Wasser gehörte.
    Sie würde sich ein Boot von den Brüdern Quinn bauen lassen, dachte sie und träumte. »Wenn ich ein Boot hätte, würde ich bei jeder sich bietenden Gelegenheit aufs Wasser gehen.«
    »Wir müssen dir erst die Grundbegriffe

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