Tief im Herzen: Roman (German Edition)
nicht sicher, ob er es gedacht oder zu ihr ausgesprochen hatte. Er wußte nur, daß er langsam sein wollte, qualvoll langsam, endlos langsam, so daß er jeden Augenblick, jede Bewegung, jedes Stöhnen voll auskosten konnte.
Cam streckte den Arm aus und dämpfte das Licht. »Ich will diese Stelle«, flüsterte er und ließ seinen Mund wieder über die zarte Haut knapp unterhalb ihres Kinns wandern. »Und diese.« Zu ihrem schlanken Hals hinunter, wo ihr warmer, herber Geruch lockte. Als er zurücktrat und sein Hemd über den Kopf zog, holte sie Luft. Sie würde
sich zusammenreißen, dachte sie, und ihm einen Teil dessen, was er ihr schenkte, zurückgeben. Anna griff nach ihm, sie stellte sich auf die Zehenspitzen, so daß ihre Augen und Lippen auf gleicher Höhe waren.
Aber er küßte ihre Schläfen, ihre Stirn, ihre Augen. »Ich liebe es, dich anzusehen«, sagte er. Er nahm den Saum ihres Shirts in die Hand und hob ihn Zentimeter für Zentimeter. »Alles an dir. Auch wenn du nicht da bist, sehe ich dich vor mir.«
Als ihr Shirt auf dem Boden lag, blickte er in ihr Gesicht und hob sie in seinen Armen in die Höhe. Er spürte, wie sie zitterte. Und er wußte blitzartig, daß er niemals eine Frau so begehrt hatte, wie er Anna begehrte. Als er sie aufs Bett legte, war er es, der sich kopflos dem Kuß ergab.
Er brauchte seinen Händen nicht zu befehlen, sanft zu sein, langsam vorzugehen. Er brauchte nicht gegen den Drang anzukämpfen, über sie herzufallen. Nicht, wenn sie so leise unter seinen Berührungen seufzte, sich so geschmeidig unter seinen Händen bewegte, nicht, wenn sie sich so vollends hingab, bevor er sie darum bitten konnte.
Er erkundete sie fast staunend, als wäre es das erste Mal, die erste Frau, das erste Verlangen. Sie war neu, diese Sehnsucht, langsam zu sein, zu kosten statt hinunterzustürzen, zu gleiten statt zu rasen. Als ihre Hände über seinen Körper glitten, zitterte er und glühte.
Sie hörten die ersten weichen Regentropfen und das Pfeifen des Windes nicht.
Anna erreichte ihren Gipfel auf einer langgezogenen, schimmernden Welle, und sie atmete seinen Namen als sie verebbte.
Die Lust war flüssig, weich wie der Morgentau, weit wie die dunkle See. Sie spürte, wie sie sich ausbreitete und sie auf eine zweite hohe, aufschäumende Welle führte, wo es nur noch ihn gab. Sie drückte ihren Mund auf seinen Hals, auf seine Schulter, hätte ihn mit ihrer Haut aufgesogen, wenn sie es gekonnt hätte. Keiner hatte sie jemals so ganz und gar genommen. Und als sie mit den Händen
sein Gesicht umschloß, seinen Mund an ihre Lippen zog und ihr ganzes Wesen in diesen Kuß legte, wußte sie, daß er bei ihr war. Ganz und gar der ihre.
Als er in sie eindrang, war dies nur eine weitere Verschmelzung. Sie öffnete sich, nahm ihn auf und gab. Sie bewegten sich gemeinsam, langsam, ihr Atem, ihre Blicke vereinten sich. Sie bewegten sich in zärtlichem Rhythmus, der ihnen jede erdenkliche Quelle der Lust offenbaren sollte.
Die Empfindung steigerte sich, schwindelerregend und atemberaubend, bis sie lächelte und ihr zugleich Tränen in die Augen schossen. »Küß mich«, bat sie in einem letzten, zitternden Atemzug. Ihre Lippen fanden sich, umfingen sich, als die letzte hohe Welle sie überrollte.
Er wagte nicht, etwas zu sagen. Sein Herz lag bloß. Und es gehörte ihr.
Wenn dies Liebe war, dann jagte sie ihm höllische Angst ein.
Aber er konnte sich nicht rühren, konnte sie nicht loslassen. Sie fühlte sich unter ihm so gut an. Sein Körper war ermattet, gesättigt und sein Kopf nahezu leer. Nur sein Herz zitterte noch und klopfte.
Darüber würde er sich später Gedanken machen.
Ohne ein Wort zu sagen, änderte er seine Stellung, zog sie dicht, besitzergreifend dicht zu sich heran und ließ sich vom Geräusch des Regens in den Schlaf wiegen.
Als Anna erwachte, schien ihr die Sonne ins Gesicht, und sie stellte überrascht fest, daß sie und Cam fest umschlungen geschlafen hatten. Seine starken Arme hielten sie an sich gepreßt, und ihr rechtes Bein lag über seiner Hüfte.
Hätte sie klar denken können, dann wäre ihr vielleicht aufgegangen, daß sie beide zwar behaupteten, daß ihre Beziehung nur locker sei, ja fast nur eine Spielerei, daß sie im Schlaf aber eine andere Sprache sprachen.
Sie nahm ihr Bein zurück und wollte sich befreien, doch er bewegte sich und drückte sie noch fester an sich.
»Cam.« Sie flüsterte, kam sich dumm vor, und als sie keine Antwort bekam, wurde sie lauter.
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