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Tief im Herzen: Roman (German Edition)

Tief im Herzen: Roman (German Edition)

Titel: Tief im Herzen: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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mit Aubrey auf den Knien neben ihn gesetzt hatte, hatte sie ihn in Ruhe gelassen. Weil sie verstand, daß er still sein wollte. Und jetzt mußte er sich mit diesem Mann auseinandersetzen. Er hatte keine Angst vor großen Händen und harten Augen. Ließ nicht zu – durfte nicht zulassen –, daß er sich fürchtete. Es machte ihm nichts aus, wenn sie ihn auf die Straße setzten, ihn wegwarfen wie einen der ungenießbaren Fische, die Ethan aus der Bucht zog. Er konnte selbst auf sich aufpassen. Er machte sich keine Sorgen. Sein Herz allerdings klopfte unruhig.
    »Was ist?« In den beiden Worten lag eine Welt von
Trotz und Herausforderung. Seth stand steifbeinig da und wartete auf eine Reaktion.
    Doch Cam runzelte nur die Stirn und trank von seinem aufgepeppten Kaffee. Mit einer Hand streichelte er zerstreut den Welpen, der tapfer auf seinen Schoß zu klettern versuchte. Er sah einen mageren Jungen vor sich in einer noch steifen, offenbar neuen Jeans, mit einem spöttischen Lächeln, das du kannst mich mal sagte, und Ray Quinns Augen. »Setz dich.«
    »Ich kann stehen.«
    »Ich hab’ dich nicht gefragt, was du kannst, ich hab’ dir gesagt, du sollst dich setzen.«
    Auf dieses Stichwort hin ließ Foolish gehorsam sein ausladendes Hinterteil auf den Fußboden plumpsen. Seth und Cam starrten einander nur an. Der Junge gab zuerst nach. Sein ruckartiges Schulterzucken veranlaßte Cam, heftig seinen Becher abzusetzen. Das war eine typische Quinn-Geste. Cam brauchte etwas Zeit, um sich zu fangen und zu sammeln. Doch seine Gedanken blieben wirr und ließen sich nicht ordnen. Was sollte er bloß zu diesem Jungen sagen?
    »Hast du was gegessen?«
    Seth beobachtete ihn mißtrauisch unter seinen mädchenhaft dichten Wimpern hervor. »Ja, ich hab’ was gekriegt.«
    »Tja, Ray – hat er mit dir über … gewisse Dinge gesprochen? Pläne für deine Zukunft?«
    Die Schultern zuckten erneut. »Ich weiß nicht.«
    »Er wollte dich adoptieren. Du wußtest davon?«
    »Er ist tot.«
    »Ja. Er ist tot.«
    »Ich gehe nach Florida«, platzte Seth heraus. Dieser Gedanke war ihm gerade gekommen.
    Cam trank seinen Kaffee, er schien nur oberflächlich interessiert zu sein. »Ach ja?«
    »Ich habe Geld. Ich hab’ mir gedacht, daß ich morgen früh abreisen kann, einen Bus nach Süden nehme. Du kannst mich nicht aufhalten.«
    »Und ob ich das kann.« Cam, der sich jetzt sicherer fühlte, lehnte sich auf seinem Stuhl zurück. »Ich bin größer als du. Was willst du in Florida anfangen?«
    »Ich kann mir Arbeit suchen. Ich kann vieles machen.«
    »Andere beklauen, draußen am Strand schlafen.«
    »Vielleicht.«
    Cam nickte. Genau das hatte er auch vorgehabt, als er nach Mexiko wollte. Zum ersten Mal sah er eine Möglichkeit, sich mit dem Jungen zu verständigen. "Ich nehme an, du kannst noch nicht Auto fahren.«
    »Ich könnte es, wenn ich es müßte.«
    »Heutzutage ist es nicht mehr so leicht, ein Auto zu knacken, wenn man keine Erfahrung damit hat. Und du mußt beweglich sein, um den Cops zu entgehen. Florida ist keine gute Idee.«
    »Dahin gehe ich aber.«
    »Nein, das tust du nicht.«
    »Du schickst mich nicht zurück.« Seth sprang auf, und sein magerer Körper zitterte vor Angst und Wut. Die plötzliche Bewegung und der Aufschrei trieben den Welpen in die Flucht. "Du hast keine Verfügungsgewalt über mich, du kannst mich nicht zwingen, zurückzugehen.«
    »Zurück wohin?«
    »Zu ihr. Ich gehe jetzt. Ich hole meine Sachen und bin dann weg. Und wenn du glaubst, daß du mich davon abhalten kannst, ist dein Hirn voll Scheiße.«
    Cam erkannte die Haltung wieder – gefaßt auf einen Schlag, jedoch bereit, sich zu wehren. »Hat sie dich verprügelt?«
    »Das geht dich verdammt noch mal nichts an.«
    »Ray hat dafür gesorgt, daß es mich was angeht. Wenn du durch diese Tür gehst«, fügte er hinzu, als Seth auf den Fußballen wippte, »hole ich dich einfach wieder zurück.« Cam seufzte nur, als Seth losrannte. Als er ihn einen Meter vor der Haustür eingeholt hatte, mußte er Seths Schnelligkeit Respekt zollen. Und als er den Jungen um die Taille packte und den Faustschlag an seinem bereits
lädierten Kinn spürte, nötigte ihm auch dessen Kraft Bewunderung ab.
    »Nimm deine verdammten Hände weg, du Mistkerl. Ich bring dich um, wenn du mich anrührst.«
    Grimmig schleifte Cam ihn ins Wohnzimmer, drückte ihn in einen Sessel und hielt ihn dort fest. Ihre Gesichter waren nur wenige Zentimeter voneinander entfernt. Wäre es nur Zorn

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