Tief im Hochwald - Kriminalroman
diesem strahlend schönen Herbsttag, den er im Freien würde verbringen dürfen.
»Mein Sohn Thorsten würde gern mitkommen. Er wollte eigentlich zusammen mit seinen Freunden cachen, aber Sie haben ihnen das ja verboten. Da dachte er, vielleicht kann er mit uns mitkommen und unter polizeilicher Aufsicht mit Ihnen diese seltsamen Dosen suchen. Ist das okay?«, fragte Landscheid in nörgelndem Tonfall.
Vanessa überlegte. Einerseits hätte sie mit dem Kollegen gern die weitere Strategie besprochen, andererseits hatte sie Angst vor dessen Geschwätzigkeit und davor, dass der Pastor gewarnt werden könnte, bevor sie selbst mit ihm sprechen konnte. Wenn Thorsten dabei wäre, hätte sie einen guten Grund, nicht mit Landscheid über die Ermittlungen zu sprechen. Darum stimmte sie zu, den Sohn mitzunehmen, aber keine weiteren Jugendlichen. Sie würde ihm einschärfen müssen, sich im Hintergrund zu halten und nur zu beobachten, nicht aber selbst die Dose anzufassen, wenn sie überhaupt eine fänden.
Es war fast halb eins, als Vanessa mit Vater und Sohn Landscheid loszog. Sie hatte sich in der Zwischenzeit mit ihrem Handy befasst und hatte nun eine Vorstellung davon, wie sie den ersten Cache mit Hilfe ihres Handys finden könnte. Sollte sie an der Technik scheitern, müsste sie die beiden nach Hause schicken und sich doch Hajo und Johannes anschließen, die erst später, nach dem Totenkaffee in der »Post«, aufbrechen würden. Da es ein klarer, wenn auch kühler Tag war, würde es recht lange hell sein. Sie konnten sich daher durchaus Zeit lassen.
Thorsten hatte sich im Internet mit Jonas übers Cachen ausgetauscht und erklärte seinem Vater voller Begeisterung, wie alles funktionierte. Sie hatten sich auf ein Gebiet südlich von Hellersberg beschränkt, während Ingo und Bernadette nördlich und Hajo und Johannes östlich suchen würden. Der erste Cache war von der Straße aus schnell zu erreichen. Auto abstellen, ein kurzes Stück in den Wald hineingehen, loggen, weiterfahren. Das war noch nach Heiner Landscheids Geschmack: nicht viel Bewegung und ein schneller Erfolg. Beim zweiten Cache ging es noch schneller, er war direkt auf einem Wanderparkplatz zu finden. Die Suche nach dem dritten Cache führte sie an eine Quelle, die in ein steinernes Becken sprudelte. Unter dem gemauerten Becken fand Vanessa eine Dose, die ihrer Meinung nach unverdächtig war, sodass sie Thorsten gestattete, eine kleine Taschenlampe gegen ein Schlüsselband zu tauschen.
»Ich brauche dringend einen Cachernamen, bislang habe ich mich nicht selbst eingetragen. Was meint ihr denn, wie ich mich nennen soll?«, fragte Thorsten. »Ich muss noch loggen.«
Vanessa nickte. Auch sie würde dieses Hobby weiterführen, sie brauchte ebenfalls ein eigenes Profil. »Was machst du noch mal beruflich?«, fragte sie den jungen Mann.
»Ich bin bei einem Zimmermann in der Lehre, letztes Lehrjahr. Warum?«
»Wie wäre es mit ›Auf der Walz‹ oder so?«, schlug Vanessa vor.
»Das klingt gut, schließlich bin ich in dem Fall ein Zimmermann auf Wanderschaft. Was meinst du?«, stupste Thorsten seinen Vater an.
»Hm«, meinte der nur.
»Okay, und unter welchem Namen stehen Sie drin?«, wollte Thorsten von Vanessa wissen.
»Ehrlich gesagt habe ich mich bisher unter Hajos Cachernamen eingetragen. Wie wäre es denn mit › SEK Hochwald‹?«
»Klingt wichtig, das gefällt mir. Ich trag Sie mit ins Logbuch ein«, bot Thorsten an und trug beide in das kleine Notizheft ein.
»Scheint gar nicht so schlecht zu sein, die ganze Sache«, brummte Heiner Landscheid. »Wo ist der nächste Cache?«
»Ich habe einen Cache auf einem Trimm-dich-Pfad rausgesucht. Kennen Sie den?«
»Na klar, der wurde angelegt, als ich wahrscheinlich etwa so alt war wie Thorsten. Da ist ein Parkplatz, von dem aus man in den Wald geht. Ist der angegeben?«
Vanessa blickte auf ihr Handy, das im Moment keinen guten Empfang zwischen den hohen Fichten hatte.
»Ich schlage vor, wir fahren mal dahin, und Sie sehen dann, ob die Angaben auf Ihrem Handy stimmen. Es sind vielleicht zehn Minuten mit dem Auto«, meinte Landscheid, und sie machten sich auf den Rückweg zum Streifenwagen.
Auf dem Parkplatz musste Vanessa ein wenig mit ihrem Handy hin und her laufen, bis sie GPS -Empfang hatte und bestätigen konnte, dass sie sich an der richtigen Stelle befanden. Der Trimm-dich-Pfad war ausgeschildert, und sie gingen einen breiten Weg entlang in den Wald, der mit einer Schranke abgesperrt war. Es
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