Tief im Hochwald - Kriminalroman
konnten Langholztransporter durchfahren, aber sonstige Fahrzeuge waren unerwünscht.
»Haben diese Cacheleger wieder irgendwelche religiösen Namen?«, wandte sich Landscheid an Vanessa.
»Nein, darauf haben wir extra geachtet, sonst hätten wir deren Caches zuerst gesucht. Der Owner, auf dessen Spuren wir gerade sind, nennt sich ›Karlsson vom Dach‹. Der Cache wurde zuletzt vorgestern gefunden, scheint demnach ganz gut zugänglich zu sein. In der Beschreibung steht, man solle die Gelegenheit nutzen, den Trimm-dich-Pfad zu machen.« Vanessa las den Text vor: »Vor vierzig Jahren wurde der erste Trimm-dich-Pfad angelegt, dem zahlreiche weitere in den siebziger Jahren folgten. Seit den Achtzigern verloren Trimm-dich-Pfade durch die Jogging-Bewegung an Bedeutung. Genieß es, dass dieser Pfad noch immer gepflegt wird.«
Thorsten wollte wissen, wie viel Zeit für den Cache veranschlagt war.
»Es ist ein Multicache, wir werden vermutlich die Stationen alle nacheinander machen müssen, um die endgültige Dose finden zu können. Es sind insgesamt acht Teilaufgaben, deren Ergebnisse wir in die Endkoordinaten einsetzen müssen. Da steht übrigens ›Small‹, also die Größe einer Brotdose oder so. Wir müssen aber nicht alle Liegestütze und Armschwünge machen, auch wenn das sicher ein großer Spaß wäre, wenn wir drei uns im Wald körperlich ertüchtigen«, lachte Vanessa.
Landscheid schnaubte verächtlich. Der Pfad war links des befahrbaren Wegs ausgeschildert, und sie traten zwischen die Bäume, als Landscheid fluchte.
»Seht euch an, was die Wildschweine hier wieder gemacht haben. Alles aufgewühlt. Die zerstören noch den ganzen Hochwald«, schimpfte er.
Vanessa konnte, da sie direkt hinter dem stämmigen Kollegen ging, den Schaden bislang nicht sehen, aber als Landscheid zur Seite trat, sah auch sie, dass die Wildschweine auf der Suche nach Futter den ganzen Boden umgepflügt hatten. Als Allesfresser hatten sie zurzeit mit Kastanien und Pilzen reichlich Nahrung im Wald, aber sie suchten üblicherweise auch nach Kleintieren und bohrten mit ihren Rüsseln tiefe Furchen in die Erde.
»Der Trimm-dich-Pfad ist ja quasi zerstört«, stieß der Hellersberger Polizist entsetzt hervor.
»Okay, da haben Sie sicher jemanden, der sich darum kümmert. Wir müssen uns aktuell jedenfalls um diesen Cache kümmern. Da gibt es unterwegs keine Dosen, sondern wir brauchen für die Koordinaten nur verschiedene Angaben von den Trimm-dich-Schildern. Wie viele Liegestütze soll man an Station eins machen, wie viele Baumstämme sind an Station zwei zu besteigen, wie viele Haltegriffe hat die Hangelstation und so weiter? Das machen wir mal eben. Passt nur auf, wo ihr hintretet!«, forderte Vanessa ihre Begleiter auf.
Thorsten ging zügigen Schrittes vor, wohingegen sein Vater wie gelähmt war. Er erzählte Vanessa, er habe schon oft mit den Anwohnern diskutiert, wie es mit dem Schwarzwild weitergehen solle. Einige forderten sogar, sie sollten die Bundeswehr holen, um die Tiere abzuschießen, andere wollten, dass die Polizei die Tiere abschoss. Die Jäger hätten erhöhte Quoten und veranstalteten große Jagden, aber da sich die Anzahl der Tiere in den zum Teil milden Wintern der letzten Jahre verdreifacht habe, würden sie der verstärkten Population nicht Herr. Mittlerweile könne man in jedem einfachen Gasthof Wildschwein zu günstigsten Preisen essen. Die Tiere trauten sich immer näher an die Wohnbebauung heran, würden Mülltonnen umwerfen und deren Inhalt durchstöbern. Zäune böten den bis zu zweihundert Kilo schweren Tieren überhaupt keinen Einhalt, darum forderten die Anwohner von der Gemeinde und vom Land finanzielle Unterstützung zur Errichtung von Mauern, aber dafür stünde wie überall kein Geld zur Verfügung.
So schnell der völlig durchwühlte, aufgeweichte Boden es zuließ, gingen Vanessa und Thorsten von Station zu Station und notierten sich die erforderlichen Zahlen. Thorsten machte einen Armschwung hier und eine Rumpfbeuge dort und ließ sich von den Bemerkungen seines Vaters, der, ohne mitzumachen, an ihnen vorbeizog, nicht bremsen. Die Zahlen notierten sie auf der Cachebeschreibung, die Vanessa ausgedruckt hatte. Unter der letzten Aufgabe stand, wie sie die Zahlen zusammensetzen mussten, um an die Endkoordinate zu gelangen.
»Da hat einer eine Dose in den Wald geworfen«, rief Landscheid, der schon ein Stück weiter zum Ende des Trimm-dich-Pfades gelaufen war, und hob die stark verformte Dose auf. Es
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