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Tief im Hochwald - Kriminalroman

Tief im Hochwald - Kriminalroman

Titel: Tief im Hochwald - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moni
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die Stimmung gegenüber dem Pastor wirkte nicht feindselig, und Vanessa hatte den Eindruck, die Schwiegertochter der Toten habe den richtigen Ton getroffen.
    Der Gottesdienst verlief feierlich und ohne Zwischenfälle, und auch die Bestattung fand planmäßig statt. Heiner Landscheid und Vanessa verabredeten sich für in einer halben Stunde auf der Dienststelle, und Vanessa ging zurück in die Kirche, um mit dem Organisten zu sprechen. Jürgen Rommelfanger saß an seinem Instrument und spielte in Gedanken vor sich hin. Als Vanessa neben ihn trat, schrak er zusammen, und sofort ruhten seine Finger auf den Tasten.
    »Hallo, Herr Rommelfanger, danke, dass Sie sich ein paar Minuten Zeit für mich nehmen. Habe ich Johannes richtig verstanden, dass Sie nur wenig Zeit haben? Ich habe selbst nur maximal zwanzig Minuten, sonst verschiebe ich auch gern ein Treffen mit meinem Kollegen«, bot Vanessa an.
    »Nein, nein, das passt gut. Ich spiele heute Nachmittag noch bei einer Veranstaltung in Kell und möchte mich nicht lange aufhalten.« Rommelfanger spielte nervös an dem untersten Knopf seiner schwarzen Anzugjacke herum. »Ich habe ehrlich gesagt gestern zum allerersten Mal über das Thema mit jemandem gesprochen«, gestand er Vanessa. »Das fällt mir ganz schön schwer, zumal wir hier auch noch an seiner Wirkungsstätte sind.«
    Vanessa zuckte zusammen, darüber hatte sie gar nicht nachgedacht.
    »Ist schon okay«, beschwichtigte sie der Organist. »Es würde mir wahrscheinlich an keinem Ort leichterfallen, also bringen wir es hinter uns.« Er zögerte. »Johannes hat angedeutet, dass Sie eine Vorstellung davon haben, was damals vor rund zwanzig Jahren passiert ist. Anscheinend ist Johannes einigermaßen verschont geblieben, er musste nur « – bei dem Wort lachte er bitter auf – »mit der Scham und der Angst leben. Und mit der Ungewissheit, was damals mit seinem besten Freund passiert ist. Damit, dass niemand Udo geglaubt hat und dieser später selbst nicht mehr wusste, was er glauben sollte. Ansonsten ist er sozusagen unversehrt geblieben. Andere nicht. Ich glaube ehrlich gesagt, Matthias Zimmer ist auch verschont geblieben. Er ist nicht so abgebrüht, dass er ein Klassentreffen organisiert hätte, wenn ihm die Vorgeschichte dieser Klasse so bewusst gewesen wäre. Was mit Roland und Hartmut war, kann ich nicht beurteilen, aber ich würde mich an Ihrer Stelle einmal dringend mit Volker in Verbindung setzen.«
    »Volker?«, fragte Vanessa nach.
    »Volker Gorges, Rechtsanwalt in Frankfurt. Er wohnt im Taunus, und soviel ich weiß, hat er sich auf Fälle von Kindesmissbrauch spezialisiert. Das dürfte kein Zufall sein. Ich habe Ihnen die Liste mit den Adressen und Telefonnummern, die wir für unser Klassentreffen erstellt hatten, einmal ausgedruckt, ich hoffe, das ist für alle Beteiligten in Ordnung.« Rommelfanger zog ein zerknittertes Blatt Papier aus seiner Jackentasche, das er zu einer Rolle gedreht hatte.
    »Herr Rommelfanger, waren Sie selbst von körperlichem Missbrauch betroffen?«, fragte Vanessa.
    Er blickte hinauf zu den beeindruckenden Pfeifen seines Instrumentes. »Ich wollte ein Leben lang schon Organist werden. Kein Pianist, ich wollte an solch einer Orgel sitzen und Kirchen mit meiner Musik füllen. Sie glauben gar nicht, wie schwer es mir nach meinen Erfahrungen gefallen ist, diesen Wunsch nicht aufzugeben. Aber Orgeln kann man eben nur in Kirchen spielen, da gibt es keine Alternative. Es hat mich lange Zeit gekostet, diesen Ort wieder zu betreten, das können Sie mir glauben.« Wieder stockte er. »Der Körper vergisst die Demütigungen vielleicht, aber der Kopf nicht. Nicht am Tag und erst recht nicht in der Nacht.«
    Vanessa lief ein Schauer über den Rücken. »Herr Rommelfanger, bitte entschuldigen Sie meine Beharrlichkeit, aber was ist Ihnen zugestoßen?«
    Rommelfanger sah sie lange an und blickte schließlich auf seine Hände, die auf den Tasten ruhten. »Frau Kommissarin, es dauert viel zu lange, Ihnen das jetzt zu schildern. Das wollen Sie in der Kürze und hier in der Kirche auch gar nicht hören.«
    »Gibt es weitere Orte, die Sie mit den Geschehnissen von damals in Verbindung bringen? Wir fürchten, es könnten weitere Morde geschehen, und wir würden gern dem Täter einen Schritt voraus sein«, sagte Vanessa.
    »Darüber habe ich seit gestern schon gegrübelt. Wir waren häufig in der Eifel in der Teufelsschlucht, wir waren zelten, aber das war an ganz verschiedenen Orten. Außerdem waren wir

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