Tief im Hochwald - Kriminalroman
war eine Brotdose mit einem Deckel zum Festklicken, wie sie häufig von Cachern benutzt wurde. Sie hatte deutliche Bissspuren, und eine Seite war gebrochen, aber die Wildschweine hatten die Dose nicht ganz geknackt.
»Hey, ihr könnt aufhören, ich hab euren Schatz gefunden. Zumindest sind das gleiche Zeichen und so ein Zettel innen in die durchsichtige Dose geklebt, dass es sich um den Teil eines Spieles handelt«, rief er triumphierend in den Wald und machte dabei den Deckel auf. Mit einem Schrei ließ er die Dose fallen, wodurch Vanessa und Thorsten, die gerade lachend über einen Baumstamm balancierten, vollends auf ihn aufmerksam wurden und zu ihm herüberkamen.
Landscheid war blass geworden und setzte sich auf einen Baumstumpf, wo er sich den Schweiß von der Stirn wischte.
»Vater, was ist los?«, fragte Thorsten und legte ihm eine Hand auf die Schulter.
»Da«, sagte sein Vater und zeigte auf den Boden, wo er eben noch gestanden hatte.
Geistesgegenwärtig zog Vanessa Latexhandschuhe, die inzwischen zu ihren ständigen Begleitern geworden waren, aus der Tasche. Auf dem Boden lagen einige Gegenstände verstreut, die Vanessa als einen Kreisel, einen Luftballon, einen kurzen Bleistift, einen Einkaufschip in einem Halter und eine Wanderkarte erkannte. Unter dem Logbuch schien noch etwas zu liegen, aber Vanessa machte zunächst ein Foto mit ihrem Handy, bevor sie das Notizheft aufhob. Darunter lag ein abgetrennter Mittelfinger, um den eine billige Kette mit rosafarbenen größeren und kleineren Perlen und einem kleinen Kreuz gewickelt war. Vanessa musste schlucken. Thorsten trat neben sie, erkannte, was seinen Vater so aus der Bahn geworfen hatte, und erbrach sich. Vanessa sprang zurück, damit ihre Hose keine Spritzer abbekam, und führte den jungen Mann dann zu dem Baumstumpf, auf dem sein Vater saß.
»Ihr seid echte Helden. Ein Wildschwein könntet ihr wahrscheinlich aufbrechen, aber so was wirft euch aus der Bahn. Soll ich das Auto holen?«
»Wie geht es bloß weiter?«, erkundigte sich Landscheid mit zitternder Stimme.
»Also erst einmal können die anderen beiden Teams ihre Suchen abbrechen. Einen wichtigen Cache haben wir auf jeden Fall gefunden, ich hoffe, dass es der einzige war und nicht noch mehr im Wald versteckt sind.« Sie blickte auf ihr Handy, das zwischen den Fichten wieder keinen Empfang hatte.
»Ohne Sie und die Wildschweine hätten wir den Cache nie gefunden, mein Handy lässt mich im Wald jedenfalls im Stich. Hat einer von euch ein Handy, mit dem man auch im Hochwald telefonieren kann?«, fragte Vanessa.
Landscheid zitterte so sehr, dass er gar nicht in seine Tasche greifen konnte, aber Thorsten antwortete, sie könne seins benutzen. Vanessa setzte ihren Rucksack ab und bot beiden Männern einen Schoko-Müsli-Riegel an, damit sich ihre Mägen ein wenig beruhigten. Danach rief sie erst Ingo an und teilte ihm mit, dass er und Bernadette ihre Suche abbrechen könnten, und bat sie zu kommen. Vanessa gab ihnen die Koordinaten des Parkplatzes durch und schlug vor, sie sollten sehen, ob die Schranke abgeschlossen sei und ob sie mit dem Auto bis in die Nähe ihres Standortes fahren könnten. Den konnte sie allerdings nur beschreiben, da die Navifunktion ihres Handys keine verwertbaren Angaben lieferte, aber sie würden gleich noch mal telefonieren, sobald die beiden auf dem Waldweg seien. Ingo mutmaßte, dass sie mindestens zwanzig Minuten zu ihnen brauchen würden, da sie selbst auch erst zu ihrem Auto zurückgehen müssten. Als Nächstes rief Vanessa Hajo an und teilte ihm ebenfalls mit, es sei nicht mehr notwendig, weiterzusuchen, sie hätten den Cache gefunden, der im Zusammenhang mit dem letzten Mord stand.
Vorsichtig schlug Vanessa das Logbuch auf und las den letzten Eintrag. Er war auf Sonntagmorgen, halb elf, datiert, folglich gerade viereinhalb Stunden alt, sofern die Angaben stimmten. Im Logbuch stand: »Mit viel Herzblut hast du diesen Cache gelegt. TFTC . Cache me if you can.« Darunter war zu lesen: »In: Finger, Out: Leben.« Das Besondere war, dass dieser Eintrag nicht handschriftlich gemacht, sondern am Computer erstellt und anschließend ausgedruckt und eingeklebt worden war, was bedeutete, dass die Uhrzeit nur eine ungefähre Angabe sein konnte und keinesfalls stimmen musste.
Vanessa packte den Finger in eine Beweismitteltüte und steckte das Logbuch in einen zweiten Beutel. Vera Jungblut hatte gestern bei der Überlegung, warum Thomas Jungblut ausgerechnet der
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