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Tief im Hochwald - Kriminalroman

Tief im Hochwald - Kriminalroman

Titel: Tief im Hochwald - Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moni
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den ersten Punkt noch einmal aufgreifen, den Sie genannt haben: die Musik.«
    Alexandra Stüber, die rechts außen am Tisch des Festausschusses saß, stand nun auf und setzte sich mit geübter Sängerstimme und großen Gesten in Szene. Sie verzichtete bewusst auf ein Mikrofon, damit ihre Stimme gerade so leise war, dass alle gut zuhören mussten und keiner mehr mit seinem Sitznachbarn reden konnte, und trotzdem laut genug war, um bis zum letzten Platz gehört zu werden. Jedes ihrer blond gesträhnten, schulterlangen Haare saß an seinem Platz, und ihre große, schlanke Figur mit den stets modischen Kleidern, die ausgesucht lässig wirkten, zog Aufmerksamkeit auf sich.
    Es folgte ein ausschweifender Monolog über ein geplantes Gospelkonzert in der Kirche, der im Wesentlichen ihren Mann Friedhelm als Chorleiter, sie selbst als Solistin und irgendwie auch den Kirchenchor und Jürgen Rommelfanger als Organisten einschloss. Alexandra ließ keinen Zweifel daran, dass sie ihren Mann am Keyboard für die bessere Wahl halte, Pastor Lämmle aber darauf bestanden habe, dass zur Kirche auch ihr Organist gehöre.
    Der neue Pastor lächelte gequält. Er kam aus Schwaben und hatte im Hochwald bislang nicht so recht Fuß fassen können. Er sprach im wahrsten Sinne des Wortes nicht die Sprache der Hochwälder. Er war zuvor in einer kleinen Gemeinde in seiner Heimat tätig gewesen, und seine Versetzung in den Hunsrück war eine große Herausforderung für ihn, der er mit Anfang vierzig bislang nicht gewachsen zu sein schien. Er machte mit dem leicht schütteren Haar und der runden Brille, die seine ohnehin schon hohe Stirn noch höher erscheinen ließ, einen recht intellektuellen und gelehrten Eindruck, was auf manchen Hochwälder befremdlich und hochmütig wirkte. Aufgrund seiner Größe ging er leicht vornübergebeugt und damit immer seinem Zuhörer zugewandt, was ihn bei wohlwollender Betrachtung sehr sympathisch machte.
    Aber gerade Alexandra Stüber, die Frau des Chorleiters, machte es dem neuen Pastor immer wieder schwer. Sie ließ ihn ständig spüren, dass er nicht gebürtig aus dem Hochwald kam und nicht richtig hergehörte. An allem hatte sie rumzumäkeln. Die Liturgie war anders als bei Pastor Feldmann, bei Pastor Feldmann waren bislang viel mehr Leute in die Messe gegangen, Pastor Feldmann hatte eine viel bessere Auswahl an Liedern … Die Wahrheit war, dass es Josef Feldmann völlig egal gewesen war, welche Lieder gesungen wurden, er hatte da schlichtweg Friedhelm und Alexandra Stüber ihren Willen gelassen. Feldmann war manipulierbarer und gleichmütiger gewesen, sofern es nicht um Glaubensfragen ging, aber das machte den alten Pastor nicht automatisch zum besseren Geistlichen.
    »Wir hätten es ja bevorzugt, das Konzert auf dem Kirchplatz abzuhalten, aber schließlich mussten andere ihre Interessen durchsetzen und einen«, sie spuckte das folgende Wort förmlich aus, » Handwerkermarkt initiieren.«
    »Danke, Frau Stüber, wie reizend, dass Sie direkt darauf zu sprechen kommen, da kann ich gleich anschließen«, riss Bürgermeister Justinger das Wort wieder an sich. Er fuhr damit fort darzulegen, wer welche Aktivitäten angeboten hatte, und betonte, sie alle brauchten weiterhin reichlich Unterstützung. Viele Hände reckten sich, ein Kuchen- und ein Salatbuffet wurden vorgeschlagen, der Förster war sicher, sein Bruder aus Hermeskeil würde Biertischgarnituren zur Verfügung stellen, wenn die Getränke bei ihm bezogen würden, und so wurde lebhaft und mit erstaunlich großer Beteiligung geplant.
    »Ich möchte außerdem erwähnen«, verschaffte der Bürgermeister sich abermals Gehör, »dass unser Dorfkünstler Rolf Trost sich bereit erklärt hat, einige seiner Kunstwerke an verschiedenen Orten im Dorf auszustellen. Leider konnten wir Herrn Trost ja nicht als festes Mitglied des Planungsausschusses gewinnen, will sagen, Herr Trost kam leider nicht zu allen anberaumten Terminen.« Justinger, der sich diesen Seitenhieb nicht hatte verkneifen können, wandte sich an den Künstler, der in der letzten Reihe saß: »Herr Trost, wenn Sie mal eben Ihr Konzept kurz vorstellen könnten.«
    Trost ließ sich erst ein wenig bitten. Er fuhr sich mit beiden Händen, die von körperlicher Arbeit gezeichnet waren, durch die langen, grau melierten Locken und rückte seine schwarze Brille zurecht. Endlich stand er auf, blieb aber an seinem Platz stehen und verkündete wahrheitsgemäß: »Ein Konzept habe ich so gesehen gar nicht

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