Tief im Hochwald - Kriminalroman
Misstrauen entgegenschlägt. Die Leute fürchten sich vor einem weiteren Mord.«
Vanessa stand an der Spüle, schnitt Brötchen auf, butterte sie und belegte sie mit Wurst, Schinken und Käse, den der Metzger zur Abrundung seines Sortimentes ebenfalls führte.
»Kochen Sie bitte ein paar Kannen Kaffee und stellen Sie Tassen und Teller bereit«, bat Vanessa. »Ich habe vom Bäcker einen Liter Milch mitgebracht und Würfelzucker. Ich kenne meine Trierer Kollegen, die arbeiten umso besser, wenn sie Kaffee und etwas zu essen haben. Und wir müssen schnell und effizient arbeiten.«
Kaffee kochen und Geschirr auf den Tisch stellen konnte ihr Kollege im Grunde besser, als komplizierte Polizeiarbeit zu verrichten, vermutete Vanessa. Während er Seite an Seite mit ihr Brötchen schmierte, schien er langsam wach zu werden.
»Manchmal frage ich mich, was ich eigentlich vor den Morden in Hellersberg gearbeitet habe. Sonst kommen Meldungen von geklauten Mofas, ich kontrolliere Baustellen, ob da alles ordnungsgemäß läuft, ich verteile Strafzettel, wenn bei einer Feier allzu wild geparkt wird. Das scheint im Moment alles zu ruhen. Seltsam, oder?«
»Hoffentlich ist es nicht die bekannte Ruhe vor dem Sturm«, meinte Vanessa, wusch sich die Hände und stellte einen Teller mit appetitlich angerichteten Brötchen auf ihren Schreibtisch.
»Wann kommen die Kollegen?«, erkundigte sich Landscheid.
»Wir hatten acht Uhr dreißig vereinbart, also in einer Viertelstunde. Aber einige kommen sicher schon früher.« Vanessa blickte aus dem Fenster und sah, wie ein Auto vor der Wache vorfuhr und neben dem Streifenwagen einparkte. »Da kommt Gunter Hermesdorf, den Sie schon kennen. Er sitzt nicht allein im Auto. Das da neben ihm ist Charlotte Baumgart, unsere Polizeipsychologin. Hinten sitzt unser Computerfachmann, den alle nur ›Freak‹ nennen, und daneben Bernadette Schubert, die Kollegin von der Kriminaltechnik. So, Herr Kollege, auf ins Gefecht!« Sie straffte sich, warf einen Blick in den Spiegel auf der Toilette und ging nach vorn, als gerade die Tür aufging.
Inzwischen saßen sie zu zwölft im hinteren Zimmer. Kevin Wahlen war aus Hermeskeil zu ihnen gestoßen und hatte sich abermals ausgiebig wegen des Taschenmessers entschuldigt, das tatsächlich nicht sein eigenes gewesen war. Er hatte es bereits an die Kriminaltechnik weitergeleitet, aber außer seinen und Zilks waren keine weiteren Fingerabdrücke darauf gefunden worden. Der Polizeipräsident hatte aus Trier weitere fünf Kollegen zur Verstärkung geschickt. Landscheid hatte in der »Post« angerufen und Ruth Eiden gefragt, ob er ein paar Stühle leihen könnte, da sie auf der Wache nur sechs hatten. Vielleicht würden sie in den nächsten Tagen im hinteren Zimmer der Gaststätte tagen müssen, weil die Wache einfach zu eng war, aber sie scheuten sich davor, einen Raum, der nicht völlig von neugierigen Blicken und Ohren abgeschirmt war, für die Ermittlungen zu nutzen. Gunter Hermesdorf hatte zusammen mit Vanessa die Leitung der Soko übernommen.
Nachdem sich alle einen Überblick über den aktuellen Stand der Ermittlungen verschafft hatten, meinte Vanessa, es sei an der Zeit, der Tochter von Frau Ostermann mitzuteilen, dass die Leiche mittlerweile zur Beerdigung freigegeben worden sei. Als Vanessa und Landscheid die Polizeiwache verließen, entdeckten sie die Niederländer, die vorgestern nach dem Schmied gefragt hatten. Diese gestikulierten wild und liefen auf den uniformierten Landscheid zu. Ihre ersten Worte waren unverständlich, weil sie durcheinander auf Holländisch auf Vanessa und Landscheid einredeten. Beide sahen gar nicht mehr nach Urlaub aus, sondern wirkten außerordentlich verstört. Die Frau wies immer wieder hinter sich, wo Vanessa einige Häuser entfernt das Wohnmobil vor dem Haus des Schmieds stehen sah. Vanessa versuchte, beruhigend auf die beiden einzureden, als die Frau in Tränen ausbrach. Ihr Mann nahm sie in den Arm, und Vanessa bedeutete ihnen, sich auf die Gartenmauer zu setzen, vor der sie gerade standen, weil sie Angst hatte, die Frau könne jeden Moment zusammenbrechen. Endlich hatte der Mann sich so weit gefasst, dass er auf Deutsch erklären konnte, sie seien gestern wie empfohlen zum Schmied gegangen, um ein Ersatzteil für ihr Wohnmobil fertigen zu lassen. Heute hatten sie es abholen sollen. Die Tür zur Werkstatt habe offen gestanden, darum seien sie einfach hineingegangen. Drinnen habe der Schmied vor einem verglühten Feuer gesessen
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