Tief im Hochwald - Kriminalroman
und – hier rang er nach den richtigen Worten – sei anscheinend tot.
Vanessa und Landscheid baten die beiden, auf der Polizeiwache auf sie zu warten, und nahmen direkt die Kollegen von der Spurensicherung und Gunter mit.
Sobald Vanessa den Schmied sah, wusste sie, dass sie keinen Notarzt mehr brauchten, sondern schon wieder Dr. Breuer von der Gerichtsmedizin. Das sonst von der ständigen Arbeit nah am Feuer gerötete Gesicht des Schmieds wirkte blass und verfallen, seine Augen waren tief eingesunken.
»Ich habe den Eindruck, im Hochwald müsste ich immer mit Handschuhen rumlaufen«, murmelte Vanessa und reichte auch Landscheid ein Paar Latexhandschuhe. Sie suchte zwar noch den Puls des Mannes, wählte aber zugleich die Nummer von Dr. Breuer.
Franz Schuster war ein kleiner, aber kräftiger Mann Ende vierzig. Er trug die übliche Schürze eines Schmieds, hatte von der Arbeit geschwärzte Finger und nur einen spärlichen Haarkranz. Soweit Vanessa bislang mitbekommen hatte, wohnte er allein über seiner Werkstatt. Der Betrieb warf gerade genug für ihn selbst ab, Angestellte hatte er keine. Vanessa fragte sich, ob er immer in der Werkstatt aß, denn auf der Werkbank standen ein Topf mit kalter, fettiger Hühnerbrühe, daneben eine Flasche Mineralwasser sowie eine Tasse kalter Tee.
Recht schnell kam Dr. Breuer zu der Überzeugung, dass der Schmied nicht durch äußere Gewalteinwirkung gestorben sei. Die Spurensicherung nahm Proben der Suppe, obwohl der Löffel, der neben dem Topf lag, noch unbenutzt war. Die Getränke wurden abgefüllt und eingepackt, wobei der Tee als Brombeerblättertee identifiziert wurde, da der Beutel aus der Apotheke auf der Spüle in der Küche im Obergeschoss lag.
Schlammspuren an den Wanderschuhen des Schmieds sowie die Reste im Müll in der Küche legten den Verdacht nahe, dass er Pilze gesammelt hatte.
»Frau Kollegin, ich denke, bis morgen Mittag bin ich einen Schritt weiter. Ich fürchte, das ist das erste Todesopfer dieser Pilzsaison«, sagte der Rechtsmediziner.
»Ich kann nicht einmal Champignons von Fliegenpilzen unterscheiden, sondern gerade mal geschnittene Champignons von ganzen Champignons, deshalb traue ich mich an Pilze nicht heran. Können Sie mir Näheres erklären?«, bat Vanessa den Arzt.
»Ich hasse Spekulationen, aber ich glaube, da können wir uns den Weg in die Rechtsmedizin nach Mainz sparen. Können Sie morgen bei mir in Trier vorbeikommen? Bis dahin bin ich sicher schon einen großen Schritt weiter.«
Nachdem der Schmied abtransportiert war, fuhr Vanessa zur Apotheke nach Hermeskeil, deren Aufkleber auf der Teepackung gewesen war. Landscheid hatte ihr erklärt, der Apotheker wohne im ersten Stock, sei aber bestimmt so kurz vor Quartalsende in der Apotheke zu finden, selbst am Mittwochnachmittag.
»Sicher kann ich mich erinnern. Der Mann kam am Sonntag zu mir in den Notdienst. Er erzählte mir, er habe Samstag auf der Kirmes gut gezecht und fühle sich miserabel. Er klagte über heftigen Durchfall und Erbrechen. Er konnte sich kaum auf den Beinen halten, hatte massive Kreislaufbeschwerden. Außer Medikamenten gegen Brechdurchfall habe ich ihm Brombeerblättertee mitgegeben, der wirkt zusammenziehend, blutreinigend und lindert Durchfälle. Ich habe ihm auch empfohlen, eine kräftigende Hühnersuppe zu kochen, weil bei Durchfall jede Form von Flüssigkeitszufuhr wichtig ist. Am Montag habe ich ihn noch einmal kurz in Hellersberg auf der Kirmes gesehen, da sah er wieder wesentlich besser aus und hat sich für meine Hilfe bedankt. Ich kann es nicht glauben, dass er jetzt tot sein soll.« Kopfschüttelnd starrte der Apotheker vor sich hin.
»Kennen Sie sich mit Pilzvergiftungen aus?«, fragte Vanessa.
»Marie-Luise, kommst du mal bitte?«, rief der Apotheker nach hinten. Wieder an Vanessa gewandt, sagte er: »Darauf hat sich meine Frau spezialisiert. Ich selbst bin ein Stadtmensch und kenne mich da nicht so aus, aber meine Frau kommt von hier und ist früher schon mit ihren Großeltern in den Wald gegangen zum Pilzesammeln.«
Aus den hinteren Räumen kam eine Frau Anfang fünfzig mit einer aufwendigen Hochsteckfrisur und langen, spitzen Fingernägeln nach vorn, die Vanessa sich nur sehr schwer als Pilzsucherin im Wald vorstellen konnte.
»Liebes, das ist eine Kommissarin aus Trier, Frau …«
»Vanessa Müller-Laskowski«, half sie ihm aus.
»Erinnerst du dich, ich hatte am Sonntag im Notdienst doch den einen Hellersberger, den wir Montag noch auf der Kirmes
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