Tief in meinem Herzen
erfolgreichsten Privatbank Italiens. Mein Vater hat mir von klein auf eingeschärft, Macht sei das Wichtigste im Leben“, fuhr er verbittert fort. „Mir war damals nicht klar gewesen, dass man für alles einen Preis zahlen musste.“
Cesario verzog das Gesicht, als der Alkohol beißend seine Kehle hinabrann. Es hatte Zeiten gegeben, damals, kurz nach Nicolos Tod, in denen er ohne Alkohol den Tag nicht überstanden hätte. Er hatte nie mit jemandem über seinen Kummer geredet. Nicht einmal mit seinen engsten Freunden. Schließlich hatte sein Vater ihn von klein auf gelehrt, dass Piras-Männer keine Gefühle zeigten.
In diesem Moment jedoch hatte er zum ersten Mal, seit er ein kleiner Junge war, das Gefühl, seine Emotionen nicht mehr kontrollieren zu können. Es ist Beth, dachte er. Sie hatte ihn mit ihren grünen Augen verzaubert und ließ ihn Gefühle wahrnehmen, die er nicht spüren wollte. So viel Mitgefühl und Einfühlsamkeit waren ihm einfach fremd. Er wusste jedoch, sie würde ihn nicht verurteilen, wenn er ihr von Nicolo erzählen würde.
„Hat Raffaella dich geliebt?“, fragte sie vorsichtig.
Es war Zeit, der Vergangenheit ins Auge zu sehen, dachte Cesario reumütig.
„Vielleicht zu Beginn unserer Beziehung“, gab er zu. „Aber sie hat nie über ihre Gefühle gesprochen. Und es passte mir gut, dass sie offensichtlich zufrieden war mit der Beziehung, die wir hatten. Sie basierte auf Freundschaft und Respekt. Liebe kannte ich damals noch nicht. Bis ich meinen Sohn das erste Mal im Arm hielt. Da wurde mir klar, dass es keine größere Kraft als die der Liebe gibt.“
Mit einem Zug leerte er sein Glas und trat an das Fenster, um den aufgehenden Mond zu betrachten.
„Nicolo hat meinem Leben einen neuen Sinn gegeben. Macht, Geld, die Bank – irgendwie bedeutete mir das alles nicht mehr so viel. Was zählte, war nur noch mein Sohn. Ich habe damals nicht gesehen, dass Raffaella Nicolo genauso sehr liebte wie ich.“
„Allegra Ricci hat mir erzählt, du hättest Raffaella nach eurer Trennung verboten, Nicolo zu sehen.“
Cesario zog die Brauen hoch.
„Hat sie das?“ Er schüttelte den Kopf. „Das stimmt so nicht. Raffaella hatte eine Affäre und wollte mich für ihren Liebhaber verlassen. Ich habe es ihr nicht übel genommen. Ich war für sie nie der Ehemann, den sie sich gewünscht und den sie verdient hätte“, fuhr er fort. „Aber ich habe nicht ertragen, dass sie mir meinen Sohn wegnimmt. Ich war allerdings bereit, das Sorgerecht mit ihr zu teilen. Irgendwann hatten wir einen schlimmen Streit. Ich bestand darauf, dass Nicolo hauptsächlich im Castello del Falco leben sollte. Raffaella passte das nicht. Sie wollte, dass er die meiste Zeit bei ihr verbringt.“ Cesarios Stimme wurde rau. „Nach einem besonders heftigen Streit schnappte sie sich Nicolo und fuhr mit ihm davon. Es hat geregnet, und wahrscheinlich ist sie zu schnell gefahren.“ Er stockte. „Ich habe den Unfall gehört. Das Geräusch des Aufpralls verfolgt mich noch immer in meinen Träumen. Ich ahnte, was passiert war. Und dann bin ich gerannt. Mein schlimmster Albtraum wurde wahr, als ich das Auto auf dem Dach liegend in einem Abgrund neben der Straße sah.“
Ihm war bewusst, wie schockiert Beth von seiner Beichte sein musste. Doch jetzt, wo er einmal angefangen hatte zu erzählen, strömten die Worte nur so aus ihm heraus.
„Ich bin wie ein Irrer runtergeklettert, hab mich an Baumwurzeln und Felsen festgeklammert. Als ich durch die Fenster schaute, hab ich sofort gesehen, dass Raffaella tot war. Aber Nicolo … ich habe gebetet, dass er noch lebte.“
„Mein Gott …“, flüsterte Beth. Sie wollte zu ihm gehen, seine Hand nehmen und ihn irgendwie trösten. Doch sie spürte, er musste diesen Schmerz noch einmal allein durchleben. Vielleicht war es das erste Mal, dass er überhaupt über den Unfall sprach.
„Ich musste das Fenster mit bloßen Händen zerschmettern, um ihn herauszuholen. Ich habe nicht einmal gemerkt, dass das Glas mir das Gesicht zerschnitten hat.“ Mit einer Hand fuhr er sich über die Narbe in seinem Gesicht. Seine Stimme wurde zu einem erstickten Flüstern. „Ich bin fast verrückt geworden. Ich hielt ihn in meinen Armen und hab ihn geschüttelt. Ich wollte, dass er die Augen aufmacht und Papà sagt.“ Er begann zu zittern. „Doch es war zu spät. Mein Sohn war tot.“
Tränen liefen Beth über die Wangen, als sie auf Cesario zuging und ihn umarmte. Wie hatte sie nur glauben können, er
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