Tiefer gelegt
sagte ich. »Ich bin beeindruckt.«
»So beeindruckend ist das auch wieder nicht«, sagte Hooker. »Ich habe ziemlich lange Leerlaufzeiten, und ich vertreibe
mir die Zeit oft mit Surfen. Hier hatte ich einfach Glück. Maria benützt den gleichen Browser wie ich, sodass ich ungefähr
wusste, was ich zu tun hatte.« Hooker begann, sich durch die
einzelnen Seiten vorzuarbeiten. »Okay, jetzt bekomme ich
wirklich Angst«, sagte er. »Sie hat sich nicht gerade Schminktipps aus dem Netz gezogen. Angefangen hat sie mit kubanischer Geschichte. Der Raketenkrise unter Kennedy, um genau
zu sein. Von da aus hat sie sich zu anderen Seiten durchgeklickt, auf denen darüber berichtet wird, welche Munition die
Sowjets auf die Insel brachten. Sie informiert sich über Atomsprengköpfe. Und dann ruft sie Seiten über chemische Kampfstoffe auf.«
»Vielleicht hat jemand anderes ihren Computer benutzt«,
sagte Rosa. »Zum Beispiel ihre Mitbewohnerin.«
Alle sahen Rosa an.
»Schon gut«, sagte sie. »Was habe ich mir nur dabei gedacht?«
»Außerdem hat sie sich über Gold informiert«, fuhr Hooker
fort. »Gewichte und Maße und so.«
»Sonst noch was?«
»Nichts Interessantes. Wie ihr sehen könnt, sind die übrigen
Seiten eher unauffällig. Ebay und Wetter.«
Hooker schaltete den Computer aus, und wir zogen aus Marias Schlafzimmer ab. Nachdem wir Barbie ein »Ciao!« zugerufen hatten, verschwanden wir aus der Wohnung. Schweigend traten wir in den Lift und sausten abwärts ins Erdgeschoss. Keiner sprach ein Wort, bis wir das Haus verlassen
hatten und vor dem Porsche am Bordstein standen.
Judey hatte Brian die ganze Zeit über im Arm gehalten.
Jetzt setzte er ihn ab, und Brian hob postwendend das Bein
und pinkelte an den rechten Hinterreifen des Porsches.
»So ein braves Hundchen«, lobte Judey Brian. »Er musste
die ganze Zeit Pipi machen und hat sich bis jetzt beherrscht.«
»Sie wissen, dass es Länder gibt, wo sie Hunde essen « , sagte Rosa.
Ich blätterte in Marias Adressbuch. »Bills Name steht nicht
darin«, sagte ich.
Wir befanden uns an einer Straßenecke, und nur zur Probe
holte ich Bills Schlüssel aus meiner Handtasche und zielte mit
der Fernbedienung auf die Straße. Nichts. Ich drehte mich um
und versuchte mein Glück in der Querstraße. Zwei Autos vor
der Kreuzung begann ein rot-weißer Mini Cooper zu hupen.
»Mach das noch mal«, sagte Hooker.
Ich zielte noch mal mit der Fernbedienung auf den Mini
und bekam die gleiche Reaktion. Der Mini hupte und blendete
mehrmals auf.
»Ich kapiere das nicht«, sagte Rosa. »Was ist das für ein
Auto?«
»Das ist Bills Auto«, antwortete ich ihr. Wer hätte Bill je
zugetraut, einen Mini zu fahren.
Wir gingen zu dem Wagen und schauten hinein.
»Keine Blutflecken«, stellte Hooker fest.
»Wie eklig « , sagte Judey.
Rosa schlug ein Kreuz.
»Sieht so aus, als wären Bill und Maria zusammen verschwunden«, sagte ich.
»Maria hat an einem Tauchprojekt gearbeitet, und alle ihre
Seekarten sind verschwunden. Außerdem fehlt Hookers Yacht.
Daraus schließe ich, dass Wild Bill und Maria auf der Jagd
nach einem versunkenen Schatz sind«, sagte Judey. »Womit
das Rätsel gelöst wäre.«
»Das müsste aber die Mutter aller Schatzsuchen sein«,
schränkte Hooker ein. »Beide haben ihren Job hingeschmissen. Zwei verschiedene Gruppen von Verfolgern sind ihnen
auf den Fersen. Hinter einer dieser Gruppen steht Salzar. Im
Yachthafen wurde ein Wachmann erschossen. Die beiden haben sich meine Yacht ›ausgeliehen‹. Und Maria hat sich über
Gold und Sprengköpfe schlau gemacht.«
»Dass ein Wachmann umgebracht wurde, wusste ich
nicht«, sagte Rosa. »Und was hat Salzar mit alldem zu tun?«
»Es überrascht mich, dass Sie nicht in der Zeitung über den
Mord gelesen haben«, sagte Judey. »Es stand auf allen Titelseiten.«
»In dem Viertel, in dem ich lebe, macht ein Mord keine
großen Schlagzeilen. Wahrscheinlich habe ich den Hawaiihosen-Yachthafen-Mord einfach überlesen. Wahrscheinlich
konnte ich es kaum erwarten, die Comicseite aufzuschlagen.«
»Am Montagabend waren mein Bruder und Maria in einem
Club, und wie es aussieht, sind sie zusammen von dort aufgebrochen, haben Hookers Boot genommen und sind verschwunden.
In derselben Nacht wurde der Wachmann vor der Hafenmeisterei
erstochen. Und gestern Abend ist einer von Salzars Leuten in
Bills Apartment eingebrochen und wollte mich kidnappen.«
Rosa schüttelte den Kopf langsam von links nach rechts.
»Das gefällt mir
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