Tiefer - Im Sog der Lust (German Edition)
gut?“ Connor schüttelte sie, seine Stimme zitterte vor Angst. „Mom, Mom, bitte, sag, dass es dir gut geht.“
Er weinte, fiel Bess auf. Beide weinten. Ihre Söhne weinten, und so schob sie ihre eigene Trauer beiseite und setzte sich auf, zog die beiden in ihre Arme und versicherte ihnen, dass mit ihr alles in Ordnung sei. Dass sie sie nicht verlassen hatte, bevor sie dafür bereit waren.
Sie schob die Trauer noch ein bisschen weiter von sich und ließ sich auf die Beine helfen.
„Mir geht es gut“, sagte sie. „Geht schon mal ins Haus. Ich komme gleich nach.“
Die beiden Jungs wollten sie nicht alleine lassen, aber sie bat sie eindringlich, und so gingen sie schon einmal vor. Bess schaute auf das Meer hinaus, das sich immer brach und doch nie zerbrach, und verabschiedete sich von ihrer Trauer, nicht für ihre Söhne oder für sich, sondern für Nick.
Sie ließ ihn los.
Von der Veranda aus beobachtete Bess die rotierenden Lichter der Strandwache, die den Sand in verschiedene Rot- und Blautöne hüllte. Connor hatte darauf bestanden, die Polizei zu rufen, und Bess hatte nicht widersprochen, auch wenn sie wusste, dass es zwecklos war. Sie hatte ihnen die Wahrheit gesagt, dass sie und ein Mann namens Nick Hamilton zum Schwimmen gegangen waren. Die Unterströmung hatte sie fortgerissen, aber sie hatte es geschafft, wieder ans Ufer zurückzukommen.
Sie hatten nach mehr Informationen gefragt, von denen sie vorgab, sie nicht zu kennen. Wenn es weitere Fragen geben würde, würde sie sich damit später beschäftigen. Für den Augenblick saß sie in ihren ausgewaschenen Cardigan gehüllt auf der Veranda und sah zu, wie die Polizisten hin und her liefen und endlich den von ihren Autospuren zerfurchten Strand verließen.
Aber auch eine solche Krise kann den Appetit von Teenagern nicht zerstören. Als Connor und Robbie sie gefragt hatten, ob sie sie zum Pizzaessen begleiten wollte, hatte sie dankend abgelehnt. Die gleiche Antwort hatte sie auf die Frage gegeben, ob sie irgendetwas brauchte oder jemand bei ihr bleiben solle. Sie hatten sie beim Wort genommen, der unerschütterlichen Sicherheit vertraut, dass Mütter immer recht haben, und hatten sie allein gelassen.
„Bess?“
Beim Klang von Eddies leiser Stimme drehte Bess zwar ihren Kopf, aber sie stand nicht auf. Allerdings rutschte sie ein Stück auf der Liege zur Seite, um ihm ein wenig Platz zu machen.
„Robbie hat mich angerufen und mir erzählt, was passiert ist.“
Bess steckte ihre kühlen Hände in die Hosentasche. Irgendetwas Weiches und doch Raues kitzelte ihre Hand. Sie schloss ihre Finger darum.
„Er sagte … du warst mit Nick zusammen.“ Eddies Stimme wurde ganz weich. „Und dass er ertrunken ist.“
Bess nickte. Sie zog die Muschel hervor, die Nick ihr gegeben hatte. Sie hatte ihr in den Daumen geschnitten, aber es kam kein Blut.
Sie wartete auf die Fragen, die sie nicht würde beantworten können, aber Eddie stellte sie nicht. Er legte ihr einen Arm um die Schulter. Er gab ihr seine Wärme, und ihr Gesicht fand Trost an seiner Schulter.
Sie weinte sehr lange, aber als sie nicht mehr weinen konnte, war Eddie immer noch da, wirklich und echt unter ihrer Wange. Er war ihr Freund. Sogar mehr als das, wenn sie wollte. Und auch wenn Bess nicht wusste, ob sie dafür schon bereit war, wusste sie doch, dass sie nicht mehr mit aller Macht dagegen ankämpfen würde.
– ENDE –
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