Tiefes Land
Kopfhöhe zwei unscheinbare schwarze Kästen angebracht waren. Nebelmaschinen für die Show. Kleine Tanks an der Seite beinhalteten das notwendige Fluid, aus dem später der Nebel erzeugt werden sollte.
»Kennen sie sich mit diesen Geräten aus?«, fragte De Hag, während er sich erschöpft die Rippen hielt.
»Nicht wirklich. Ich habe im Moment ganz andere Sorgen. Der Killer ... ich habe ihn aus den Augen verloren. Verdammt.«
»Das hier ist eine Verdampfernebelmaschine. Das Prinzip ist recht einfach. Das eingefüllte Fluid wird unter großem Druck verdampft und erzeugt durch anschließende Kondensation den Nebel.«
»Das interessiert mich gerade überhaupt nicht ... Warten Sie, Dr. Veden aus dem Labor sagte doch, dass sich das BTX-8 zu einem Fluid modifizieren lässt. Was bedeutet, man könnte man das Gift auch ...«
»... in einer Nebelmaschine einsetzen«, vervollständigte De Hag ihren Satz. »Korrekt.«
Er zog mit der linken Hand ein kleines Glasröhrchen aus der Tasche, während er mit der Rechten den Deckel des Tanks löste. Dann schüttete er den Inhalt des Röhrchens in den Fluidbehälter. Seine vermeintliche Erschöpfung wirkte mit einem Mal wie weggeblasen. »Eine tolle Erfindung dieses BTX-8, nicht wahr? Zum Glück ist es äußerst wärmeresistent, so dass ihm die Erhitzung nicht das Geringste ausmacht.«
»Was tun Sie da? Hören Sie sofort auf damit«, befahl Tessa in plötzlicher Erkenntnis, während sie gleichzeitig nach dem Funkgerät griff, um Angemer zu rufen. Doch de Hag verlor keine Zeit. Unvermittelt drückte er der Agentin einen Revolver tief in die Seite.
Tessa ließ das Funkgerät sinken und schließlich zu Boden fallen. Sie verzog vor Schmerz das Gesicht, wagte jedoch keine Gegenwehr. Es war viel zu riskant. »Damit werden Sie niemals durchkommen. Außerdem machen Sie einen Denkfehler. Wenn Sie selbst auf den Knopf drücken, erwischt es Sie genauso wie alle anderen. Haben Sie das auch eingeplant?«
»Aber nicht doch. Zum Glück ist heutzutage alles computergesteuert. Die zwei Minuten bis zum automatischen Einsatz dieser hübschen Vorrichtung reichen vollkommen aus. Sobald das Konzert beginnt, bin ich längst verschwunden. Und du auch, Süße. Das wird heute eine kurze Vorstellung.« Er lachte selbstgefällig.
»Sie Schwein! Wenn Sie glauben, hier einfach rausspazieren zu können, dann haben Sie sich getäuscht. Der ganze Platz steht unter Bewachung. Wir werden Sie kriegen«, fauchte sie wütend.
»Halt´s Maul.« De Hag versetzte ihr ein Faustschlag ins Gesicht. Blut spritze aus der aufgeplatzten Lippe. »Weder du noch dieser vertrottelte Superagent Van den Dragt werden mich jetzt aufhalten.« De Hag lachte selbstgefällig.
»Da muss ich Sie leider enttäuschen, de Hag. Oder wie auch immer Sie in Wirklichkeit heißen mögen.« Willem stand plötzlich mit mehreren Polizisten vor dem verdutzten Attentäter. In der Hand hielt er ein Peilempfangsgerät. »Sie hätten das Rauchen vielleicht doch besser aufgegeben.«
De Hag saß in der Falle. Er reagierte mit unerwarteter Heftigkeit. »Dann auf die harte Tour. Sterben wir eben alle. Für das tiefe Land – für ein freies Bonaire!«
Damit stieß er Tessa von sich und auf die Polizisten zu, warf sich auf die Nebelmaschine und drückte den Auslöser. Mit einem leisen Klacken rastete der Knopf ein.
21:14 Uhr, 5. Mai, Theater Carré, Amsterdam
»Ein Peilsender in einer Zigarettenschachtel? Ein ziemlich gewagtes Manöver, finden Sie nicht?«, fragte Tessa, während sie sich ein Taschentuch an die aufgeplatzte Lippe hielt.
Willem lauschte eine Weile aufmerksam der Orchestermusik, bevor er Tessa antwortete. »Das war nur eine Vorsichtsmaßnahme, für den Fall, dass er noch einmal entführt werden sollte. Ich dachte mir, dass er als Raucher die Schachtel wahrscheinlich immer bei sich tragen würde und man ihn so schneller ausfindig machen könnte. Dass er selbst der Drahtzieher in dieser Schmierenkomödie war, ist mir zu diesem Zeitpunkt nicht klar gewesen. Erst um einiges später.
»Wie sind Sie denn eigentlich dahinter gekommen, dass de Hag der Attentäter ist?«
»De Hag hatte alles minutiös durchgeplant. Vom Finden des Fluchtwagens, seiner Person bis hin zu den eiskalten Morden an seinen eigenen Leuten. Der Tod der beiden Killer in der Bar Beautiful Island war ebenso eingeplant. Sogar die Blutwerte im Krankenhaus waren manipuliert. De Hag wollte hundertprozentig sichergehen, dass wir seiner ausgelegten Fährte bis zum Schluss folgen
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