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Tiefflug: Der vierte Fall für Kommissar Jung (German Edition)

Tiefflug: Der vierte Fall für Kommissar Jung (German Edition)

Titel: Tiefflug: Der vierte Fall für Kommissar Jung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Pelte
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einmal um und warf einen letzten Blick auf den kuscheligen Vogel, der da unschuldig auf der Platte stand, als könne er kein Wässerchen trüben. Wer hätte dahinter eine solche Höllenmaschine vermutet, fragte er sich. Tiny war vorausgegangen, und Jung hatte Mühe, ihm zu folgen.
    Als sie die Fliegerwesten abgelegt hatten und die Ausrüstung zurückgaben, war Jungs Kombi von oben bis unten schweißgetränkt. Er bemerkte zu seiner Entlastung, dass auch Tiny heftig geschwitzt hatte. Der Techniker reichte ihnen Handtücher, damit sie sich trockenrubbeln konnten. Duschen gab es für sie nicht. Jung verschwendete keinen Gedanken darauf, als er sich sein Zivilzeug wieder überstreifte. Es war ihm egal, ob er roch und wie er roch. Er war weit weg von seinem Normalzustand.
    Tiny nahm Jung energisch ins Schlepptau und drängte zur Eile. Er fuhr rasch.
    »Ich habe noch ein Debriefing bei BaseOps«, informierte er Jung, als er das Auto vor dem Towergebäude anhielt. »Warte hier. Dauert nicht lange.«
    Jung lehnte sich in den Sitz zurück und schloss die Augen. Was hatte er sehen sollen, fragte er sich. Und was hatte er gesehen? Er wusste es nicht. Er war nur unendlich froh, wieder unten zu sein, ruhig dazusitzen und sich nicht bewegen zu müssen. Es bereitete ihm ein kindliches Wohlbehagen, dass seine Umgebung sich nicht bewegte, dass sie fest und sicher war, ohne zu schwanken, zu wackeln, sich zu drehen oder Purzelbäume zu schlagen. Er war auf eine unwirkliche Art glücklich. Ihm war so ziemlich alles egal. Er dachte mit Sehnsucht an Svenja und seine Kinder. Es war warm im Auto, und es wurde von Minute zu Minute wärmer.
    »Alles in Ordnung. Wir können.« Tiny schloss die Autotür hinter sich und startete den Motor. Er sah Jung besorgt an, sagte aber kein weiteres Wort und fuhr los. Der Schlagbaum öffnete sich vor ihnen, ohne dass sie angehalten worden wären. Sie verharrten in Schweigen. Tiny brauchte nur wenige Minuten, bis er das Auto am Rande der Stadt geparkt hatte.
    »Da oben habe ich einmal gewohnt.« Tiny zeigte auf das oberste Stockwerk eines Wohnblocks, vor dem er das Auto abgestellt hatte. »War aber selten da, muss ich gestehen.«
    Jung sah desinteressiert an dem kahlen Kasten empor. Er fühlte sich nicht angeregt, irgendeinen Kommentar abzugeben. Ihn beherrschte ein Gefühl schwebender Körperlosigkeit, so, als wäre ihm etwas genommen worden, das er bis dahin unbemerkt und wie selbstverständlich mit sich herumgeschleppt hatte. Er stieg mit weichen Knien aus dem Auto.
    »Wir müssen ein paar Schritte gehen«, erklärte Tiny grinsend.
    Jung nickte stumm. Sie gingen ein paar gesichtslose, öde Straßen hinauf ins Zentrum der Stadt. Jungs Aufmerksamkeit war von ungewöhnlicher Schärfe und dennoch weit weg. Er war müde, und das Gehen strengte ihn an. Er registrierte, dass die Gehwege ohne Ausnahme mit sandfarbenen, kleinen Kopfsteinen gepflastert waren. Ein ganz ungewöhnlicher Aufwand, fand er.
    Tiny führte ihn in eine Snack-Bar schräg gegenüber eines Wochenmarktes, der gerade seine Tore schloss. Die abziehenden Bauersleute sahen alt, schwarz und krumm aus. Der Gastraum war kahl und kühl. Das überwiegend weibliche Publikum erweckte den Eindruck von Geschäft, Dienstleistung und Verwaltung. Sie schienen merkwürdig alterslos, ihre Kleidung tantenhaft und farblos. Sie trugen allesamt Tücher, drapiert um Hälse, Schultern, Brüste oder Hüften.
    »Sie sehen noch genauso aus wie damals«, meinte Tiny. Er bestellte am Tresen zwei Bagaco, und sie setzten sich an einen freien Tisch. Normalerweise hätte Jung danach gefragt, bevor er etwas trank, was er nicht kannte. Heute blieb er gleichgültig. Schlimmeres konnte nicht mehr kommen, dachte er.
    »Was wolltest du mir nun zeigen?«, kam Jung unvermittelt zur Sache.
    »Hab ich dir nicht gesagt, du sollst aufpassen?«, erwiderte Tiny streng.
    »Wann?«, entgegnete Jung tonlos.
    »Zu Beginn, bevor wir auf den ersten low level gingen.«
    »Ich erinnere mich nicht. Habe ich was verpasst?«
    Der Barmann brachte den Schnaps an den Tisch. »A nossa.« Jung hob das Glas und stürzte es, ohne auf Tiny zu warten, in einem Zug hinunter. Sein Schlund brannte, aber in seinem Magen breitete sich sofort eine beruhigende Wärme aus. Er gab das Glas dem Barmann zurück und bestellte eine zweite Runde.
    »Den Platz, wo das Mädchen liegt«, sagte Tiny ungerührt, kippte den Bagaco herunter und stellte das Glas zurück auf den Tisch.
    »Ich habe nichts gesehen.«
    »Das ist auch

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