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Tiefflug: Der vierte Fall für Kommissar Jung (German Edition)

Tiefflug: Der vierte Fall für Kommissar Jung (German Edition)

Titel: Tiefflug: Der vierte Fall für Kommissar Jung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Pelte
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Pfoten. Das mögen die Warte nicht, okay?«
    Tiny sah ihm auffordernd in die Augen, startete den Motor und rollte rückwärts aus der Parklücke.
    »Wir fahren jetzt raus auf die Platte zu unserer Maschine«, fuhr Tiny fort. »Die Techniker erwarten uns schon. Einer wird dich angurten und verkabeln. Du musst gar nichts tun. Sei ganz ruhig. Sag nichts. Er weiß genau, was er tut. Ach ja. Vorher Helm aufsetzen, Maske schließen und Visier runterklappen, okay?«
    Jung nickte und fragte sich zum ersten Mal, ob er nicht lieber am Boden bleiben sollte. Aber die Sache war nun schon so weit gediehen, dass er sich wie ein feiger Idiot vorgekommen wäre, wenn er abgebrochen hätte. Tinys Coolness erweckte sein Vertrauen und beruhigte ihn.
    Tiny parkte das Auto vor der Staffel. Sie gingen noch einmal auf die Toilette. Dann durchquerten sie, ihre Helme unter dem Arm, die riesige, menschenleere Halle und kamen auf das Vorfeld. Hier standen rund ein Dutzend Flugzeuge sauber aufgereiht in der Sonne. Vor die Reihe hatte man eine einzelne Maschine gerollt. Die Kabinendächer waren geöffnet, und zwei Tritte lehnten am Rumpf unterhalb des Cockpits. Ein Mann und eine Frau in grauen Overalls warteten an den Einstiegen.
    Jung atmete auf. Er sah auf einen rundlichen Vogel mit niedlichen Ballonreifen. Seine Flügel hingen traurig an seinem buckligen Rücken, so als seufzte er über die Zumutungen, die ihn gleich ereilen würden. Nur sein gläserner Cockpitkopf machte den traurigen Eindruck vergessen. Er war klar, groß und wirkte einladend.
    Die Warte begrüßten sie an der Maschine zurückhaltend, fast schüchtern.
    »Ich mache noch den Final-Check. Steig schon ein!«, wies Tiny ihn an.
    Jung setzte sich den Helm auf, schloss Maske und Visier und erklomm die paar Sprossen zum hinteren Sitz. Er hatte einige Mühe, seine Beine neben dem Steuerknüppel unterzubringen, weil er sich scheute, auf die Sitzfläche zu treten, auf dem das Gurtzeug sauber ausgerichtet bereitlag. Er bemühte sich, die schwarz-gelbe Schlaufe unter der Sitzkante nicht zu berühren. Als er endlich saß, stand die Wartin neben ihm auf der Leiter und schnallte ihn fest. Sie zog die Gurte stramm und stöpselte ihn an Kabel und Versorgungsschläuche. Sie überprüfte noch einmal abschließend den Sitz und den Halt und schloss das Kabinendach.
    Jung war allein. Er saß überraschend bequem und legte seine behandschuhten Hände auf die Oberschenkel. Der Vordersitz lag eine Etage tiefer. Jung hatte eine Rundumsicht, die nur von seinem Helm und der begrenzten Beweglichkeit seiner Halswirbel beschränkt wurde. Von der Welt draußen war er abgeschnitten. Geräusche, wie das Anlassen der Turbinen, blieben fern, wenn überhaupt ein Geräusch sein Ohr erreichte. Die Armaturen und Bedienpanels waren leicht zu überschauen. Er hatte sich das komplizierter vorgestellt.
    »Schließ die Arretierung des Kabinendaches.« Tinys Anweisung kam leise und unaufgeregt aus der Bordsprechanlage. »Alles klar?«
    »Alles klar«, antwortete Jung.
    »Okay. Es geht los.« Tinys Worte rieselten farblos in seine Ohren.
    Die Warte nahmen die Leitern vom Rumpf und reckten die Daumen in die Luft. Das Flugzeug kam in Bewegung und rollte von der Platte auf dem Taxiway nach Süden. Als sie das Ende erreicht hatten, schwenkte Tiny auf die Runway ein und stellte das Flugzeug auf die Startposition. Er hatte, während sie rollten, mit dem Tower gesprochen. Ihre Sprache war kurz, präzise und emotionslos. Jung hatte den Eindruck, als unterhielten sie sich in Standardphrasen. Er beobachtete, wie Tiny die Schubhebel nach vorn drückte. Er hörte das Jaulen der Turbinen durch seinen Helm, und das Flugzeug schüttelte sich.
    »Delta Romeo 101 ready for takeoff. Request clearance«, meldete sich Tiny mit kalter Routine beim Kontroller.
    »Delta Romeo 101 cleared for takeoff«, kam es gleichermaßen zurück.
    »Here we go.«
    Die Maschine machte einen Satz und nahm rasend schnell Geschwindigkeit auf. Jung hatte in seinem ganzen Leben noch kein ähnlich berauschendes Geschwindigkeitsgefühl erlebt. Er war erstaunt, wie schnell es erlosch, als sie kurz danach abgehoben hatten. Tiny zog am Knüppel. Jung wurde in seinen Sitz gepresst. Sein Kopf wurde schwer und wackelte. Er spürte einen Druck auf der Brust, gegen den anzuatmen ihm Mühe machte. Sein Herz klopfte und schlug schneller. Er sah auf die Armaturen vor ihm. Sie schienen wild geworden zu sein. Seine Hände klebten auf den Schenkeln und ließen sich nicht bewegen.

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