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Tiefflug: Der vierte Fall für Kommissar Jung (German Edition)

Tiefflug: Der vierte Fall für Kommissar Jung (German Edition)

Titel: Tiefflug: Der vierte Fall für Kommissar Jung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Reinhard Pelte
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noch ewig so weitergehen.«
    »Meinst du das wirklich?«
    »Ja«, erwiderte Jung schlicht. »Wohin geht deine Reise, Tiny?«
    »Ich fliege morgen nach Rio.«
    »Na, dann viel Spaß. Bleibst ja fast in der Heimat. Die sprechen da drüben auch Portugiesisch.«
    »Wenn ich zurück bin, melde ich mich.«
    »Lieber nicht. Und mach keinen Scheiß.«
    »Ebenfalls. Adeus, Tomi.«
    »Adeus, Tiny.«
    Sie reichten sich die Hände über das Autodach. Tinys Händedruck war schlapp und flüchtig. Jung wandte sich um und ging die Auffahrt hinunter. Als er auf dem Weg zum Haus um die Hibiskushecke bog, hörte er, wie Tinys Haustür ins Schloss fiel.

Urlaubsende
     
    Jung wachte früh auf. Die aufgehende Sonne erfüllte sein Zimmer mit dem ersten Licht. Er blieb noch etwas liegen und döste vor sich hin. Die Hände hinter den Kopf gelegt, blickte er aus dem Fenster in einen wolkenlosen, blassen Himmel. Es versprach ein ähnlich schöner Tag zu werden wie gestern.
    War Tiny schon unterwegs nach Rio, fragte er sich. Die Erinnerung an seinen Nachbarn machte ihm ein ungutes Gefühl. Er hatte sich gestern von ihm bedienen lassen wie ein verwöhntes Gör und sich nicht einmal bedankt. Tiny hatte ihn in seinem Auto nach Beja chauffiert. Er hatte ihm ein unbezahlbares Abenteuer beschert und ihn danach ohne Murren sicher nach Hause zurückgebracht. Und was hatte er, Tomas Jung, getan? Er hatte die Rückfahrt komplett verpennt. Er hatte Tiny das Schlimmste zugetraut. Bei dem Gedanken, dass er drauf und dran gewesen war, sie beide aus dem Flugzeug zu schießen und eine Katastrophe heraufzubeschwören, kam er sich schlecht vor. Er verzieh sich nicht, dass seine Angst sein sicheres Urteilsvermögen vernebelt hatte. Und Panik – das wurde ihm erschreckend klar – vermochte den Verstand so vollständig auszuhebeln, dass er ihn in das komplette Gegenteil verkehrte, in schieren Unsinn. Unter diesem Aspekt war seine Unfähigkeit, Arme und Beine zu bewegen, ein Segen gewesen. Diese Erkenntnis brachte ihn zum Lachen, beunruhigte ihn aber auch.
    Er erhob sich, machte Morgentoilette und zog sich an. Es war noch zu früh am Morgen, um Svenja anzurufen und sie von der neuen Lage in Kenntnis zu setzen. Er ging in die Küche und bereitete sich ein Frühstück. Maria hatte den Kühlschrank mit Köstlichkeiten gefüllt. Ihre Fürsorglichkeit erweckte erneut seine Sympathie. Als Erstes presste er sich frische Orangen aus. Dann fertigte er sich ein Müsli aus Feigen, Erdbeeren, Apfelsinen, Körnern und Joghurt und setzte sich damit auf die Terrasse. Der Anblick des in der Morgensonne glitzernden Meeres betäubte ihn und versetzte ihn in einen Zustand gelöster Zuversichtlichkeit. Er nahm sich Zeit und genoss das Essen.
    Als er sein Frühstück beendet hatte, schlenderte er, die Hände in den Taschen, zu den Klippen. Sein Kopf war ungewohnt leer. Nach alter Gewohnheit sollte er sich eigentlich darüber Gedanken gemacht haben, was er in naher und fernerer Zukunft erwarten musste. Aber die Erinnerung an das Geschehen der letzten Tage erzeugte in ihm nur Widerwillen. Seine Interessenlosigkeit war so groß, dass sie ihm selbst unheimlich war. Aber anstatt sich darüber zu wundern, freute er sich.
    Auf dem Rückweg registrierte er beiläufig die heruntergelassenen Jalousien in Tinys Haus. Später, auf dem Weg zum Clube Carvoeiro, nahm er wahr, dass Tinys Auto nicht mehr auf der Auffahrt stand. Er war allein, und er war glücklich. Im Supermercado hielt er nicht vor der Zeitungsauslage und las auch nicht die Schlagzeilen der Tageszeitungen. Er fragte sich, ob er etwas Besonderes zu Svenjas Heimkehr einkaufen sollte, gab aber seinem Impuls nicht nach, weil Maria schon an alles gedacht hatte, sogar an einen Strauß frischer Feldblumen: roter Mohn, blaue Kornblumen, gelber Ginster und grünsilbrige Olivenzweige.
    So spazierte er wieder zurück zum Haus, ohne Geld ausgegeben zu haben. Auf der Terrasse setzte er sich unter den Sonnenschirm, steckte sich eine Zigarre an und verfolgte die Rauchkringel, wie sie in der leichten Brise langsam verwehten. Sein Urlaub konnte beginnen.
     
    *
     
    »Kann ich mit Senhora Jung sprechen?«
    »Ich verbinde Sie«, beschied Jung eine unbekannte Stimme.
    »Hallo?«
    »Hallo, Svenja. Ich bin’s. Ich wollte mal hören, wie’s dir geht.« Jung hatte sich vorher zurechtgelegt, das Gespräch mit Svenja unverbindlich beginnen zu lassen.
    »Na endlich. Ich habe schon auf deinen Anruf gewartet.« Svenja klang ehrlich erleichtert. Jung war

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