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Tiefschlag

Tiefschlag

Titel: Tiefschlag Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Baker
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ich soll mal versuchen, ob’s nicht ein bißchen länger hält als das letzte.»
    «Nein. Wir treffen uns dort. Um acht?» Sie lächelte.
    «Um acht», sagte Sam und erwiderte das Lächeln. «Kann’s kaum noch erwarten.»
     
    Geordie fuhr den Mietwagen hinaus zu Francos Villa an der Wetherby Road. Es nieselte, und er hatte den Scheibenwischer auf Intervallschaltung gestellt. Sie fuhren durch das Tor und die Zufahrt hinauf zum Vordereingang des Hauses. Als sie sich der Tür näherten, kam Mama in einem Silberfuchs und mit dazu passenden hochhackigen Schuhen heraus. Der Mantel sprang einen Augenblick auf und zeigte mehr Schenkel und Brust als ein Weihnachtstruthahn.
    «Kann ich Ihnen helfen?» fragte sie.
    Sam sah sie an. Man traf nicht jeden Tag jemanden, der Kleider trug, die mit Segelschiffen aus der Mode gekommen waren. «Vielleicht», sagte er. «Wir suchen Frank, Franco.»
    Mama hatte es offensichtlich eilig, und es störte sie, sich jetzt mit so was befassen zu müssen. Ein scharfer Wind fegte die Zufahrt herauf, und sie bat sie, doch hereinzukommen, während sie Franco holte. «Wen darf ich melden?» sagte sie.
    Sam drehte sich ihr zu. «Sagen Sie einfach, ein alter Freund.»
    Sie verschwand im Haus. Sam und Geordie hörten, wie sie Francos Namen rief, allerdings schien sie nicht sonderlich erfolgreich zu sein. Sie kehrte in den Eingangsbereich zurück und zuckte mit den Achseln. «Er war hier», sagte sie. «Aber ich kann ihn nirgends finden.» Sieh hatte ein Lächeln speziell für solche Gelegenheiten auf Lager. «Es tut mir leid», sagte sie. «Ich habe eine Verabredung zum Kaffee. Im Augenblick ist es wirklich ungelegen.»
    «Ja, ja, das Leben kann manchmal hinterhältig sein», pflichtete Sam ihr bei.
    Aber Mama hörte nicht zu. «Vielleicht ist er bei Doc.» Sie klopfte an eine andere Tür der Diele, öffnete sie und verschwand dahinter. «Doc», rief sie. «Ist Franco bei dir?»
    Sam schaute sich um. Allein der Empfangsbereich war größer als Sams Wohnung. Womit die Wohnung gemeint war, die er einmal hatte, jetzt aber nicht mehr besaß, seit gestern nicht. In einer Ecke stand eine alte Rüstung, die mal stattlich gewesen sein mochte, jetzt aber nur noch ein Haufen altes Blech war. An einer Wand hingen mehrere Gemälde, sie waren bunt und modern und sahen teuer aus, allerdings von niemandem, dessen Namen Sam wiedererkannte. Eine Standuhr. Ein weißer Bechstein. Vor einer anderen Wand stand eine wuchtige antike Anrichte aus dunklem Holz. Und darüber eine Reihe von Silberplaketten. Auf der Anrichte stand eine Stereoanlage in weißem Holz, eine der riesigen Boxen links davon, die andere balancierte auf dem Bechstein. An derselben Wand wie der Eingang befand sich eine beleuchtete Bar mit einer in hellblauem Leder abgesteppten Front. Davor standen drei Barhocker, und mehrere Sessel waren über den ganzen Raum verteilt.
    Mama tauchte wieder auf, gefolgt von Doc Squires. Sam setzte die Teile eines Bildes zusammen, das er sich in der Phantasie von ihm gemacht hatte.
    Squires hatte ein Lächeln aufgelegt, das nicht tiefer als bis zu seinen Zähnen reichte. «Franco ist nicht da», sagte er. «Er hat vor ungefähr zehn Minuten das Haus verlassen. Wenn Sie mir Ihren Namen verraten, werde ich ihm ausrichten, daß Sie da waren.»
    Er hatte einen dünnen Oberlippenbart. Doc besaß das Geheimnis des ewigen mittleren Lebensalters. Das Doppelkinn mußte sich erst noch richtig entwickeln, obwohl die ersten Anzeichen bereits unverkennbar waren. Erschütternd war nur, daß der Kerl immer noch der Traum eines jeden Mädchens wäre, selbst wenn sich das Doppelkinn voll herausgebildet hätte. So wie sich die Illustrierten Hello oder Cosmopolitan einen Mädchentraum vorstellten. Irgendeine dumme Pute, die von der Gesellschaft so oft aufs Kreuz gelegt worden war, daß sie nur noch einen guten Geschmack für Kleidung besaß. So ein Mädchen. So ein Traum. Aber ganz klar ein Mädchentraum und nicht der von Sam Turner.
    Oh, und auch die Stimme. Sie war beinahe vornehm-sonor, konnte aber auch das volle Programm abziehen, sollte es nötig werden. Mit so einer Stimme konnte ein Mann einen lärmenden Arbeiterpöbel leichter auseinandertreiben als mit dem Schrot einer Donnerbüchse.
    Wenn er in die Politik gegangen wäre, hätte der Kerl inzwischen Premierminister sein können. Sam warf ihm einen Blick zu, den er normalerweise für eine Schlange aufhob, und ging.
    Uber der Tür hing ein riesiges Jesusbild, die Hände gespreizt und

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