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Tiefsee: Reise zu einem unerforschten Planeten

Tiefsee: Reise zu einem unerforschten Planeten

Titel: Tiefsee: Reise zu einem unerforschten Planeten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo Ochsenbauer
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der Verantwortlichen für die »Deep See«. Seine Aufgabe ist es, die schützende Haube abzunehmen, das Boot auszuklinken und durch einen kleinen Stups zum Abtauchen zu bringen. Natürlich erst, nachdem er die Plexiglaskuppel fest verschlossen hat. Sobald das erledigt ist, nimmt man das Glas überhaupt nicht mehr wahr. Die Scheibe ist absolut schlierenfrei und gewährt einen gigantischen Rundumblick. Ich bin begeistert und drehe mich zu Avi um – nur um im nächsten Moment aufzuschreien. Die Plexiglaskuppel befindet sich nämlich nur rund fünf Zentimeter über meinem Kopf und ich hatte sie schlicht und einfach nicht gesehen.
    Avi grinst mich an, während das kleine, wendige Tauchboot bereits seine Fahrt in die Tiefe aufgenommen hat. Souverän hantiert er an seinem Steuerknüppel und gibt dabei permanent seine Tiefe und Position an die Oberfläche durch. Ob dies tatsächlich notwendig ist, oder ob da nicht jemand bewusst den Tauchboot-Piloten raushängen lässt, kann ich nicht sagen, aber in zehn Meter Tiefe bereits alle möglichen Koordinaten durchzugeben, erscheint mir denn doch ein klein wenig übertrieben. Gebannt verfolgen wir die Tiefenanzeige, die direkt vor uns aufleuchtet und uns zeigt, dass wir immer tiefer sinken.
    Die »Deep See« taucht immer tiefer das Riff entlang. Plötzlich tauchen vier schwarz-weiße Mantas auf und fliegen mit ihren rund fünf Meter weit aufgespannten »Flügeln« dicht an unserem Tauchboot vorbei. Als ich ein Foto machen will, schlage ich mir schon wieder den Kopf an. Immer wieder vergesse ich die 15 Zentimeter Plexiglas, die zwischen mir und dem uns umgebenden Wasser liegen. Langsam aber sicher bildet sich aber ein Fettfleck an der Scheibe und ich habe einen gewissen Anhaltspunkt, wie weit ich mich vorlehnen kann.
    Avi weist nach Backbord, um uns eine große Gruppe Hammerhaie zu zeigen, die in einiger Entfernung in den Tiefen des Pazifiks verschwinden. Ich kann zwar nicht genau erkennen, um welche Art es sich gehandelt hat, wenn es aber Bogenstirn-Hammerhaie gewesen sind, werden sie nun wohl in bis zu 270 Meter Tiefe hinabtauchen, um dort auf Beutejagd zu gehen. Avi hatte uns jedoch versprochen, während unseres Tauchgangs nach einem ganz besonderen Hai Ausschau zu halten: dem Stachelhai ( Echinorhinus cookei ), eine Hai-Art, über die noch sehr wenig bekannt ist, die aber in dieser Gegend des Pazifiks relativ häufig gesehen wird. Die bis zu vier Meter großen Stachelhaie leben in Tiefen von bis zu 420 Metern – und in ungefähr diese Tiefe soll unsere Tauchfahrt heute auch gehen.
    Fasziniert beobachten wir die Umgebung und machen mit unseren Kameras ein Foto nach dem anderen. Rund um uns wird es langsam düsterer, fast so, wie wenn die Dämmerung hereinbricht, was ich mir an diesem frühen Vormittag nicht ganz vorstellen kann. Beim Blick Richtung Oberfläche fällt mir auf, dass nur noch ein kleiner Punkt Licht einfällt. Das Sneliussches Fenster, von dem uns Avi während des Briefings erzählt hat, beginnt sich langsam zu schließen. Mein Blick auf den Tiefenmesser bestätigt meine Vermutung: 150 Meter Tiefe – in Kürze würde kein Licht von oben mehr unsere Umgebung erhellen. Doch noch kann ich das Riff und seine zahlreichen Bewohner bewundern, ohne dass unsere Scheinwerfer eingeschaltet sind. Ein Adlerrochen segelt langsam das immer spärlicher bewachsene Riff entlang, und gleitet weiter in die Tiefe, in der das Blau bereits in ein tiefes Schwarz übergeht. Wir sind jetzt auf 160 Meter angekommen. Avi schaltet die mächtige Lichtanlage ein und brennt damit beinahe die Umrisse des Adlerrochens in die schwarzen Lavafelsen. Natürlich nicht wirklich, aber das arme Tier hat nun sicher einen Schock fürs Leben.
    Während die »Deep See« weiter in die Tiefe vorstößt treiben immer wieder Quallen an unserem Boot vorbei, die in den absurdesten Farben zu leuchten scheinen. Von rot über violett bis gelb reicht dabei die Farbpalette, die momentan gerade in der Modewelt von Herr und Frau Qualle angesagt sein dürfte. Fasziniert starren wir durch unser Fenster in eine völlig neue Welt. Dann plötzlich ändert sich die Umgebung. Auf rund 300 Meter Tiefe stoßen wir auf einen sandigen, schräg abfallenden Grund. Dahinter taucht eine Kante auf, an der das Riff abrupt weiter in die Tiefe fällt. Wir stehen mit unserem Boot am Rande der Tiefseeriffkante der Cocos Platte. Meine erste Kontinentalplatte liegt direkt vor mir. Avi setzt das Tauchboot hinter der Kante auf und stellt kurz die

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