Tiefsee: Reise zu einem unerforschten Planeten
Klapfer, den Besitzer der Sea Hunter Group vorstellt. Der Israeli mit dem spitz zulaufenden Gesicht ist mir sofort sympathisch, hat er doch so wie ich auch bereits einen etwas schütteren Haarwuchs. Durch seine Sonnenbrille kann ich zwar seine Augen nicht sehen, aber ich merke, dass das Lächeln seines Mundes sich definitiv auch in seinen Augen wiederspiegeln muss. Ein sympathischer Typ, durch und durch. Avi soll heute unser Pilot sein, wie uns Ofer eröffnet. Schon allein durch seine Persönlichkeit wird unser geplantes Tiefseeabenteuer zu einem noch größeren Erlebnis. Doch vorher müssen wir noch ein Sicherheitsbriefing über uns ergehen lassen. Dabei wird uns nicht nur erklärt, welche Instrumente und Schalter es an Bord des Tieftauchbootes gibt, sondern auch, welche wir am besten gar nicht anfassen sollen. Kurz zusammengefasst: alle. »Finger weg!« lautet die Devis. Dennoch bringt uns Avi bei, wie wir mit dem Umlegen eines Schalters und dem Drücken eines Knopfes die »Deep See« im Notfall wieder an die Oberfläche bringen können. Die »Top See«, ein ebenfalls gelb gestrichenes Hartschalen-Beiboot mit kleinem Führerstand, dient dabei als Überwachungsboot an der Oberfläche. Mit ihm können wir auch Kontakt aufnehmen, sollte der angesprochene Notfall tatsächlich eintreten. Mir bereitet das ewige Gerede von einem Notfall nun doch ein bisschen Kopfzerbrechen.
»Und wenn wir dann tatsächlich auftauchen müssen, weil du uns unter Wasser ohnmächtig geworden bist, wie bekommen wir denn dann die Luke auf?« Avi strahlt mich an. »Die Plexiglaskuppel lässt sich nur von außen öffnen. Aber wir haben für 72 Stunden Sauerstoff an Bord – und bis dahin hat euch sicher schon jemand gefunden.« So ganz beruhigt bin ich zwar immer noch nicht, doch ich will mir dieses Erlebnis nicht entgehen lassen.
Unser Abenteuer kann beginnen. Den Beginn einer Tieftauchfahrt hatte ich mir allerdings etwas spektakulärer vorgestellt. Zuerst müssen wir uns unserer Kleidung entledigen und blaue Overalls anziehen, die so gar nicht zum Gelb des Bootes passen wollen. Als ich dann auch noch meine Schuhe ausziehen muss und auf die Waage geschickt werde, die in einer kleinen Kajüte steuerbordseitig am Heck des Tauchdecks untergebracht ist, frage ich doch mal dezent nach, was diese ganze Prozedur denn soll. Wie man mir erklärt, dürfen keine synthetischen Kleidungsstücke an Bord gebracht werden, da sich daran Funken bilden könnten – und das wäre bei einem Tieftauchgang eine Katastrophe. Und meine Schuhe muss ich ausziehen, damit ich die Plexiglaskuppel nicht beschädige. Leuchtet mir irgendwie alles ein – aber wieso die Waage? Sie dient dazu, das Gesamtgewicht aller Passagiere an Bord genau festzulegen und das Boot in Folge perfekt zu tarieren, also die richtige Bleimenge an Bord zu bringen. Nun gut, wollen wir auch diese Erklärung gelten lassen. Jetzt aber auf zu unserem ersten Tauchgang.
Marcus und ich steigen auf die »Top See« hinüber. Unser Tauchplatz wird rund eine Seemeile vor Cocos Island liegen. Im Schlepptau haben wir dabei die »Deep See«, die zwar theoretisch auch an der Oberfläche fahren kann, aber dabei nur unnötig Strom verbrauchen und unnötig viel Zeit für die Strecke benötigen würde. Um das teure Spezialglas zu schützen und den Innenraum nicht zu sehr aufzuheizen, ist die Kuppel mit einer Haube abgedeckt. Dann sind wir endlich angekommen. Unter uns geht es jetzt entlang eines Riffhanges einige tausend Meter tief in den Abgrund. Gleich ist es soweit.
Aufgeregt klettern Marcus und ich ins Innere der Plexiglaskuppel. Ihre rund zwei Meter Durchmesser versprechen einen durchaus komfortablen Aufenthalt. Ich lasse mich in den backbordseitigen Sitz fallen. Etwa in der Mitte der Kuppel läuft eine Armada an Instrumenten und Schaltern rund um uns herum. Direkt hinter uns nimmt unser Kapitän Avi Platz und richtet sich ein. Schalter werden betätigt, Instrumente flammen auf und große rote Buchstaben und Zahlen erscheinen rund um mich. Ich fühle mich, als wäre ich Captain Kirk und vor mir das Steuerpult der Enterprise. Auf dem Weg in unbekannte Dimensionen, in denen vor ihr noch kein Mensch war… Ein leises Surren der Elektromotoren bestätigt mir, dass die »Deep See« tauchbereit ist.
Smulik, der gemeinsam mit Ofer während unserer Tauchfahrt an Bord des Begleitbootes bleiben wird, schnorchelt auf uns zu. Der große, schlanke Israeli arbeitet als Tauchguide an Bord der Sea Hunter, ist aber auch einer
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