Tiefsee: Reise zu einem unerforschten Planeten
tauchen soll, ist die Cocosplatte im Bereich der Insel Cocos Island. Dieser Bereich unseres Planeten ist vor rund 23 Millionen Jahren entstanden, als die Farallon-Platte aufgrund von Vulkanaktivitäten in zwei Platten getrennt wurde: die Cocos- und die Nazca-Platte. Entlang der Bruchzone, an deren westlicher und südlicher Grenze auch heute noch Magma aufsteigt und zur Ozeanbodenspreizung beiträgt, entstanden eine Vielzahl an kleinen Riffzonen und Rücken, u.a. auch der Cocos Rücken, dessen Ausläufer ebenfalls auf unserem Tauchprogramm steht. Am östlichen und nördlichen Ende der Platte ist sie wiederum unter die daneben liegenden geglitten und hat dabei den Mittelamerikanischen Graben erzeugt. Dadurch entstand auch auf dem Festland ein Vulkangürtel. Angewandte Plattentektonik sozusagen – besser als jede Lehrstunde in der Schule.
Marcus freut sich mindestens schon so sehr wie ich auf unseren bevorstehenden Tauchgang – von dem uns allerdings noch rund 60 Stunden Fahrt über den unruhigen Pazifik trennen. Wir beschließen, früh schlafen zu gehen und bis zur Ankunft vor Cocos Island möglichst in unserer Kabine zu bleiben. Warum sollen wir mit dem Geschaukel anders umgehen, als der Großteil der restlichen 21 Passagiere.
Cocos Island, Pazifik
Samstag, 09.44 Uhr
Nur wenige Meter vor uns liegt Cocos Island – ein grüner Haufen, der von Millionen von Wasserfällen übersät zu sein scheint. Aus jedem Loch dieser Insel rinnt Wasser – und , wie es aussieht, gibt es unglaublich viele davon. Wo gerade mal kein Wasserfall aus dem Dickicht des grünen Blättermeers herausströmt, lassen tiefschwarze Geröllhalden den vulkanischen Ursprung der Insel erahnen. Die zum Welterbe der Menschheit erklärte Insel hat auch bereits Kapitän Cousteau mehr als beeindruckt. »Das ist die schönste Insel, die ich jemals gesehen habe«, soll er Cocos einmal beschrieben haben. Und ich muss zugeben, so Unrecht hatte der gute Mann nicht. Es ist wirklich beeindruckend zu erleben, wie sich dieses grüne Eiland aus den Fluten des Pazifiks hebt und steil in den leicht bedeckten Himmel aufragt. Die größte Erhebung ist dabei mit 634 Metern der Cerro Iglesias, der sich deutlich von den drei anderen Bergspitzen abhebt, die Cocos’ Silhouette formen. Außer einer Rangerstation, die irgendwo inmitten des Dschungels verborgen liegt, ist die Insel vollkommen unbewohnt. Das war aber nicht immer so. Zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert lockte sie vor allem Piraten und Walfänger an, die hier einen traumhaften Unterschlupf fanden. Der Legende nach, sollen heute noch immense Goldschätze der damaligen Plündereien tief im Herzen der Insel versteckt sein.
Klingt nach einer ausgesprochen interessanten Geschichte – doch heute wollen wir uns lieber den Schätzen widmen, die im Meer vor Cocos liegen. Und dabei soll uns das Stück legendäre Technik, das immer noch auf dem Tauchdeck der Sea Hunter steht, behilflich sein. Die Mannschaft hat mittlerweile bereits begonnen, die Trossen zu lösen, die die wertvolle Fracht während der Fahrt sicher an Bord hielt. Der mächtige Kran am Heck ist ausgefahren und wartet darauf, die »Deep See« in die bereits zu Wasser gelassene U-förmige Konstruktion aus aufblasbaren Pontons zu heben. Diese Kissen dienen als sicherer Ankerplatz des Tauchbootes, während es noch am Mutterschiff hängt aber bereits im Wasser liegt. So wird vermieden, dass das kostbare Stück gegen das Heck der Sea Hunter kracht.
Als die Trossen gelöst sind, kann ich mir die »Deep See« näher ansehen. Ins Auge sticht dabei sofort die riesige Plexiglaskuppel, die vorne am Tauchboot sitzt. Wie ein überdimensionales Gurkenglas ist sie mit einem gigantischen O-Ring am knallgelben Körper des Bootes montiert. An einem schwarzen Metallrahmen sind rund um die Mannschaftskugel große Scheinwerferbatterien angebracht, die Licht ins Dunkel der Tiefsee bringen sollen. Für Filmaufnahmen sind außerdem noch links und rechts zwei Videokameras in Gates-Gehäusen eingebaut. Rund zwei Drittel des Tauchboots nimmt der Trimmkörper samt Antrieb in Anspruch. Die beiden Antriebsschrauben, die das Boot auf maximal 1,7 Knoten Geschwindigkeit bringen können, sind in einer Art Rahmen am Heck der »Deep See« eingebaut. Sieht eigentlich ziemlich sicher aus, denke ich mir, als das Tauchboot am Auslegerkran hängend gerade sanft in Richtung Pazifik entschwindet.
Ofer nähert sich mit einem größeren, schlaksigen Burschen im Schlepptau, den er uns als Avi
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