Tiefsee: Reise zu einem unerforschten Planeten
entdeckt werden, sondern auch wichtige Daten zur geologischen Beschaffenheit der Tiefsee. So wurde etwa nahe einer Thermalquelle in 3.000 Meter Tiefe mit 470° Celsius nicht nur die höchste jemals gemessene Unterwassertemperatur festgestellt, sondern zugleich auch neue Garnelenarten und anderes Getier gefunden. Doch auch der Umweltschutz kam nicht zu kurz. So fand man etwa heraus, dass 70% der Weltmeere frei von Haien sind, und dass manche lang ausgestorbenen Tiere doch noch leben. Ebenfalls nachgewiesen wurde aber auch, dass seit der Römerzeit 90% der wichtigsten Arten im Meer verschwunden sind. Dazu fällt einem nur noch Douglas Adams ein: »Macht’s gut – und danke für den Fisch.«
http://www.coml.org
Wie viele Tiere leben in der Tiefsee?
Im Rahmen der zehn Jahre dauernden Forschungsarbeiten der Wissenschaftler des Census of Marine Life ( COML ) wurden rund 120.000 verschiedene Tierspezies in den Tiefen der Weltmeere »gezählt«. Dass sie damit nur einen kleinen Teil tatsächlich gefunden haben, war den Forschern aber immer schon klar. Nach offiziellen Schätzungen der am Jahrhundertprojekt beteiligten Forscher geht man davon aus, dass etwa eine Million höhere Lebensformen (also solche mit einem Zellkern) in den Weltmeeren zu Hause sind. Forscher der Universität Hawaii und der Dalhousie Universität im kanadischen Halifax gehen gar von 2,2 Mio. höheren Lebensformen aus. Dazu sollen noch einmal rund eine Milliarde Mikrobenarten kommen.
»Nach zehn Jahren harter Arbeit haben wir nur einen Schnappschuss dessen, was die Ozeane enthalten«, bringt es Nancy Knowlton, eine der Wissenschaftlerinnen des COML , auf den Punkt.
Sollte man aus dem jetzigen »Schnappschuss« eines Tages jedoch ein hochprofessionelles Foto erzeugen wollen, müsste man ein wenig mehr Zeit investieren. Wissenschaftler der Universität Hawaii schätzen, dass 86 Prozent aller an Land und 91 Prozent aller in den Ozeanen lebenden Tierarten noch nicht erfasst werden konnten. Sollte jemals jemand die Mühe auf sich nehmen, und die verbleibenden Arten entdecken wollen, müssten dafür (so schätzen die klugen Damen und Herren) über 300.000 Taxonomen 1.200 Jahre lang arbeiten. Und jemand anders müsste knapp 250 Mrd. Euro in die Hand nehmen, um dieses Projekt zu finanzieren. Die Wahrscheinlichkeit, dass dies jemals passieren wird, ist also eher gering.
Was sind Dinoflagellaten?
Beobachtet man im Meer Biolumineszenz, also durch Lebewesen verursachtes Leuchten, geht dies zumeist auf mikroskopisch kleine, einzellige Algen, Dinoflagellaten zurück. Und auch in der Tiefsee sorgen diese auch Panzergeißler genannten Bakterien für ein wenig Licht in der ewigen Dunkelheit.
Von der Größe her sind Dinoflagellaten durchaus unterschiedlich: vom nur 2 µm kleinen Gymnodinium simplex bis zum 2 mm großen Noctiluca miliaris, oft auch als Nachtlaternchen ( Noctiluca miliaris ) bezeichneten Einzeller reicht dabei die Artenvielfalt.
Etwa die Hälfte der Dinoflagellaten ist autotroph, also selbst ernährend aus anorganischen Stoffen, wie etwa Kohlenstoff. Andere wiederum, wie etwa besagtes Nachtlaternchen, sind heterotroph, also »sich fremd ernährend«. Das Nachtlaternchen etwa besitzt kurze Tentakel, das es wie eine Leimrute einsetzt. Nahrungspartikel bleiben daran hängen und werden verputzt. Vor allem die autotrophen Arten leben in der Tiefsee in Symbiose mit anderen Tieren, denen sie entweder das zur Jagd benötigte Licht liefern, oder aber auch für sie unverdauliche Stoffe, wie etwa Schwefelwasserstoff, in verdaubare Stoffe umwandeln.
Insgesamt gibt es dermaßen viele Dinoflagellaten, dass sie rund 90% der Biomasse der gesamten Weltmeere ausmachen. Eine durchaus beachtliche Menge, um es vereinfacht auszudrücken.
Existieren Riesen-Kraken in der Tiefsee?
In der Zeit der großen Seefahrten kamen bereits die ersten Geschichten über riesige Kraken auf, die Boote angegriffen und angeblich sogar mit Mann und Maus versenkt haben. Der Dichter Homer berichtete etwa bereits im 7. Jhd. vor Christus in seiner »Odyssee« über das vielarmige Seeungeheuer Scylla, das, mit dem Hinterleib in einen Felsen gekrallt, Seeleute aus den vorbeifahrenden Schiffen angelt. Klingt bereits sehr nach einem Kraken. Im 16. Jhd. verfasste der schwedische Bischof Olaus Magnus eine Sammlung von Erzählungen norwegischer Fischer und der nordischen Geschichte, in der es um Riesen-Kraken ging. Diese Geschichten darf man zwar getrost ins Reich der Seefahrer-Legenden einreihen,
Weitere Kostenlose Bücher