Tiefsee
Kongreß berichtete. Sie waren schon mit dem Hauptgang fertig und suchten gerade eine Nachspeise aus, als ein Mann mit der Figur eines Verteidigers der Denver Broncos eintrat, sich umsah, Sandecker erkannte und auf seinen Tisch zusteuerte.
Er lächelte Bonnie zu. »Ich bitte um Entschuldigung wegen der Störung, Ma’am.« Dann flüsterte er etwas in Sandeckers Ohr.
Der Admiral nickte und blickte traurig über den Tisch. »Bitte verzeihen Sie mir, aber ich muß gehen.«
»Regierungsgeschäfte?«Er nickte stumm.
»Na gut«, sagte sie resigniert. »Ich habe Sie wenigstens bis zum Dessert ganz für mich allein gehabt.«
Er ging zu ihr und drückte ihr einen Kuß auf die Wange. »Wir werden es noch einmal versuchen.«
Dann beglich er die Rechnung, bat den Ober, ein Taxi für Bonnie zu besorgen, und verließ das Restaurant.
Der Wagen des Admirals hielt bei der unterirdischen Sondereinfahrt zum Kennedy Center für darstellende Künste.
Die Tür wurde von einem ernsten Mann geöffnet, der einen eleganten schwarzen Anzug trug.
»Wollen Sie mir bitte folgen, Sir.«
»Secret Service?«
»Ja, Sir.«
Sandecker stellte keine weiteren Fragen. Er stieg aus dem Wagen und folgte dem Agenten durch einen teppichausgelegten Korridor zu einem Fahrstuhl. Als die Türen sich öffneten, wurde er durch den Gang hinter den Logensitzen des Opernhauses in einen kleinen Raum geführt.
Daniel Fawcett winkte ihm mit steinernem Gesichtsausdruck zur Begrüßung zu.
»Tut mir leid, Admiral, daß ich Ihre Verabredung stören mußte.«
»Die Botschaft lautete ›dringend‹.«
»Ich habe soeben einen neuen Bericht aus Kodiak erhalten.
Die Lage hat sich verschlimmert.«
»Ist der Präsident davon informiert?«
»Noch nicht. Wir warten am besten bis zur Pause. Wenn er plötzlich während des zweiten Aktes von
Rigoletto
seine Loge verließe, könnte es zu viele besorgte Gemüter in Aufregung versetzen.«
Ein Mitarbeiter des Kennedy Center brachte auf einem Tablett Kaffee herein. Sandecker bediente sich, während Fawcett unruhig auf und ab ging. Der Admiral unterdrückte den heftigen Wunsch, sich eine Zigarette anzuzünden.
Nach etwa acht Minuten erschien der Präsident. Der Applaus des Publikums zum Aktschluß war in dem kurzen Zeitraum zwischen dem Öffnen und Schließen der Tür zu hören.
Er trug einen schwarzen Smoking und hatte ein blaues Taschentuch schwungvoll in die Brusttasche des Jacketts gesteckt.
»Ich würde gerne sagen, daß es mich freut, Sie wiederzusehen, Admiral, aber jedesmal, wenn wir zusammentreffen, stecken wir bis zum Hals in einer Krise.«
»Es scheint wohl unser Schicksal zu sein«, antwortete Sandecker.
Der Präsident wandte sich an Fawcett. »Wie lautet die schlechte Nachricht, Dan?«
»Der Kapitän einer Autofähre mißachtete die Anordnungen der Küstenwache und fuhr mit seinem Schiff auf seiner normalen Route von Seward am Festland nach Kodiak. Die Fähre wurde vor einigen Stunden auf der Insel Marmot gestrandet aufgefunden. Sämtliche Passagiere und die Besatzung waren tot.«
»O Gott!« platzte der Präsident heraus. »Wieviele Tote?«
»Dreihundertzwölf.«
»Damit ist die Sache geplatzt«, stellte Sandecker fest. »Die Hölle wird ausbrechen, wenn die Medien davon Wind bekommen.«
»Wir können gar nichts dagegen unternehmen«, sagte Fawcett hilflos. »Die Nachricht kommt bereits über Funk herein.«
Der Präsident sank in einen Stuhl. Auf den Fernsehschirmen wirkte er immer sehr groß, denn er hielt sich wie ein hochgewachsener Mann, obwohl er nur um fünf Zentimeter größer als Sandecker war. Eine leichte Stirnglatze glänzte aus dem allmählich ergrauenden Haar, und sein schmales Gesicht hatte einen entschlossenen, ernsten Ausdruck, wie er ihn selten in der Öffentlichkeit zeigte. Er war ungeheuer beliebt, wozu seine persönliche Herzlichkeit und sein ansteckendes Lächeln sehr viel beitrugen, durch die er selbst die feindseligste Zuhörerschaft für sich gewinnen konnte. Seine erfolgreichen Verhandlungen mit dem Ziel, Kanada und die Vereinigten Staaten zu einem Staat zusammenzuschließen, hatten ihm zu einem Image verhelfen, das gegen Parteikritik immun war.
»Wir können keine weitere Minute warten«, entschied er. »Der gesamte Golf von Alaska muß zum Quarantänegebiet erklärt und die ganze Bevölkerung an der Küste innerhalb einer Dreißigkilometerzone evakuiert werden.«
»Ich bin nicht dieser Meinung«, erklärte Sandecker ruhig.
»Kann ich Ihre Gründe erfahren?«
»Soviel
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