Tiefsee
Wasser und spannten die Kabel, die die beiden Schiffe zusammenhielten.
Sie kreuzten an einem landeinwärts fahrenden schwedischen Öltanker vorbei, und Lee Tong mußte sich festhalten, während der Schleppkahn und der Schlepper durch dessen Kielwasser fuhren. »Wie weit ist es noch bis zum tiefen Wasser?«
»Wir kamen vor etwa neunzehn Kilometern vom Süß- ins Salzwasser. Wir sollten in fünfzig Minuten die Küstenuntiefen überqueren.«
»Halten Sie Ausschau nach einem Forschungsschiff mit rotem Rumpf, das die blaue Flagge der britischen Flottenreserve führt.«
»Wir gehen nach der Versenkung an Bord eines Schiffes der Royal Navy?« fragte Pujon überrascht.
»Ein ehemaliger norwegischer Frachter«, erklärte Lee Tong.
»Ich habe ihn vor sieben Jahren gekauft und als Forschungs- und Vermessungsschiff neu ausgerüstet – eine praktische Tarnung, um die Zollbehörden und die Küstenwache zu täuschen.«
»Hoffen wir, daß es auch diejenigen täuscht, die uns verfolgen.«
Lee Tong brummte. »Warum nicht? Jede amerikanische Suchmannschaft wird mit dem besten englischen Akzent, den man sich vorstellen kann, erfahren, daß wir aufgefischt wurden und uns hinter Schloß und Riegel befinden. Bevor das Forschungsschiff in New Orleans anlegt, werden Sie, ich und unsere Mannschaft dann längst verschwunden sein.«
Pujon deutete nach vorn. »Die Lichter von Port Eads tauchen auf. Wir werden bald in offenem Wasser sein.«
Lee Tong nickte voll grimmiger Zufriedenheit. »Wenn sie uns bis jetzt nicht anhalten konnten, werden sie zu spät, viel zu spät kommen.«
General Metcalf setzte seine lange, ehrenvolle Karriere aufs Spiel, indem er sich nicht um Morans Drohungen kümmerte, sondern eine militärische Mobilisierung in sämtlichen Staaten der Golfküste anordnete. In den Luftwaffenstützpunkten Eglin und Hurlbut in Florida wurden wendige Jagdgeschwader und Hubschrauber mit Bordkanonen zusammengezogen und donnerten nach Westen, während vom Marineluftstützpunkt Corpus Christi in Texas Kampfgeschwader aufstiegen und nach Osten jagten.
Er und Sandecker rasten im Wagen zum Pentagon, um die Rettungsoperation vom Einsatzraum aus zu leiten. Sobald die gewaltige Maschinerie in Gang gesetzt war, konnten sie nur noch die Berichte abhören und auf eine riesige Satelliten-Fotokarte starren, die von einem Projektor auf die Leinwand geworfen wurde.
Metcalf konnte seine Besorgnis nicht verbergen. Er rieb beklommen die Handflächen aneinander und beobachtete die Lichtpunkte auf der Karte, die den Fortschritt des Lufteinsatzes angaben, während die Flugzeuge sich einem rot beleuchteten Kreis näherten.
»Wie lang dauert es, bis die ersten Flugzeuge im Zielgebiet eintreffen?« fragte Sandecker.
»Zehn, höchstens zwölf Minuten.«
»Überwasserfahrzeuge?«
»Nicht unter einer Stunde«, antwortete Metcalf bitter. »Es traf uns recht ungünstig, denn kein Schiff befindet sich in nächster Nähe, ausgenommen ein Atom-U-Boot in hundert Kilometer Entfernung draußen im Golf.«
»Schiffe der Küstenwache?«
»Es liegt ein bewaffneter Rettungskutter vor Grand Island. Er könnte rechtzeitig eintreffen.«
Sandecker studierte die Satellitenaufnahme. »Nicht sicher. Er ist fünfundfünfzig Kilometer entfernt.«
Metcalf rieb sich die Hände mit einem Taschentuch trocken.
»Die Situation sieht schlecht aus.
Der Lufteinsatz ist bis auf die psychologische Wirkung praktisch wertlos. Wir können den Schlepper nicht von Flugzeugen angreifen lassen, ohne den Schleppkahn zu gefährden. Einer sitzt praktisch auf dem anderen.«
»Bougainville würde den Schleppkahn auf jeden Fall rasch versenken.«
»Wenn wir nur ein Wasserfahrzeug in dem Gebiet hätten.
Dann könnten wir wenigstens versuchen, den Schlepper zu entern.«
»Und damit Smith und Margolin lebend retten.«
Metcalf sank auf seinen Suhl. »Wir könnten es vielleicht noch schaffen. Ein SEAL-Sondereinsatzkommando der Marine muß in wenigen Minuten mit einem Hubschrauber eintreffen.«
»Nach dem, was die FBI-Agenten erlebt haben, könnte sie ein Blutbad erwarten.«
»Sie sind unsere letzte Hoffnung«, sagte Metcalf hilflos.
»Wenn sie sie nicht retten können, kann es niemand mehr.«
Das erste Flugzeug, das auf dem Schauplatz eintraf, war kein heulender Düsenjäger, sondern ein viermotoriger Marine-Aufklärer, der vom Wetterflugdienst abgezweigt worden war.
Der Pilot, ein Fünfundzwanzigjähriger mit einem Jungengesicht, tippte seinem Kopiloten auf den Arm und deutete nach
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