Tiefsee
nur einen dunklen Fleck.«
»Stellen Sie die Schärfe auf Ihre Augen ein.«
Suworow tat es, und aus dem Fleck wurde ein Chip – ein integrierter Stromkreis.
»Ein implantiertes Minielement, das Gehirnsignale aussenden und empfangen kann. Wir werden es in seiner Großhirnrinde unterbringen, wo die Denkprozesse des Gehirns ihren Ursprung nehmen.«
»Was verwendet das Implantat dann als Energiequelle?«
»Das Gehirn erzeugt selbst einen Strom von zehn Watt Stärke«, erklärte Lugowoj. »Die Gehirnwellen des Präsidenten können zu einer einige tausend Kilometer entfernten Überwachungsstation übertragen, entschlüsselt, und alle daraufhin erforderlichen Befehle von dort zu ihm übermittelt werden. Man könnte es damit vergleichen, daß man mit einer Fernbedienung von einem Fernsehkanal zum anderen wechseln würde.«
Suworow trat von dem Mikroskop zurück und starrte Lugowoj an. »Die Möglichkeiten sind sogar noch gewaltiger, als ich gedacht habe«, murmelte er. »Wir werden sämtliche Staatsgeheimnisse der Vereinigten Staaten erfahren können.«
»Wir werden auch, solange er am Leben bleibt, seine Tage und Nächte manipulieren können«, fuhr Lugowoj fort, »und über den Computer seine Persönlichkeit steuern, ohne daß er oder jemand in seiner Umgebung etwas davon merken wird.«
Ein Techniker trat herbei. »Wir sind bereit, das Implantat einzusetzen.«
Er nickte. »Machen Sie weiter.«
Der Laser wurde durch eine roboterartige Maschine ersetzt.
Das unglaublich winzige Implantat wurde vom Objekttisch des Mikroskops entfernt und genau in das Ende eines einzigen dünnen Drahtes eingepaßt, der aus einem mechanischen Arm ragte. Dann wurde es auf die Öffnung im Schädel des Präsidenten ausgerichtet.
»Beginn des Eindringens… jetzt«, murmelte die Stimme des an einem Bedienungspult sitzenden Technikers.
Die gesamte Prozedur war vorprogrammiert. Keine menschliche Hand war im Spiel. Von dem Computer geführt, schob der Roboter den Draht vorsichtig durch die schützende Membrane in die weichen Gehirnwindungen. Nach sechs Minuten leuchtete auf dem Bildschirm das Signal »ZIEL« auf.
Lugowojs Augen blieben auf den Röntgen-Farbmonitor gerichtet. »Auslösen und Sonde zurückziehen.«
»Ausgelöst, ziehe zurück«, wiederholte eine Stimme.
Nachdem der Draht entfernt worden war, wurde er durch ein winziges, röhrenartiges Instrument ersetzt, das einen kleinen Pfropfen mit drei Haaren samt ihren Wurzeln enthielt, die einem der russischen Teammitglieder entnommen worden waren, dessen Kopfhaar dem des Präsidenten ähnelte. Dann wurde der Pfropfen in das vom Laserstrahl sauber gebohrte, winzige Loch eingeführt. Als der Roboter zurückgezogen wurde, trat Lugowoj näher und überprüfte die Ergebnisse mit einem starken Vergrößerungsglas.
»Der geringfügige Schorf, der sich bildet, sollte in wenigen Tagen abfallen«, meinte er.
Befriedigt richtete er sich auf und betrachtete die computergesteuerten Bildschirme.
»Das Implantat ist funktionsbereit«, erklärte seine Assistentin.
Lugowoj rieb sich zufrieden die Hände. »Gut, dann können wir mit der zweiten Bohrung beginnen.«
»Sie werden ein zweites Implantat einsetzen?« fragte Suworow.
»Nein, wir injizieren nur eine geringfügige Menge RNS ins Ammonshorn.«
»Könnten Sie mir das in für einen Laien verständlichen Ausdrücken erklären?«
Lugowoj langte über die Schulter des Mannes, der am Bedienungspult des Computers saß, und drehte an einem Knopf.
Das vergrößerte Bild des Gehirns des Präsidenten füllte den gesamten Schirm des Röntgenmonitors aus.
»Dort«, sagte er und deutete auf den gläsernen Bildschirm, »der Wulst, der wie ein Seepferd aussieht, unterhalb der Hörner der seitlichen Gehirnventrikel, ist ein lebenswichtiger Teil des Randsystems im Gehirn. Er wird Ammonshorn genannt. Dort werden neue Erinnerungen aufgenommen und verteilt. Indem wir RNS – Ribonucleinsäure, die genetische Informationen übermittelt – einer anderen Person injizieren, die auf bestimmte Gedanken programmiert wurde, können wir etwas durchführen, was wir als ›Erinnerungsübertragung‹ bezeichnen.«
Suworow hatte sich eifrig bemüht, alles Gesehene und Gehörte zu behalten, doch er geriet bald rettungslos ins Hintertreffen. Er konnte nicht alles verarbeiten. Nun starrte er mit abwesendem Blick auf den Präsidenten hinunter. »Sie können tatsächlich die Erinnerungen einer Person in das Gehirn einer anderen übertragen?«
»Genau«, bestätigte
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