Tiere essen
vertretbar), wenn die National Institutes of Health – eine Organisation, die auf die menschliche Gesundheit spezialisiert ist und darüber hinaus nichts zu gewinnen hat – dafür zuständig wären?
Die globalen Auswirkungen der Ausbreitung von Massentierhaltung, vor allem in Bezug auf lebensmittelinduzierte Krankheiten, Resistenz der Erreger gegen antimikrobielle Medikamente und mögliche Pandemien, sind wirklich beängstigend. Die Geflügelindustrien von Indien und China sind seit den 1980er-Jahren jährlich um fünf bis 13 Prozent gewachsen. Wenn Indien und China dieselbe Menge Geflügel essen würden wie die Amerikaner (27 bis 28 Vögel im Jahr), würden sie allein so viel Geflügel verzehren wie die gesamte Welt heute. Wenn die Welt dem amerikanischen Vorbild folgt, wird sie jährlich über 165 Milliarden Hühner essen (wenn die Weltbevölkerung nicht wächst). Und wie weiter? 200 Milliarden? 500? Werden die Käfige höher gestapelt oder kleiner gemacht oder beides? Wann akzeptieren wir, dass Antibiotika nicht mehr als Mittel gegen Humankrankheiten eingesetzt werden können? Wie viele Tage pro Woche werden unsere Enkel krank sein? Wohin führt das?
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Scheibenweise Paradies/Haufen weise Scheiße
Fast ein Drittel der Landoberfläche unseres Planeten wird für Viehzucht genutzt.
1.
Lach, lach, heul, heul
PARADISE LOCKER MEATS lag früher etwas näher am Smithville Lake im Nordwesten Missouris. Die ursprüngliche Anlage brannte 2002 nieder, als in der Schinkenräucherei ein Feuer ausbrach. Im neuen Gebäude hängt ein Gemälde vom alten, auf dem eine Kuh sich durch den Hintereingang davonmacht. Diese Szene geht auf eine tatsächliche Begebenheit zurück: Vier Jahre vor dem Feuer, im Sommer 1998, entkam eine Kuh aus dem Schlachthof. Sie rannte meilenweit – und das allein wäre schon eine bemerkenswerte Geschichte. Doch dies war keine gewöhnliche Kuh. Sie überquerte Straßen, trampelte Zäune nieder oder überwand sie auf andere Weise, entkam den Farmern, die nach ihr suchten. Als sie ans Seeufer gelangte, kehrte sie nicht um, dachte nicht lange nach oder hielt die Hufe prüfend ins Wasser. Sie versuchte, sich schwimmend zu retten – der zweite Teil ihres Triathlons –, wenn es denn Rettung gab. Zumindest schien sie zu wissen, wovor sie floh. Mario Fantasma – der Besitzer von Paradise Locker Meats – wurde von einem Freund angerufen, der den Sprung der Kuh ins Wasser gesehen hatte. Die Flucht endete schließlich, als Mario sie auf der anderen Seeseite erwischte. Bumm, bumm, Vorhang. Ob man das als Komödie oder Tragödie sieht, hängt davon ab, wen man für den Helden der Geschichte hält.
Patrick Martins, Mitbegründer des Edelfleischvertriebs Heri tage Foods, erzählte mir von diesem Ausbruchsversuch. Er verschaffte mir auch Kontakt zu Mario. »Erstaunlich, wie viele Leute bei einem spektakulären Ausbruch mitfiebern«, schrieb Patrick zu dieser Geschichte in seinem Blog. »Ich habe überhaupt kein Problem, Fleisch zu essen, trotzdem würde ich gern von einem Schwein hören, das abhauen konnte und vielleicht sogar im Wald eine Kolonie freier und wilder Schweine gegründet hat.« Für Patrick hat die Geschichte zwei Helden und ist daher sowohl Komödie als auch Tragödie.
Fantasma klingt wie ein ausgedachter Name, weil es einer ist. Marios Vater wurde auf einer Türschwelle in Kalabrien abgelegt. Die Familie nahm das Kind auf und gab ihm den Nachnamen »Gespenst«.
Mario hat jedoch ganz und gar nichts Geisterhaftes an sich. Seine körperliche Präsenz ist eindrucksvoll – »ein Nacken wie ein Stier und Arme wie Schinkenschlegel«, so beschrieb ihn Patrick –, und er spricht laut und geradeheraus. Bestimmt weckt er ständig unabsichtlich schlafende Babys. Ich fand seine Art ungeheuer angenehm, besonders im Vergleich zu den anderen Schlachtern, mit denen ich geredet (oder zu reden versucht) hatte und die geschwiegen hatten und ausgewichen waren.
Montag und Dienstag sind bei Paradise Schlachttage. Mittwochs und donnerstags wird zerlegt, entbeint und verpackt, und freitags können die Leute aus der Gegend ihre Tiere schlachten und/oder zerlegen lassen. (Mario erzählte mir: »Während der Jagdsaison kriegen wir in einem Zeitraum von zwei Wochen zwischen 500 und 800 Hirsche. Da wird es ziemlich wild hier.«) Heute ist Dienstag. Ich parke, schalte den Motor aus und höre Quieken.
Durch die Eingangstür von Paradise gelangt man in einen kleinen Verkaufsraum mit Kühlregalen an den Wänden, worin
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