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Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)

Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)

Titel: Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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etwas Passendes findet.« Um Missverständnissen vorzubeugen, erklärte sie: »Nicht weil ich unbedingt etwas verkaufen wollte, sondern einfach nur, weil er doch auch was zum Anziehen braucht. Der arme Mann.«
    Brunetti fragte: »Hat er wörtlich gesagt, er lebe in Mestre?«
    Sie sah ihre Kollegin an, als solle die ihr erklären, aus welcher Bemerkung des Mannes sie geschlossen hatte, dass er aus Mestre kam. Nachdenklich neigte sie den Kopf, wie ein Vögelchen. »Er hat gesagt, dort habe er schon einige Paar gekauft, und da habe ich angenommen, er müsse dort leben. Schließlich kauft man Schuhe gewöhnlich dort, wo man wohnt, oder?«
    Brunetti nickte zustimmend und dachte, gewöhnlich habe man nicht das Glück, von einer so freundlichen Person bedient zu werden, ganz gleich, wo man seine Schuhe kauft.
    Er dankte den beiden, gab Letizia seine Karte und bat sie, ihn anzurufen, falls ihr noch irgendetwas einfalle, was der Mann gesagt habe und was der Polizei vielleicht weiterhelfen könne.
    Als sie sich zum Ausgang wandten, räusperte Letizia sich kaum vernehmlich. Brunetti drehte sich um, und sie fragte: »War er der Mann im Wasser?«
    »Ja. Warum fragen Sie?«
    Sie deutete auf ihn und Vianello, als sei ihre Gegenwart, oder ihr Erscheinen, Antwort genug, sagte dann aber: »Weil er besorgt schien, nicht nur traurig.« Bevor Brunetti darauf hinweisen konnte, dass sie davon noch nichts gesagt hatte, fuhr sie fort: »Ich weiß, ich weiß, ich habe gesagt, er war freundlich und höflich. Aber irgendetwas hat ihn bekümmert. Ich dachte, es war wegen der Jacke oder weil wir nicht die richtigen Schuhe für ihn hatten, aber es war mehr als das.«
    Eine so aufmerksame Person wie sie brauchte man nicht zu drängen, also blieben Brunetti und Vianello still und warteten.
    »Wenn Leute darauf warten, dass ich ihnen etwas bringe – eine andere Größe oder andere Farbe –, sehen sie sich normalerweise im Laden um, oder sie stehen auf, gehen herum und sehen sich die Gürtel an. Aber er ist einfach sitzen geblieben und hat seine Füße angestarrt.«
    »Meinen Sie, er war unglücklich?«, fragte Brunetti.
    Diesmal antwortete sie nicht sofort. »Nein, wenn ich es recht bedenke, würde ich sagen, ihn quälte etwas.«

13

    Brunetti und Vianello beschlossen, gemeinsam mittagessen zu gehen, schreckten aber beide davor zurück, irgendwo im Radius von zehn Minuten um San Marco einzukehren.
    »Wie ist das nur möglich?«, fragte Vianello. »Früher konnten wir überall in der Stadt gut essen, na ja, so ziemlich überall. Da war selten etwas auszusetzen, und man musste kein Vermögen dafür bezahlen.«
    »Was verstehst du unter ›früher‹, Lorenzo?«
    Vianello verlangsamte seinen Schritt. »Etwa zehn Jahre.« Korrigierte sich dann aber verblüfft: »Nein, das ist noch viel länger her, oder?«
    Sie kamen an dem Geschäft vorbei, das früher die Buchhandlung Mondadori gewesen war, nur wenige hundert Meter vom Eingang zur Piazza San Marco entfernt, und wussten immer noch nicht, wo sie essen gehen sollten. Plötzlich wurden sie von einer heranströmenden Touristenwoge erfasst und konnten sich gerade noch ans Schaufenster retten. Weiter vorn, kurz vor der Piazza, widerlegte die pastellfarbene Flut die physikalischen Gesetze und strömte in entgegengesetzte Richtungen gleichzeitig. Blindlings und ohne Ziel, ein nie versiegender Strom.
    Vianello legte Brunetti eine Hand auf den Unterarm. »Ich kann nicht«, sagte er. »Ich kann nicht über die Piazza gehen. Lass uns das Boot nehmen.« Sie bogen rechts ab und kämpften sich zum embarcadero durch. Lange Schlangen standen am Kartenschalter an, und die Bootsanleger versanken fast im Wasser unter den Massen, die auf ein Vaporetto warteten.
    Von rechts näherte sich eine Nummer Eins, und die Schlange rückte ein paar sinnlose Schritte näher, denn vorne war nur das Wasser. Brunetti nahm seinen Dienstausweis aus der Brieftasche und schlüpfte um die Sperre des Durchgangs für die aussteigenden Passagiere. Vianello folgte ihm. Sie hatten noch keine vier Schritte getan, als ein Beamter unten an der Anlegestelle ihnen heftig gestikulierend zuschrie, sie sollten verschwinden.
    Die beiden gingen unbeeindruckt auf ihn zu, und Brunetti hielt ihm seinen Ausweis hin. »Scusi, Signori«, sagte der Mann und gab ihnen den Weg auf den Ponton frei. Er war jung, wie die meisten von ihnen heutzutage, klein und dunkel, sprach aber Veneziano. »Die Leute versuchen sich immer auf diese Weise vorzudrängen, und ich muss

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