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Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)

Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition)

Titel: Tierische Profite: Commissario Brunnetis einundzwanzigster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Donna Leon
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sie zurückscheuchen. Eines Tages bekommt noch mal einer von denen Prügel«, sagte er lächelnd, damit sie das nicht ernst nahmen.
    »Die Touristen?«, fragte Brunetti, erstaunt über so viel Erfindungsgabe.
    »Nein, unsere Leute, Signore«, antwortete der Mann; offenbar meinte er Venezianer. »Die Touristen sind wie Schafe: sehr sanftmütig, denen braucht man nur zu sagen, wo’s langgeht. Am schlimmsten, mit Abstand die Schlimmsten, sind die alten Damen: Die schimpfen über die Touristen, aber die meisten von ihnen fahren umsonst, wenn sie alt genug sind, und die etwas jüngeren kaufen einfach keine Karte.« Wie zum Beweis erschien hinter Brunetti und Vianello eine alte Frau, schob sich, ohne die drei zu beachten, an ihnen vorbei und baute sich genau vor der Stelle auf, wo die Passagiere aussteigen würden.
    Der Matrose an Bord vertäute das Boot am Poller, legte eine Hand auf das Schiebegitter und bat die alte Frau, zur Seite zu treten, damit die Passagiere aussteigen konnten; sie stellte sich taub. Er bat sie noch einmal, und sie rührte sich nicht. Schließlich gab er dem Drängen und Murren der Leute im Boot nach und ließ das Gitter aufgleiten. Sogleich quollen sie heraus und schubsten die alte Frau mit Schultern, Armen und Rucksäcken wie ein Stück Treibgut zur Seite.
    Die Alte revanchierte sich mit einer wüsten Schimpftirade auf Veneziano, ihr Castello-Akzent verriet, wohin das Boot unterwegs war. Sie verfluchte die Vorfahren aller Touristen, ihre sexuellen Gewohnheiten und ihre mangelnde Körperpflege, bis endlich der Weg frei war und sie an Bord gehen und sich setzen konnte, wobei sie unentwegt über die schlechten Manieren jener Ausländer zeterte, die anständigen Venezianern das Leben zur Hölle machten.
    Nachdem das Boot abgelegt hatte, schob Brunetti die Kabinentür zu, damit sie das Gekeife nicht weiter mit anhören mussten. Schließlich sagte Vianello: »Eine widerliche Hexe, aber irgendwie hat sie recht.«
    Brunetti ging darüber hinweg; die ganze Stadt redete bald von nichts anderem mehr. »Du entscheidest, wo wir hingehen?«, fragte er, als habe Vianellos Reaktion auf die Touristenmassen ihr Gespräch nie unterbrochen.
    »Fahren wir zum Lido hinaus, Fisch essen«, sagte der Ispettore mit der Begeisterung eines kleinen Jungen, der die Schule schwänzt.
    Da Andri war nur zehn Minuten zu Fuß von der Anlegestelle Santa Maria Elisabetta entfernt; der Inhaber, ein Schulkamerad von Vianello, führte sie an einen freien Tisch in der gut besuchten Trattoria. Unaufgefordert brachte er ihnen einen halben Liter Weißwein und einen Liter Mineralwasser und empfahl Vianello den Krabbensalat mit rohen Artischocken und Ingwer, dann zuppa di pesce. Vianello nickte; Brunetti nickte.
    »Also Mestre«, sagte Brunetti.
    Bevor Vianello darauf eingehen konnte, stellte der Inhaber ihnen Brot auf den Tisch, fragte, ob sie ein paar Artischockenherzen im Voraus haben wollten, und ging sie eilends holen.
    »Ich will da nicht in Kompetenzstreitigkeiten geraten«, sagte Vianello schließlich. »Du kennst die Vorschriften besser als ich.«
    Brunetti nickte. »Ich denke, ich werde mich auf Pattas Taktik verlegen und einfach davon ausgehen, wenn ich etwas tun will, habe ich auch das Recht dazu.« Er schenkte ihnen beiden die Getränke ein und nahm einen großen Schluck Wasser. Er riss ein Päckchen Grissini auf, knabberte eins und noch eins: Plötzlich spürte er, wie hungrig er war. »Aber damit alles korrekt zugeht, werde ich dort anrufen und mitteilen, dass wir rauskommen und uns umhören werden, ob jemand in dem Schuhgeschäft den Mann auf dem Foto erkennt.«
    Vianello nahm sich ebenfalls ein paar Grissini.
    Der Inhaber brachte die Artischocken und eilte wieder von dannen. Es war ein Uhr, die Trattoria bis auf den letzten Platz gefüllt. Beide registrierten zufrieden, dass offenbar nur Einheimische da waren: Drei Tische waren voll besetzt mit staubbedeckten Arbeitern in derber Kleidung und schweren Stiefeln.
    »Glaubst du, es gibt Ämter, in denen alle zusammenarbeiten?«, fragte Vianello.
    Brunetti aß die erste Artischocke und legte seine Gabel hin. »Ist das eine rhetorische Frage, Lorenzo?«, meinte er nur und trank einen Schluck Wein.
    Der Ispettore riss ein Stück Brot ab und wischte das Olivenöl von seinem Teller. »Die sind gut. Ohne Knoblauch mag ich sie am liebsten.« Die rhetorische Frage vertiefte er nicht weiter.
    »Wir lassen uns mit dem Wagen hinbringen und fahren im Anschluss gleich wieder zurück.«
    Der

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