Tiffamy Duo Band 29
ängstlich, um ihre Wünsche und Träume zu verwirklichen."
Mandy biss sich auf die Unterlippe. Adelas Worte waren gewiss nicht auf sie gemünzt, aber Mandy fühlte sich getroffen, da sie sich zu denen zählte, die zu ängstlich waren. Selbst wenn sie nicht mehr so panisch reagierte wie nach dem Unfall, jagte ihr Wasser noch immer einen Riesenschreck ein. Die Fortschritte, die sie bei der Bewältigung ihrer Ängste machte, waren minimal. Vor drei Monaten hatte sie zum ersten mal seit zwei Jahren wieder ein Bad genommen, anstatt zu duschen. Sie hatte sich kaum getraut, in die Badewanne zu steigen. Um sich langsam wieder an das Gefühl im Wasser zu gewöhnen, hatte sie die Menge von Mal zu Mal gesteigert.
Bei der Vorstellung, das kalte, tödliche Nass könnte ihr Gesicht überspülen, geriet Mandy in Panik. Ihre Angst vor Wasser war größer als ihre Scham vor der Angst. Wenn sie deshalb dazu verurteilt war, nur noch Dusch- oder Sitzbäder zu nehmen, musste sie sich damit abfinden. Sie lebte, sie hatte eine Arbeit, die nichts mit Wasser zu tun hatte, und sie konnte nachts wieder schlafen, ohne aus Alpträumen hochzufahren — Alpträume, in denen der Ozean ihr kleines Flugzeug verschlang. Sie sah das Wasser langsam an den Fenstern hochsteigen, während sie versuchte, sich und ihren Mann aus der engen Flugzeugkabine zu befreien.
Mandy blinzelte benommen. Erst jetzt fiel ihr auf, dass Adela sie forschend anschaute, als erwarte sie irgendeine Antwort.
„Geht es Ihnen nicht gut?" wiederholte sie ihre Frage. „Sie sehen aus, als wäre Ihnen ein Geist begegnet."
Mandy schluckte. „Tatsächlich?" fragte sie und zwang sich zu einem unbefangenen Lachen.
Adela musterte sie mit zusammengekniffenen Augen. Sie wollte etwas sagen, überlegte es sich aber anders und wandte sich wieder den Fotos zu. In dieser Stadt und über den ganzen Erdball verstreut gab es Menschen, die wieder lächeln konnten, weil sie, Adela Sutter, ihnen geholfen hatte.
Liebevoll betrachtete sie die Bilder. Dabei schwebte ihr schon das nächste „Projekt" vor. Mit etwas Glück würde auch Mandys Foto bald hier hängen. Leider sah sie keine Möglichkeit, Daniels Porträt jemals an diese Wand zu bekommen. Wie man ihm zu seinem Glück verhelfen konnte, war selbst für Adela eine schwierige Aufgabe.
★
„Was hast du gemacht?" herrschte Daniel seine Tante Adela an, als sie ihn etwas später in seiner Wohnung aufsuchte.
Adela kannte ihren Neffen gut, hatte aber nicht damit gerechnet, dass er so heftig auf ihren Plan reagieren würde.
Mit einem Gleichmut, den nur die wenigsten in dieser Situation aufgebracht hätten, erwiderte sie den Blick des Mannes, der sich drohend vor ihr aufgebaut hatte. Mit seinem verächtlichen Lächeln und dem harten Blick wirkte er in diesem Moment geradezu gefährlich. Die Tatsache, dass er nur mit Shorts bekleidet war, konnte diesem Eindruck nichts anhaben.
„Ich habe dich für morgen bei der Wohltätigkeits-Auktion eingetragen", wiederholte Adela ruhig. „Als Überraschung des Abends sozusagen." Daniel sah sie mit finsterer Miene an, während sie gelassen vor ihm stand.
„Tante Adela, du bist mir der liebste Mensch auf der ganzen Welt, und . . ."
„Glaub nicht, dass du dich mit Schmeicheleien aus der Affäre ziehen kannst, mein Junge", unterbrach sie ihn. „Du bist aufgestellt worden, und daran wird sich nichts ändern."
„Adela", sagte Daniel ruhig, weil er wusste, dass er mit lauten Worten bei seiner Tante nichts erreichen würde. „Woher nimmst du die Überzeugung, dass ich mich tatsächlich auf diese Bühne stellen werde und mich meistbietend an irgendein reiches, hysterisches Weib versteigern lasse? Warum sollte ich das tun?"
„Weil du dir damit drei Wochen Urlaub verdienst."
„Wie bitte?"
„Drei Wochen Urlaub an einem Ort deiner Wahl. Drei Wochen, in denen du tun und lassen kannst, was du willst."
„Ist das dein Ernst?"
„Natürlich."
Daniel musterte seine Tante eingehend. Trotz ihrer hohen Absätze war sie sicher noch einen Kopf kleiner als er. Längst wusste er jedoch, dass sie diese mangelnde Körpergröße durch ihr beeindruckendes Temperament sehr gut auszugleichen verstand.
Adela hatte Daniel als Teenager aufgenommen, ihn nach geraden und lebensnahen Richtlinien erzogen und ihn zu einem wertvollen Menschen gemacht, der sich im Leben gut zurecht fand. Deshalb vermochte Daniel dieser Frau nichts als Liebe und Respekt entgegenzubringen, wenngleich sie ihn mit ihren Ideen manchmal zur
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