Tiffany Duo 134
Aktionen bevorzugen, mit denen sie die öffentliche Aufmerksamkeit auf ihr Anliegen lenken können. Und das kann man ganz bestimmt nicht, indem man eine Hand voll Archäologen im Sinai ärgert.“
„Es kommt durchaus vor, dass Amerikaner entführt werden.“ Gott, in diesem Punkt klang er genauso paranoid wie Tim. „Und wem würde meine Entführung nützen? Bei mir gibt es niemanden, der ein hohes Lösegeld zahlen könnte.“ Sie schüttelte den Kopf. „Nein, wirklich, sie wären ganz schön blöd, wenn sie ihre Zeit mit mir verschwenden.“
„Wer sagt denn, dass Terroristen immer schlau sind?“
„Ach, hören Sie doch auf. Glauben Sie wirklich ernsthaft, es bestünde Gefahr, dass mich irgendein nicht allzu schlauer Terrorist bei meinem morgendlichen Dauerlauf kidnappt?“
„Sind Sie bereit, Ihr Leben darauf zu verwetten, dass es nicht passiert?“
Sie dachte darüber nach. „Risiken gibt es überall“, erklärte sie schließlich. „Ich komme aus Houston. Wissen Sie, was dort für ein Verkehr herrscht? Die Leute riskieren jeden Tag auf dem Weg zur Arbeit ihr Leben, sie nehmen jeden Tag das Risiko in Kauf, eine Zahl in der Unfallstatistik zu werden.“
„Das ist kein Risiko, das sie in Kauf nehmen, sondern eine Gewohnheit, gepaart mit der tröstlichen Überzeugung, dass alles Schlimme immer nur den anderen passiert.“
Sie nickte. „Zum Teil jedenfalls. Allerdings glaube ich, dass der Mensch durchaus bereit ist, ein Risiko einzugehen, wenn ihm etwas wichtig ist. Deshalb werde ich morgens so lange laufen, bis mir etwas anderes wichtiger erscheint.“
„Dann ist es mir also nicht gelungen, Sie zu überzeugen?“
„Nein.“
Das Schweigen, das daraufhin zwischen ihnen entstand, wurde bald drückend. Und Nora musste sich trotz ihrer gegenteiligen Beteuerungen fragen, ob sie sich nicht vielleicht doch töricht verhielt. Aus dem Schreiben, das Ibrahim ihr geschickt hatte, ging hervor, dass Alex Bok einen großen Teil seines Lebens in dieser Region verbracht hatte. Er kannte sich hier besser aus als sie.
Sie warf ihm aus dem Augenwinkel einen verstohlenen Blick zu. Zweifellos kannte er sich noch mit einer Menge anderer Dingen, besser aus als sie.
Mit Sex zum Beispiel. Daran würde wahrscheinlich fast jede Frau in Gegenwart eines Mannes wie Alex zwangsläufig irgendwann denken müssen. Allerdings war es nicht die angenehme pastellfarbene Version, die er heraufbeschwor, sondern die primitive, unverstellte Seite der Leidenschaft. Zerknüllte Laken und angespannte Körper. Schweiß und Begierde und Dringlichkeit.
Viele Frauen hatten an Sex mit Alex nicht nur gedacht. Das musste sie im Kopf behalten. Eine Frau, die sich in einen beziehungsunfähigen Mann wie ihn verliebte und glaubte, ihn ändern zu können, würde unweigerlich Probleme bekommen.
Nora suchte nicht nach Problemen. Dennoch warf sie ihm noch einen verstohlenen Blick von der Seite zu. Er sah hart und unnahbar aus, ganz und gar nicht wie der Amateur, der zu sein er vorgab.
Er erregte sie. Sie war nicht glücklich über diese Erkenntnis, aber das machte sie nicht weniger wahr. Alles an ihm faszinierte, erregte sie, sogar sein im Moment bedrohlich wirkendes Gesicht. Er sah so unbewegt aus wie die Felsenlandschaft, in der er sich bewegte.
Sie wollte ihn fragen, welche Gedanken diesen Gesichtsausdruck hervorgerufen hatten. Sie wollte diese rauen Wangen mit den Fingerspitzen berühren.
Wie hoch war das Risiko mit Alex?
Nora hasste es, verwirrt zu sein. Ihre Beziehung zu Alex - falls man es überhaupt so nennen konnte - war diffus. Nicht rein beruflich, wie er gesagt hatte. Aber rein persönlich war sie auch nicht. Und jetzt hatte er plötzlich mittendrin die Gangart gewechselt.
Sie hatte ihm bei ihrem unsicheren Tanz schon viel zu lange die Führung überlassen. Jetzt war es an ihr, den nächsten Schritt zu machen.
Wenn sie nur wüsste, in welche Richtung.
Alex dachte über Ränder nach. Und Farben. Und Sex.
Das Land um ihn herum bestand nur aus Rändern - manche davon waren abgeschliffen, manche scharf, andere gezackt, aber alle waren sie nackt, ohne das Grün, das andere Teile der Welt lieblicher erscheinen ließ. Ödland, würde manch einer sagen.
Die Farben des Landes, die das Morgenlicht jetzt enthüllte, waren gebrochen. Blassgraue Felsen, grauroter Lehm, rostgrauer Sand. Direkt vor ihm schmiegte sich eine verkrüppelte Akazie an den Abhang des Wadis, die Farben ihres staubigen Stamms und der Blätter stammten aus derselben
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