Tiffany Duo 48
sich
gelangweilt, einsam und ruhelos. Und frustriert natürlich. Die kleine Episode mit
Saralee Richardson auf dem Sofa hatte ihn völlig aus dem Gleichgewicht gebracht.
Nicht einmal im Schlaf war es ihm gelungen, sie aus seinen Gedanken zu verbannen.
Besessenheit war ein häßliches Wort, aber es kam doch ziemlich nahe an das heran,
was er momentan für seine widerspenstige Nachbarin empfand.
Er schlenderte ins Wohnzimmer zurück, steckte ein weiteres Holzscheit in den Ofen
und stellte sich dann an das andere Fenster. Es war nicht so, daß er nicht genug zu
tun gehabt hätte.
Mit dem englischen Buch der Zaubersprüche hatte er auch zwei der ältesten
Folianten über Wünschelruten mit nach Hause genommen. Er konnte sich jetzt
hinsetzen und anfangen, sich erste Notizen zu machen, bestimmt würde er dann in
kürzester Zeit ganz und gar von seinem Thema gefesselt werden.
Das Problem war, überhaupt zu einem Anfang zu kommen. Gut, wenn er also nicht
den ganzen Tag am Schreibtisch über irgendwelchen verstaubten Büchern
verbringen wollte, dann konnte er sich natürlich auch mit Außenarbeiten befassen.
Drei der anerkanntesten Rutengänger lebten in einem Umkreis von zwanzig Meilen
um Danbury. Er hatte sie bereits brieflich kontaktiert, und sie hatten ihm angeboten, jederzeit zu ihnen zu kommen.
Nick wußte, wo sie wohnten, alle drei hatten es ihm genau beschrieben. Zumindest
glaubte er, er würde dort hinfinden. Vielleicht, um ganz sicherzugehen, sollte er
doch lieber noch einmal Sybil fragen. Er hatte keine Lust, sich auf den kleinen
Landstraßen hier hoffnungslos zu verfahren.
Er konnte sie anrufen. Möglicherweise erklärte sie sich ja sogar bereit
mitzukommen, wenn er ihr versprach, daß die ganze Angelegenheit rein dienstlich
war. Außerdem hätte er so endlich mal die Gelegenheit, an seiner Zufahrt
ausnahmsweise rechts abzubiegen und von sich aus zu ihrem Haus zu fahren. Er
würde ihre Killerhunde kennenlernen und sehen, ob er ihr nicht doch einen Anflug
von Gastfreundlichkeit entlocken konnte. Ihm war klar, daß sie nur ihm gegenüber
so feindselig gesonnen war. Irgend etwas an ihm ging ihr entschieden gegen den
Strich. Dennoch ahnte er unter ihrer abweisenden Oberfläche eine überaus sinnliche
Ader, die sie nach besten Kräften zu tarnen versuchte. Nick jedenfalls war fest
entschlossen, sie daran zu hindern.
Leise vor sich hinsummend packte Nick seinen Notizblock und ein paar Stifte
zusammen, seine Melancholie war plötzlich wie weggeblasen. Er würde ihr sogar
versprechen, nicht auf das
Thema Leona zu sprechen zu kommen. Schließlich hatte er für den Moment auch
bereits das Wichtigste eingefädelt. Jetzt konnte er abwarten, bis Ray ihm weitere
Informationen verschaffte, ehe er das Thema wieder anschnitt. Bis dahin wollte er
erst einmal seinen ganzen Charme spielen lassen. Bestimmt war das recht
anstrengend, aber im Fall Sybil konnte es das wert sein. Denn ganz gleich, wie sehr
er diese Tatsache auch zu verdrängen versuchte, hatte er doch das seltsame Gefühl,
als hätten er und Sybil sich eine ganze Menge zu sagen, innerhalb und auch
außerhalb des Schlafzimmers. Und das wollte er unbedingt herausfinden.
Sybil saß in ihrer Küche und sah in das Schneetreiben hinaus. Sie hatte Mary Philbert nicht viel sagen oder helfen können, ihr war vorerst nichts anderes übrig geblieben,
als sich dem Mitleidschor der anderen alten Bewohner des Seniorenheims
anzuschließen.
Ihre Leidensgenossen hatten versucht, sie damit zu trösten, indem sie ihr genau die
Geschichte ihres eigenen Ruins erzählten. Zum ersten Mal hatte Sybil den
Einzelheiten größere Aufmerksamkeit geschenkt, dennoch hatte sie nirgends auch
nur die kleinste Parallele entdecken können. Erneut sagte sie sich, daß Nick
entweder verrückt sein oder unter typisch großstädtischem Verfolgungswahn leiden
mußte. Vielleicht hatte er sich auch nur zu viele Krimis im Fernsehen angeschaut.
Wenn er so etwas gern tat, dann würde er auf der Black Farm sicher eine
Enttäuschung erleben. Sie lag in einer Senke, im Bestfall konnte er dort zwei
Programme empfangen. Selbst Sybil, die eine Spezialantenne besaß, hatte nur vier
Programme zur Auswahl, eins davon war auf französisch. Sich Wiederholungen des
"Denver Clans" in einer fremden Sprache anzusehen, hatte schon vor längerer Zeit jeglichen Reiz verloren, und bis jetzt war Sybil auch noch nicht der Versuchung
erlegen, sich einen Videorecorder
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