Tiffany Duo 48
anzuschaffen.
Aber schließlich war sie nach Vermont gezogen, um zu einem einfacheren Leben
zurückzufinden und sich neu auf Grundwerte zu besinnen, da brauchte sie solch
technischen Schnickschnack nicht. Auch wenn sie manchmal wehmütig wurde bei
dem Gedanken, wie viele gute Filme ihr dadurch entgingen.
Im Moment jedenfalls langweilte sie sich, sie fühlte sich einsam und ruhelos. Es
wäre, schön gewesen, sich nun in aller Ruhe einen alten Spielfilm ansehen zu
können, statt sich mit der Sportschau zufriedengeben zu müssen.
Sie brauchte unbedingt etwas Ablenkung. Was sie brauchte, war Nick, der
vorbeikam und sie aus dem Ganzen herausholte, der sich mit ihr stritt, sie aufzog
und vielleicht auch noch einmal küßte. Nur um zu sehen, ob der Trank noch immer
Wirkung
zeigte. Ja, sie brauchte jetzt Nick.
***
Nick hörte das Bellen schon lange, ehe die Tür geöffnet wurde. Es klang nach einer
ganzen Meute Bluthunde, die nur darauf wartete, ihm an die Kehle zu gehen.
Flüchtig erwog er, ob er doch nicht lieber wieder schutzsuchend zu seinem Wagen
zurücklaufen sollte, doch dann gab er sich tapfer einen Ruck. Sybil hatte die Tiere
zwar als Killerhunde bezeichnet, Dulcy jedoch hatte ihm versichert, sie seien völlig
harmlos. Zwar traute er keiner von den beiden so recht, aber Dulcy hatte weniger
Gründe, ihm etwas vorzumachen.
Die Tür ging auf, und für den Bruchteil einer Sekunde nahm Nick Sybils Anblick in
sich auf. Dann sah er nichts mehr, denn ein Dutzend schwarzweißer und rotweißer
Fellbündel stürzten sich auf ihn und sprangen an ihm hoch.
"Packt zu!" befahl Sybil fröhlich.
Nick wurde zwar nicht zu Boden gerissen, aber viel hätte nicht gefehlt. Überall
waren Hunde, die an ihm emporsprangen, seine Hände ableckten und ein
begeistertes Jaulen zur Begrüßung anstimmten. Nick brauchte eine Weile, bis er
zwei
erwachsene Tiere und vier Welpen unterscheiden konnte, sie wirkten allesamt nicht
sonderlich gut erzogen.
"Hallo, Jungs", meinte er mit freundlich sanfter Stimme und ging in die Hocke.
Daraufhin steigerte sich die Freude der Hunde nur noch, schwanzwedelnd rannten
sie um ihn herum und begannen in den höchsten Tonen zu fiepen. "Immer mit der
Ruhe", murmelte er, und langsam beruhigten die Hunde sich wirklich und drängten
sich um ihn, um gestreichelt zu werden. Nick stand auf und sah geradewegs in Sybils
Augen. "Killerhunde, wie?"
Sie wurde nicht einmal rot, sondern hielt ihm nur wortlos die Tür auf. Nun wäre er
doch beinahe noch einmal zu Boden gerissen worden, als die ganze Hundemeute an
ihm vorbei ins Haus stürmte. "Du kannst mit Hunden umgehen", gab Sybil
widerwillig zu.
"Sie wissen eben genau, wer vertrauenswürdig ist und wer nicht."
Sybil schnaubte verächtlich. "Ach was, diese Viecher lieben alles und jeden. Sie würden sogar Jack the Ripper freundlich begrüßen."
"Ja, aber ob der sie so schnell hätte beruhigen können?"
"Nun ja, ich gebe durchaus zu, daß du eine gewisse hypnotische Wirkung auf
simplere Gemüter hast."
"Das deine eingeschlossen?"
"Treib es nicht zu weit, Nick!" warnte sie. "Warum bist du gekommen?"
Sie standen noch immer in der mit Naturstein ausgelegten Diele, um ihre Schuhe
bildeten sich Pfützen von Schneewasser. Charme, rief er sich in Erinnerung. "Ich langweilte mich und fühlte mich allein, daher beschloß ich, meine liebste Freundin in Vermont zu besuchen."
"Und warum hast du das nicht getan?"
"Ich bin doch hier, oder etwa nicht?"
Das brachte sie ein wenig aus der Fassung. "Nick, wenn du solche Freunde hast wie mich, brauchst du keine Feinde mehr!"
"Nun komm schon, Sybil", bat er sanft. "Bitte mich hinein, gib mir eine Tasse Kaffee und hör dir an, was ich dir vorzuschlagen habe."
"Soll das ein Heiratsantrag sein?"
"Nicht direkt. Aber darüber können wir natürlich auch reden."
"Vergiß es. Geh ins Wohnzimmer, ich bringe dir Kaffee. Wie möchtest du ihn?"
"Warum pendelst du es nicht aus?"
"Und warum gehst du nicht zum ..." Es kostete sie einige Mühe, sich eine passende Bemerkung zu verkneifen.
"Mit Milch und Zucker, bitte", beeilte er sich freundlich hinzuzufügen.
Sie warf ihm einen langen, argwöhnischen Blick zu. "Milch und Zucker", wiederholte sie. "Gut, ich komme gleich wieder."
Ihr Wohnzimmer gefiel ihm gut. Es war klein, vollgepackt und hell, mit vielen
Fenstern, einem alten Sofa, über das eine hübsche Decke gebreitet war und das
Sybil nah zum Ofen gerückt hatte, hübschen, farbenfrohen Bildern an
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