Tiffany Duo 48
"Ich will dich in mir spüren. Jetzt."
Er nahm seine Hand fort, und Sybil stöhnte ungeduldig auf. Er trat einen Schritt
zurück, gerade lange genug, um sich seiner Jogginghose zu entledigen. Seine Augen
glänzten im Dämmerlicht, und wieder empfand sie so etwas wie Furcht. War es
falsch, ihn zu begehren?
Das alles hatte nichts mehr mit Klugheit zu tun, auch nicht mit Vernunft oder dem
Bedürfnis, sich selbst zu schützen. Sybil existierte nicht mehr, auch Nick nicht. Es gab nur noch eine Frau, einen Mann, Hell und Dunkel, ein elementares und doch
vielschichtiges Bedürfnis.
Er hob sie auf und trug sie ins Schlafzimmer. Dann fiel sie, fielen sie beide auf das Bett, und er war über ihr und nahm sie mit einer einzigen kraftvollen Bewegung, die
sie atemlos machte. Sie zog ihn tiefer zu sich herab, hüllte ihn ein mit Armen,
Beinen, ihrem ganzen Körper. Jede seiner Bewegungen
war wie eine Forderung, eine fast schmerzhaft süße Qual, und sie reagierte darauf,
indem sie sich seinem Rhythmus anpaßte, sich ihm entgegenstreckte, während er
sich zurückzog, nur um wieder von vorn zu beginnen.
Sie bebte, er bebte, sie rief seinen Namen, er rief ihren Namen. Dann beschleunigte
sich plötzlich das Tempo, wurde immer schneller, drohte sich zu überschlagen, und
dann ... Noch nicht, dachte Sybil. Noch nicht. Es darf noch nicht vorbei sein.
Und es war noch nicht vorbei. Das Gefühl hielt an, endlos scheinende Sekunden
lang, jenseits von. Zeit und Raum. Es hielt an, so intensiv, daß es fast die Grenze des Schmerzes erreichte. Dann ließ es nach, wurde sanfter, milder, bis Nick und Sybil
schließlich erschöpft zurücksanken.
Sie konnte sich nicht bewegen, nicht denken, nicht einmal die Augen öffnen. Alle
Kraft, die ihr noch geblieben war, benötigte sie zum Atmen und zum Beruhigen ihres
rasenden Herzschlags. Noch nie im Leben hatte Sybil etwas Derartiges empfunden.
Eine Fingerspitze berührte zart ihr eines Augenlid, sie schlug die Augen auf und sah, wie Nick sie mit hellen Augen strahlend betrachtete. Seine Fingerspitze war naß von
ihren Tränen.
Sie wußte, daß ihr Blick verwirrt, beinahe ernst wirken mußte, aber sie konnte nichts dagegen tun. Sie beobachtete ihn wortlos und wartete. Auf irgend etwas.
"Jetzt gehörst du mir", sagte er leise, und um seinen aufregenden Mund spielte ein eigentümlich zärtliches Lächeln. "Ich habe deine Seele gewonnen." Er beugte sich zu ihr hinab und biß sie leicht in die Unterlippe, gerade so fest, daß es ein bißchen
wehtat. "Ist dir das klar, Saralee?"
Sie war zu schwach, um zu protestieren. "Ganz klar", murmelte sie heiser. Sie schloß die Augen wieder, schloß ihn und die ganze ziemlich problematische Welt aus und
schlief fest ein.
8. KAPITEL
Nick sah auf sie herab, wie sie so süß, friedlich und behaglich in seinem Arm lag. Ihr langes, feuchtes Haar hüllte sie beide ein, ihre Augen waren geschlossen, und sie
hielt eine kleine, wehrlose Hand gegen ihr Gesicht geschmiegt. Ihre andere Hand
ruhte an seiner Schulter, es war eine rührende, unbewußte Geste des Vertrauens.
Wer hätte das gedacht? grübelte er und streckte sich in dem schmalen Bett aus. Ja,
es war wirklich auf angenehme Weise schmaler geworden, seit er endlich die so
lange ersehnte Gesellschaft darin hatte. Wer hätte gedacht, daß er sich in jemanden
wie Sybil Saralee Richardson verlieben würde?
Adela war so viel mehr nach seinem sonstigen Geschmack gewesen. Langbeinig,
geistreich, ehrgeizig, ohne die geringste Spur von Phantasie, elegant und leicht
zynisch. Die Frau jetzt neben ihm war allenfalls hübsch. Bis sie lächelte, und sein
Herz einen Sprung tat. Oder bis sie die Stirn runzelte und er den dringenden Wunsch
verspürte, sie zu küssen. Oder bis sie zerstreut aussah, und er sie am liebsten
gekitzelt hätte. Ganz gleich, was sie auch immer tat, sie nahm ihn völlig gefangen.
Und so unlogisch das alles sein mochte, er war rettungslos an sie verloren.
Die Frau neben ihm glaubte an die absurdesten Dinge. In irgendeinem Buch hatte
Nick mal die Stelle gefunden: "Manchmal habe ich schon allein vor dem Frühstück
an sechs der unmöglichsten Dinge geglaubt." Er bezweifelte nicht, daß Saralee
Richardson diesen Rekord einstellen konnte.
Sie hatte die elegante Vorstadt verlassen, war aus einer Yuppie-Ehe ausgebrochen
und hatte das alles gegen die ländliche Einfachheit eingetauscht, in der es noch
Holzöfen und Schneestürme gab. Sie trug Jeans, Pullis und Strickjacken
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