Tiffany Duo Band 0119 (German Edition)
Charly fiel, die vor dem Eingang auf und ab lief, spürte er, wie ihm wieder einmal der Atem stockte und sich unterhalb seines Gürtels inzwischen schon vertrautes Verlangen regte. Und er dachte, dass es, verglichen mit
dieser
Unbequemlichkeit vielleicht doch gar nicht so schlimm war, ein paar Tage lang auf Schritt und Tritt einen Hund mit herumzuschleppen zu müssen.
Sie hatte ihre Kostümjacke ausgezogen. Das schwarze seidige Dings, das sie darunter trug – und das seiner Meinung nach eher ein Unterrock als eine Bluse war –, ließ den größten Teil ihres Dekolletés und ihrer Schultern und jeden Quadratzentimeter ihrer Arme frei. Bis auf die dunklen Stellen, wo der Sicherheitsgurt eingeschnitten hatte, war ihre Haut makellos. Und unmodisch blass, besonders im Kontrast zu ihrem Haar, das sich zum Teil aus dem Knoten gelöst hatte, und ihr jetzt über die Wangen und den Hals fiel. Es überraschte ihn, dass er ihre Blässe so anziehend fand, wo er doch in einer Sonnengürtel-Kultur aufgewachsen war, in der jeder, der nicht das ganze Jahr über eine gewisse Sonnenbräune hatte, entweder als zu arm, um es sich leisten zu können, oder zu kränklich eingestuft wurde. Es war schon seltsam, wie sich der Geschmack eines Menschen fast über Nacht ändern konnte.
Sie hatte sich wieder irgendwo eine Zigarette geschnorrt. Der finstere Blick, mit dem sie ihm entgegenstarrte, warnte ihn jedoch, ihr deswegen dumm zu kommen. Sie sah müde und abgespannt aus, wie eine eingesperrte Katze, die mit angelegten Ohren und eingekniffenem Schwanz darauf wartete, dass ihr jemand eins überbriet.
Da er sie nicht enttäuschen wollte, verschränkte er die Arme über der Brust und schnalzte milde missbilligend mit der Zunge. “Wie in aller Welt hast du denn hier eine von diesen Dingern aufgetrieben? Dies ist ein Krankenhaus.”
Sie legte den Kopf in den Nacken und blies den Rauch geräuschvoll aus, dann spöttelte sie: “Ah, ich war wieder mal auf die Freundlichkeit Fremder angewiesen.” Und nahm sofort den nächsten Zug, wobei sie warnend die Augen verengte.
Deshalb schüttelte er nur den Kopf, trat neben sie und widerstand dem Impuls, ihr tröstend den Arm um die Schultern zu legen, und fragte nur beiläufig: “Gibt es irgendwelche Neuigkeiten?”
Sie ließ das, was von der Zigarette übrig geblieben war, zu Boden fallen und trat die Glut aus. “Noch nicht.”
Plötzlich merkte er, dass sie zitterte. Er konnte es spüren, obwohl er sie nicht berührte, konnte es fast hören, wie das Summen eines Hochspannungsdrahts. Er presste die Kiefer aufeinander, atmete geräuschvoll aus und sagte weich: “Warten ist hart.” Aber jetzt spürte er dieselben Vibrationen ganz tief in sich drin, als hätte eine Art Übertragung stattgefunden.
Er fragte sich, wie viel mehr davon er noch würde aushalten können. Er war ein geduldiger Mensch, im Moment hätte er sie jedoch am liebsten geschüttelt, ihr eine Ohrfeige gegeben, sie angeschrien, alles, nur damit sie das, was sie da mit sich herumschleppte, endlich preisgab. Ihm war nie jemand begegnet, der so tief verwundet war.
Er bemühte sich, vernünftig zu sein. Schön, ihr Vater hatte einen Herzanfall gehabt. Offensichtlich gab es zwischen ihm und ihr noch einige ungeklärte Punkte, was ihr die ganze Sache sichtlich erschwerte. Sie hatte also einigen Grund, außer sich zu sein, und vielleicht war es vermessen von ihm, zu erwarten, dass sie ihre persönlichen Probleme mit ihm, einem Fremden, teilte. Aber letzte Nacht hatte sie ihn nicht wie einen Fremden behandelt, sondern instinktiv den Trost eines warmen Körpers gesucht.
Er wurde jedoch das Gefühl nicht los, dass mehr in ihr wühlte, als das, was offensichtlich war. Dass es etwas gab, das sie um jeden Preis vor ihm verheimlichen wollte. Das spürte er jetzt deutlicher denn je. Es ging nicht um die Herzattacke ihres Vaters. Es ging um etwas, das vor all diesen Jahren geschehen war und sie, ein junges Mädchen damals noch, veranlasst hatte, diese Stadt, ihr Elternhaus und ihre Freunde zu verlassen, etwas, wofür sie sich zutiefst schämte. Etwas, das ihr Albträume und kalte Schweißausbrüche bescherte, wenn sie daran dachte.
Verdammt, warum sah sie nicht, dass er ihr helfen wollte? Und damit meinte er nicht, sie nur durch die Gegend zu kutschieren und ihre Essensrechnungen zu bezahlen. Warum vertraute sie ihm nicht?
Und warum störte es ihn so sehr, dass sie es nicht tat?
“Hey.” Seine Stimme klang rau wie Schotter vor
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