Tiffany Duo Band 0119 (German Edition)
beiseitezutreten, damit sie sich das Herz brechen lassen konnte.
Weil er verdammt gut wusste, was passieren würde; er konnte es in dem Gesicht des Jungen lesen. Zwanzig Jahre Schmerz und Zorn standen darin, unübersehbar. Unvorstellbar, dass dieser Junge das alles auf einen Schlag vergessen würde, nicht jetzt und nicht ohne einen Kampf. Vielleicht nie.
Gott … hilf Charly … bitte.
Als sie, die Coladose wie einen Brautstrauß an ihre Brust gedrückt, auf ihren Sohn zuging, fragte sich Troy, ob sie das machte, um ihre Hände ruhig zu halten.
Cutter stand mit stolz erhobenem Kopf und über der Brust verschränkten Armen da und schaute ihr entgegen. Als sie noch einen Schritt von ihm entfernt war, wandte er halb den Kopf ab und sagte steif: “Gut, du hast das, wofür du gekommen bist, hinter dich gebracht. Du hast ihn gesehen, du hast mit ihm gesprochen, und jetzt kannst du wieder gehen.”
“Cutter”, sagte Charly so leise, dass Troy Mühe hatte, sie zu verstehen, “ich würde wirklich gern mit dir sprechen. Glaubst du, wir könnten …”
“Ich habe dir nichts zu sagen.” Der Junge schleuderte ihr die Worte entgegen wie Messer, und Troy spürte jedes Einzelne davon direkt in seinem Herzen.
Aber Charly zuckte mit keiner Wimper. “Darum habe ich dich auch nicht gebeten”, sagte sie mit festerer Stimme. “Ich sagte, dass ich mit
dir
sprechen will. Vielleicht könntest du einfach nur zuhören, was ich dir zu sagen habe?”
Während sie sprach, hob Cutter das Kinn und streckte es vor, und Troy, der es beobachtete, fühlte sich an etwas erinnert, das ihn fast zum Lachen brachte. Es erinnerte ihn so sehr an Charly, er musste daran denken, wie sie ihm mit trotzig vorgestrecktem Kinn auf diesem Gefängnisflur entgegengekommen war. Gott, dachte er, wenn der Junge viel von seiner Mutter in sich hat, hat Charly jetzt ganz bestimmt nichts zu lachen.
“Ich möchte aber nichts hören.”
“Vielleicht solltest du mich erst anhören, bevor du das entscheidest”, konterte Charly. Sie räusperte sich. “Schau, ich habe eben mit meinem Vater gesprochen. Wir hatten uns einige wichtige Dinge zu sagen. Und … es war gut, dass wir es getan haben. Vielleicht ist es ein neuer Anfang. Glaubst du nicht, du könntest … uns eine Chance geben?”
Sie hatte ihn nicht berührt, aber er schüttelte sich, als ob sie es getan hätte, trat einen Schritt zurück und hob abwehrend die Hände. “Hör zu, ich bin froh, dass ihr beide miteinander gesprochen habt, wirklich. Das ist eine Sache zwischen dir und ihm, richtig? Und wenn es ihn glücklich macht … Aber du und ich? Das ist etwas anderes.” Er wandte sich von ihr ab, sodass Troy sein Gesicht und den Kampf, der sich darauf widerspiegelte, deutlich sehen konnte, den Kampf zwischen dem kleinen Jungen, der er gewesen war, und dem Mann, der er sein wollte.
“Ich versuche, fair zu bleiben, okay?”, sagte er mit der Stimme eines Mannes … und dem Tonfall eines Jungen. “Ich möchte nur sichergehen, verstanden zu werden. Ich will dich nicht in meinem Leben. Ich brauche dich nicht, okay?”
“Cutter …”
Die Hand kam wieder hoch und erbat sich Schweigen, während er sichtlich um Fassung rang. Schließlich holte er tief Atem. “Es gab eine Zeit, da brauchte ich dich. Ich betete jeden Abend, dass Gott Erbarmen mit mir haben und mir meine Mama zurückbringen möge.” Trotz all seiner Anstrengungen brach seine Stimme. Er holte wieder Atem. “Aber damals war ich noch klein, okay? Heute bin ich kein Kind mehr. Ich brauche keine Mutter, und wenn ich eine bräuchte, dann bestimmt nicht dich. Dobie und Pop, sie sind meine Mama und mein Daddy. Du hast deine Chance gehabt und hast sie weggeworfen. Du bist von uns weggegangen. Für dich ist hier kein Platz mehr. Deshalb solltest du einfach … wieder gehen, okay? Geh zurück nach da, wo du hergekommen bist, es ist mir egal. Lass uns einfach nur in Frieden.”
Troy beobachtete, wie das glatte junge Gesicht Sprünge bekam wie altes Porzellan, dann schossen dem Jungen die Tränen in die Augen, die er so verzweifelt zurückzuhalten versucht hatte. Auch dies würde er seiner Mutter nicht verzeihen.
Einen Moment später stürmte Cutter an ihm vorbei auf den Ausgang zu. Troys Blick lag auf Charly, und er bewegte sich auf sie zu wie ein Mann, der durch einen Sumpf watete.
“Hey”, hatte er gerade mühsam herausgebracht und ihr die Hand auf die Schulter gelegt, als sie beide ein Geräusch hörten.
Sie drehten sich im selben
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