Tiffany Duo Band 0124
lächelte und trug den Teller zum Tisch. Alejandro gesellte sich zu ihr und belegte sich ein Sandwich, wobei ihm ein Geschmack auf der Zunge lag, den er nicht benennen konnte. Die kalte Nacht und der Kaffeeduft und ihr Liebesspiel bewirkten, dass er sich etwas wünschte … noch etwas anderes außer mild gewürztem amerikanischen Fleisch. Er aß, weil er hungrig war, aber morgen brauchte er endlich mal wieder etwas Richtiges zwischen die Zähne. Es war lange her, seit er etwas … Normales gegessen hatte.
Dieser Gedanke erinnerte ihn daran, dass das nicht seine Welt war. Ein bisschen ernüchtert sagte er: “Hast du mit deinem Bruder gesprochen?”
Ihr Gesicht verschloss sich so vollständig, dass sie gar nicht zu sagen brauchte, wie es gelaufen war. Sie zupfte ein Stückchen Rinde von ihrem Sandwich und nickte. Er wartete darauf, dass sie den Blick hob und etwas sagte, aber sie schien die Absicht zu haben, weiterhin schweigend mit zusammengekniffenem Mund auf ihr Sandwich zu starren. Schließlich sagte er: “War es so schlimm, Molly?”
Endlich schaute sie auf. “Er ist meine einzige Familie. Ich hatte gehofft, dass wir uns irgendwie einigen können. Aber er wollte mir nicht zuhören, und das macht mich traurig. Und wütend. Er begreift nichts”, sagte sie. “Er will alle meine Entscheidungen und Fehler für mich machen.”
Fehler. Würde sie in fünf, zehn Jahren zurückschauen und denken, dass dies ein Fehler gewesen war? Er hoffte nicht. Und er hoffte, sie mit etwas zurücklassen zu können, über das sie sich wirklich freuen würde. Vielleicht willigte sie ja doch noch ein, dass er ihr Land bestellte.
“Ich weiß nicht, warum ich dich in mein Haus gebracht habe, Alejandro, und ich weiß auch nicht, wohin das alles führen wird, für keinen von uns. Aber ich weiß, dass ich Recht habe, und das lasse ich mir von ihm — und auch von den anderen, mit denen ich heute gesprochen habe — nicht ausreden.”
“Von den anderen?”
Molly dachte an die feindselige Atmosphäre, die ihr im Café Navajo entgegengeschlagen war, wo sie einen Kaffee getrunken hatte, bevor sie zu Josh gefahren war. Sie verdrehte die Augen und wandte den Kopf ab. “Mach dir keine Gedanken deswegen. Es ist eine Kleinstadt. Ich bin mir sicher, dass du weißt, wie es da zugeht.”
Ja. Das wusste er nur zu gut. “Molly, ich kann es nicht zulassen, dass …”
Sie hob eine Augenbraue. “Nicht zulassen?”
“So meine ich es nicht. Ich will nicht, dass du meinetwegen Kummer hast, nicht nach allem, was du für mich getan hast. Ich hasse es, dass du durch mich jetzt Schwierigkeiten hast.”
Zu seiner Überraschung lächelte sie. “Das habe ich nicht. Im Gegenteil, ich fühle mich zum ersten Mal seit Jahren wieder lebendig.”
Vielleicht war das ja wirklich so. Und vielleicht war das ja das Erbe, das er ihr hinterlassen konnte. Und doch gelangte er immer mehr zu der Überzeugung, dass er einen anderen Weg finden musste, um mit Josefina hier bleiben zu können. Er musste Molly freigeben, damit sie dieses kleine, wenn auch für sie beide wunderschöne Intermezzo vergessen und das Leben, das ihr bestimmt war, fortführen konnte. Ruhig sagte er: “Ich werde dich vermissen, wenn ich gehen muss, Molly. Aber vielleicht ist es ja besser so.”
Sie bedachte ihn mit diesem strahlenden falschen Lächeln, mit dem sie ihre Verletztheit zu überspielen pflegte. “Vielleicht. Mittlerweile hat es sich sowieso längst herumgesprochen, dass unsere Ehe eine Scheinehe ist.”
Er legte die Stirn in Falten. “Molly, wenn ich etwas nicht verstehe, musst du es mir erklären.”
“Du verstehst es schon”, gab sie zurück. “Wenn du erst weg bist, werden die Leute Josefina kennenlernen und sie ins Herz schließen, und dann werden sie anfangen, mich für eine Art Heldin zu halten. Und wenn wir geschieden sind …” Sie hob eine Schulter. “Dann werden sie aufhören zu klatschen, und mein Bruder wird wieder zum Essen in mein Haus kommen.”
Alejandro focht einen heftigen inneren Kampf mit sich aus, ob er ihr das, was er heute Vormittag von ihrer Kollegin Annie erfahren hatte, berichten sollte. Sie hatte ihm erzählt, dass die Drohung des Sheriffs völlig aus der Luft gegriffen war. Dass die Heirat doch für eine Aufenthaltsgenehmigung ausreichte. Sein Wunsch, hier zu bleiben und Molly zu beweisen, dass er ihr etwas zu geben hatte, lag im Widerstreit mit der Gewissheit, dass ihr Leben durch seine Anwesenheit nur noch schwieriger werden würde.
Sie
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